LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in Aktienfonds TechnologieLesedauer: 8 Minuten

Robotik in der Corona-Krise „Selbst digitale Wirtschaft ist nicht immun“

Seite 2 / 3

Die digitale Wirtschaft ist nicht immun

Neben den Firmen, die medizinische Notfallhilfe leisten, erleben einige Unternehmen einen Nachfrageschub, der sich aus den Reihen der „Daheimbleibenden" speist. Es handelt sich bei ihnen im Wesentlichen um Firmen, die der Digital Economy zuzurechnen sind und somit ihrer üblichen Geschäftstätigkeit relativ unverändert nachgehen können. Schließlich kann man Netflix, Spotify oder Adobe abonnieren und ihre Produkte nutzen, ohne dafür vor die Tür gehen oder jemanden treffen zu müssen. Und da die Produkte nicht physisch greifbar sind, müssen sie auch nicht abgeholt oder anprobiert werden.

Auf lange Sicht allerdings ist es möglich, dass auch diese Unternehmen nicht gegen Probleme gefeit sind. Obwohl die meisten von ihnen ihre Gewinne im virtuellen Umfeld machen, sind Teile ihres Alltagsbetriebs fest im realen Raum verankert. Die Inhalte von Netflix beispielsweise werden in der Regel von großen Produktionsteams am Set produziert. Mitte März stellte das Unternehmen die gesamte Produktionstätigkeit „aufgrund von staatlichen Beschränkungen sowie von Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit"3 ein. Die Produkte von Adobe werden verwendet, um Unternehmen, den Handel und Veranstaltungen zu bewerben – und diese sind zum überwiegenden Teil in der realen Welt zu Hause. Hinzu kommt, dass all diese Internetunternehmen vollumfänglich auf IT-Infrastruktur angewiesen sind, das heißt auf Rechenzentren, Switches, Router und Glasfasernetze.

Grade der Automatisierung

Der Geschäftsbetrieb des E-Commerce-Riesen Amazon ist trotz des virtuellen Shops und eines mehr als 200.000 Einheiten starken Heeres an Arbeitsrobotern in den Abwicklungszentren4 stark abhängig von den Entwicklungen in der realen Welt. Rund 80 Prozent der Umsätze von Amazon stammen aus dem Verkauf physischer Produkte. Diese wiederum haben lange und häufig komplexe Lieferketten, welche die Lieferung von Rohstoffen und Komponenten, die Montage sowie Test- und Inspektionszentren umfassen.

Die am stärksten automatisierten Branchen (Halbleiterfertigung, Herstellung von Fernseh- und PC-Flachbildschirmen, die Automobilbranche sowie einige verfahrenstechnische Industrien) konnten ihren Betrieb nahezu ohne Unterbrechung aufrechterhalten, da für ihre Produktionsprozesse nur eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern erforderlich ist. Viele dieser Unternehmen haben die Produktion inzwischen allerdings aufgrund mangelnder Endverbrauchernachfrage oder wegen Engpässen in ihren Lieferketten eingestellt.

Fehlende Nachfrage ist für jedes Unternehmen ein offensichtliches Problem. Doch die aktuelle Krise und der Handelskrieg haben gezeigt, wie stark die meisten Unternehmen von der Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten abhängig sind. Selbst digitale Unternehmen und solche mit stark automatisierter Produktion sind nicht immun, und es ist gut möglich, dass die Jahre, in denen man durch schlanke „Just-in-Time"-Lagerbestandsmodelle Kosten aus den Lieferketten genommen hat, die Anfälligkeit dieser globalen Netzwerke noch erhöht haben.

Diversifikation der Lieferketten

Die US-Administration hat mit ihren Handelsgesprächen die globalen Lieferketten bereits ins Rampenlicht gerückt. Nun gibt das Coronavirus Politikern und anderen Interessengruppen weitere Gründe, ihre Abhängigkeit von diesen Lieferketten infrage zu stellen. Warum sollte man sich schließlich auf die Versorgung aus anderen Ländern verlassen, wenn man die Produktion einfach „zurück nach Hause“ holen und lokalen Arbeitskräften damit Arbeitsplätze zurückgeben kann?

Während die Idee des „Onshorings" bei vielen Politikern offensichtlichen Anklang findet, haben die meisten Großunternehmen die letzten zwanzig Jahre mit „Offshoring" verbracht, damit ihre Produktion nah am Lieferanten oder am Kunden erfolgen kann. Es ist eher unwahrscheinlich, dass dieser langwierige Prozess vollständig rückgängig gemacht werden wird. Allerdings ist zu beobachten, dass einige Unternehmen ihre Lieferketten und Produktionsstandorte diversifizieren, um das Risiko von Zöllen oder sonstigen länderspezifischen Herausforderungen zu verringern.

In einer Umfrage, die DHL über die Lieferketten-Risikomanagement-Plattform „Resilience360" Ende 2019 durchgeführt hat, gaben 73 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie dabei seien, einen Teil ihrer Produktion aus China abzuziehen, oder entsprechende Pläne hätten5. Im Zuge dieser Verlagerung und der Errichtung von Produktionsstätten in anderen Ländern steigen die Investitionen in Produktionsanlagen und Werkzeuge, und häufig entfällt ein großer Anteil dieser Ausgaben auf Roboter und Automatisierungssysteme.

So hat beispielsweise iRobot, Marktführer für Staubsaugerroboter für den Hausgebrauch, 2019 damit begonnen, die Produktion seines Einstiegsmodells Roomba 600 nach Malaysia zu verlagern, um möglichen Belastungen durch Zölle auf US-Importe aus China entgegenzuwirken. In ähnlicher Weise verlagerte Nintendo aus Gründen der „Risikostreuung" zum Sommerende 2019 einen Teil der Produktion seiner Spielkonsole Switch Lite von China nach Vietnam.