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Trügerische Euro-Ruhe 5.000 Euro zinsloser Kredit an Italien – von jedem Bundesbürger

Eine trügerische Ruhe machte sich in den vergangenen Monaten und Jahren im Euroraum breit. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit Hilfe niedriger Zinsen und indirekter Staatsfinanzierung die südeuropäischen Krisenländer am Leben gehalten. Im Rausch des jüngsten Konjunkturaufschwungs versuchen weite Teile der politischen Klasse den Eindruck zu erwecken, die Finanzprobleme des Euroraums seien im Griff und ohne größere Eingriffe dauerhaft lösbar. Dumm nur, dass es in einer Demokratie, wie jüngst in Italien, immer wieder zu Wahlen kommt, die nicht das vom politischen Establishment gewünschte Ergebnis bringen und damit die Konstruktionsfehler der europäischen Einheitswährung wieder in die öffentliche Diskussion geraten.

Italien – Europakritische Parteien auf dem Vormarsch

Markus Steinbeis

Europakritische Parteien auf beiden Seiten des politischen Spektrums waren die großen Sieger der letzten Parlamentswahlen in Italien. Ansonsten ist es eigentlich wie immer im Lieblings-Urlaubsland der Deutschen: Der Wille eine Regierung zu bilden ist nicht besonders ausgeprägt, da die politischen Kräfte heillos zerstritten sind. Die dringend benötigten Reformen erscheinen mehr denn je außer Reichweite. Der Stillstand der vergangenen Jahre findet seine Fortsetzung. Sollte uns das beunruhigen? Es sollte! Als drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist das Land eine Zeitbombe. Es stellt sich nur die Frage nach der Länge der Zündschnur. Die Wahlergebnisse sind nicht nur, aber auch ein Resultat der jahrzehntelangen wirtschaftlichen Malaise. Wer jemals daran gezweifelt hat, dass Italien besser nicht dem Euroraum beigetreten wäre, sollte sich die konjunkturelle Situation vor Augen führen.

Die Bevölkerung leidet unter der Zwangsjacke des Euros

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Seit Einführung der Gemeinschaftswährung hat das Land dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Der Reformunfähigkeit mit Währungsabwertungen zu begegnen ist unter der Zwangsjacke des Euros nicht mehr möglich. Als Konsequenz stieg die Staatsverschuldung auf dramatische 130 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Italien ist damit hinter Griechenland das am zweithöchsten verschuldete Land der Eurozone. Für die Bevölkerung hat das dramatische Auswirkungen. So ist das verfügbare Einkommen der Italiener gegenwärtig tiefer als zu Beginn der Währungsunion. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Lebensstandard auf dem Niveau des Jahres 1998 verharrt. Zudem kämpft das Land seit langem erfolglos gegen eine Jugendarbeitslosigkeit von weit über 30 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist das jüngste Wahlergebnis ein Stück weit erklärbar. Die Diskussionen über einen Euroaustritt werden in den kommenden Monaten und Jahren zunehmen.

Wer bezahlt die Rechnung?

Wir gehen nicht davon aus, dass Italien den Euro auf absehbare Zeit verlassen wird. Sollte aber das Land in der Zukunft einen europakritischeren Kurs einleiten, wird es für die großen Beitragszahler und Gläubiger im Währungsraum ungemütlich. Wieso Gläubiger, mögen Sie sich fragen, es gibt doch keine Eurobonds, also keine Vergemeinschaftung von Schulden. Da haben sie Recht, aber die Target-2-Forderungen der Deutschen Bundesbank an die EZB sind nichts anderes als eine Art heimliche Eurobonds.

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