LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Pro & ContraLesedauer: 10 Minuten

Pro & Contra Europäische Bankaktien: Gelddruckmaschinen oder Kapitalvernichter?

Seite 2 / 3




Christian Funke, Manager des S4A EU Pure Equity

Seit Ausbruch der Euro-Krise gehörten die europäischen Banken lange Zeit zu den riskantesten Titeln des Anlageuniversums. Trotz der häufig sehr niedrigen Bewertungen war eine Investition in diese Aktien somit nicht empfehlenswert. Ein Blick auf die Entwicklung der Risikoparameter in der jüngeren Vergangenheit zeigt jedoch ein anderes Bild: Alle wesentlichen Kennzahlen wie Volatilität oder Beta haben sich deutlich verringert. Die Situation von Finanzunternehmen hat sich in den vergangenen Monaten also erheblich aufgehellt.

Diese Verbesserung hat sich allgemein betrachtet jedoch noch nicht in deutlich höheren Bewertungsniveaus niedergeschlagen: Finanzwerte gehören zum Großteil immer noch zu den am niedrigsten bewerteten Firmen in Europa. Somit bewegen sich zurzeit relativ viele von ihnen in einen Bereich hinein, der aus Sicht der empirischen Kapitalmarktforschung aufgrund geringer Bewertungen und nicht zu hoher Risiken für Investitionen besonders interessant ist.

Sollte man dementsprechend europäische Finanzwerte übergewichten? Ja – aber gezielt. Man sollte speziell solche Titel auswählen, welche bereits deutlich gesunkene Risikokennzahlen, aber ein immer noch niedriges Bewertungsniveau aufweisen. Dies trifft bereits auf eine Reihe von Finanzwerten zu, und wir erwarten, dass die Anzahl dieser Titel noch steigen wird.

Der Hauptgrund dafür dürfte die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sein: Die Erfahrungen aus den Lockerungsprogrammen der US-Notenbank Fed zeigen, dass die Anleihekaufprogramme der Fed eine deutlich risikoreduzierende Wirkung auf Finanzaktien hatten. Denn solche Programme dämpfen das Zinsniveau am Markt und treiben Anleger auf der Suche nach Renditequellen daher in riskantere Anlageformen. Die daraus resultierende erhöhte Nachfrage nach entsprechenden Werten macht es für Finanzinstitute einfacher, sich von ihren bilanziellen Risikopositionen zu trennen und so ihre Bilanzen zu stärken.

Wie kommen wir zu dieser Meinung in Bezug auf europäische Finanzwerte? In unseren Fonds kommen nur regelgebundene Investmentprozesse zum Einsatz, welche sich konsequent an den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung orientieren. Das heißt, wir basieren unsere Anlageregeln nur auf Renditemustern, welche von der Wissenschaft verifiziert wurden. Das wahrscheinlich bekannteste und am meisten untersuchte Renditemuster der Welt ist die sogenannte Value-Anomalie, womit die langfristige Überrendite der am niedrigsten bewerteten Firmen gemeint ist. Die empirische Kapitalmarktforschung hat gezeigt, dass ein derartiges Value-Investment an allen entwickelten Kapitalmärkten im langfristigen Durchschnitt Überrenditen generiert.

Allerdings hat die Kapitalmarktforschung auch ergeben, dass Value nicht gleich Value ist: Häufig sind Aktien nur deshalb niedrig bewertet, weil sie besonders risikobehaftet sind. Für die Aufnahme dieser Risiken werden Anleger jedoch nicht unbedingt entlohnt. Im Gegenteil: Diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass die Firmen mit dem höchsten Risiko eine deutliche Minderrendite aufweisen. Investoren sollten somit zwar grundsätzlich tief bewertete Aktien kaufen, jedoch Titel mit übermäßig hohem Risiko meiden.

Die durchschnittlich positive Entwicklung der Risikoparameter bedeutet nicht, dass sich die Risikokennzahlen aller Finanztitel gut entwickeln. Individuelle Ereignisse wie Kapitalerhöhungen oder Dividendenkürzungen bergen Risiken, die bei einzelnen Werten zu deutlichen Kursverlusten führen können. Daher sollten Anleger Finanzwerte mit besonders hohen Risikokennzahlen weiterhin meiden.

Tipps der Redaktion