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Argumente für und gegen den Preisauftrieb Kehrt die Inflation zurück?

Eine Feinunze Gold im Wert von aktuell 1.700 Euro
Eine Feinunze Gold im Wert von aktuell 1.700 Euro: Durch den Pandemie-Schock ist die Teuerung weniger stark gesunken, als von vielen erwartet. | Foto: imago images / Michael Weber

Als in und nach der Finanzkrise die Notenbanken begannen, geldpolitisch zu experimentieren und massenhaft Geld in die Märkte zu pumpen, waren sich viele Wirtschaftsexperten sicher: Das Ganze wird zu einer starken Teuerung führen. Bis heute sind die erwarteten davon galoppierenden Inflationsraten ausgeblieben. Stattdessen scheinen, vor allem in Europa, die anhaltend niedrige Inflation und die Gefahr eines Preisverfalls die größere Gefahr zu sein. Man könnte fast meinen, das Inflationsgespenst hat sich auf ewig verflüchtigt.

Doch ist dies wirklich so? Mit der Corona-Krise haben die Zentralbanken noch einmal nachgelegt. Hinzu kommen umfangreiche Fiskalpakete und Investitionen der Regierungen, die die Schuldenberge vieler Staaten weiter wachsen lassen. Wird auch dies die Preise unbeeindruckt lassen oder werden sie bald nach oben schnellen? Anna Stupnytska, Global Macro Economist bei Fidelity, sieht gute Gründe für wieder stärker anziehende Preise. Allerdings kann sie auch die Argumente für eine weiterhin niedrige Inflationsrate nicht verleugnen.

Warum die Inflation niedrig bleibt

Gerade der jüngst zu beobachtende Abwärtsdruck auf die Inflationsrate könnte ihrer Ansicht nach kurzfristig anhalten. Zu den offensichtlichsten Faktoren, die die Inflationsrate drücken, zählt sie die weltweit große Produktionslücke. Diese beschreibt die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage und lässt derzeit auf hohe Reservekapazitäten in der Weltwirtschaft schließen. „In China liegt die Lücke bei 7,5 Prozent. Das ist nicht weit von den historischen Höchstständen entfernt und stellt ein Ungleichgewicht dar, so dass die schwache Inflationsneigung andauern könnte“, sagt Stupnytska.

Auch in den USA herrscht ein ähnlich hohes Überangebot. „Unternehmen können daher Preissteigerungen nicht dauerhaft an die Verbraucher weitergeben, ohne zugleich die Nachfrage zu schwächen“, so die Fidelity-Expertin. Und die Nachfragesituation in den USA sei derzeit ohnehin nicht sehr erbaulich. Laut Umfragen sind die Einkommenserwartungen auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2011. Preiserhöhungen kommen in einem solchen Umfeld nicht gut an. „Sogar am Immobilienmarkt, einer der wichtigsten Inflationskomponenten, gibt es Anzeichen für einen Preisrückgang, was ebenfalls auf eine schwächere Nachfrage hindeutet“, sagt Stupnytska.

Auch das Verhalten der US-Konsumenten spricht ihrer Ansicht nach für eine weiterhin niedrige Inflationsrate. Die nutzen die staatlichen Corona-Hilfen nämlich anscheinend eher zum privaten Schuldenabbau als für große Anschaffungen. „Die Kreditkartensalden sind auf Jahressicht um 20 Prozent und damit so stark wie noch nie gesunken“, erläutert Stupnytska. Die privaten Sparquoten hingegen sind weiterhin auf einem für die USA sehr hohem Niveau. Auch weltweit steige die Sparneigung der privaten Haushalte. Darüber hinaus drücke der technologische Fortschritt auf die Inflation. „Die Produktzyklen werden kürzer, Geschäfte werden häufiger online abgewickelt und immer mehr Arbeitsplätze fallen der Automatisierung zum Opfer“, begründet Stupnytska.

Warum die Inflation steigt

Das alles spricht gegen einen baldigen starken Anstieg der Preise. Es gibt aber auch die andere Seite der Medaille. Denn, dass nach der Finanzkrise der Inflationsanstieg ausblieb, heiße noch lange nicht, dass es diesmal auch so sein müsse, meint Stupnytska. Tatsächlich sei durch den Pandemie-Schock die Teuerung weniger stark gesunken, als von vielen erwartet. Und die wirtschaftliche Erholung hat mit rasantem Tempo begonnen. „Selbst wenn sich die Kurve allmählich abflachen sollte, gibt es Grund zur Annahme, dass das Wachstum anhält und die Inflation zurückkehren könnte“, sagt Stupnytska.

Diese Entwicklung wird durch die Notenbanken unterstützt. Stupnytska: „Umfang und Tempo der Maßnahmen in diesem Jahr sind atemberaubend. Die Bilanzsumme der US-Notenbank Fed ist von rund 4 auf 7 Billionen Dollar hochgeschnellt. Zudem hat das US-Finanzministerium weitere 1,5 Billionen Dollar bei der Fed geparkt, die auch noch zum Ankurbeln der Wirtschaft eingesetzt werden könnten.“ Nicht nur der Umfang, sondern auch wie die Maßnahmen umgesetzt werden, begünstige die Zunahme des inflationsdrucks. Anders als in der Finanzkrise sind Banken heute in der Lage, Kredite an Unternehmen und Privatleute zu vergeben. „Zwar könnte es zu einem Anstieg fauler Kredite kommen. Aber viele Banken haben bereits umfangreiche Rückstellungen gebildet“, sagt Stupnytska.

Neben den Zentralbanken pumpt auch die öffentliche Hand reichlich Kapital in die Wirtschaft und legt so die Basis für einen Preisauftrieb. Die Sparpolitik, die nach der Finanzkrise groß geschrieben war, hat ausgedient, und weitere staatliche Hilfspakete und Investitionen dürften folgen. Preistreibende Wirkung kann zudem das Zurückdrehen der Globalisierung und die Verlagerung von Produktions- und Lieferketten entfalten.

Als Joker für die Inflation könnte sich ein Impfstoff gegen Covid-19 entpuppen. „Kommt ein wirksamer Impfstoff schon bald auf den Markt und rund um den Globus massenhaft zum Einsatz, könnte sich die Wirtschaft annähernd auf Vor-Corona-Niveau erholen“, ist Stupnytska optimistisch. Allerdings dürfte sich die Angebotsseite bis dahin gerade in den besonders betroffenen Branchen wie Fluggesellschaften, Gastgewerbe und Unterhaltung ausgedünnt haben. Eine wiederbelebte Nachfrage könnte dann dort die Preise kräftig treiben.

Die oben angeführten Argumente könnten letztlich dazu führen, dass die Inflation schneller und stärker zurückkehrt, als von vielen erwartet. Das sollten Anleger im Hinterkopf behalten. 

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