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Türkei-Krise „Showdown am Bosporus, Maduro lässt grüßen“

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Bauindustrie als Motor des türkischen Wachstums

Die jetzige Krise der Türkei kommt nicht plötzlich. Ökonomen warnen schon seit Jahren vor den Gefahren, die von Erdogans kreditfinanzierter Wirtschaftspolitik ausgehen. In den letzten Jahren waren die äußeren Rahmenbedingungen für die Türkei günstig. Es floss auch reichlich billiges Geld auch in die Türkei, wo die kurzfristigen Anlagen zudem höhere Erträge abwarfen. Ein stabil niedriger Ölpreis entlastete das Land zusätzlich.

Das billige Geld ermöglichte der AKP große Bau- und Infrastrukturprojekte zu initiieren. Die Bauindustrie wurde der brummende Motor des türkischen Wachstums. Eigentlich ideale Voraussetzungen um notwendige Strukturreformen einzuleiten, doch diese Chance wurde vertan. Der einfache Weg mit dem billigen Geld erschien zu verlockend.

Türkische Unternehmen nahmen ebenfalls im großen Stil im Ausland Kredite auf. Diese waren erheblich billiger als Kredite in türkischer Lira bei den türkischen Banken. Mittlerweile belaufen sich die staatlichen und privaten Auslandschulden auf fast 250 Milliarden Dollar. Solange die türkische Lira einigermaßen stabil war, stellte das kein Problem dar. Das ändert sich jedoch schlagartig, wenn die Lira stark abwertet und die privaten Unternehmen die Kreditlast in Fremdwährung nicht mehr stemmen können.

Finanzierung über die Notenpresse

Ökonomen weltweit sind sich einig, die einzige Möglichkeit die Währungskrise der Türkei zu beenden, ist eine Anhebung der Zinsen. Die Notenbank muss zeigen das sie unabhängig ist, um das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte zurückzugewinnen. Des Weiteren sollte die Rechtssicherheit wiederhergestellt und der schwelende Konflikt mit den USA gelöst werden.

Vermutlich wird sich das Wachstum in der Türkei durch eine Zinserhöhung der Notenbank abkühlen und in einer Rezession landen. Es ist aber zu befürchten, das Hobby-Ökonom Erdogan, der politisch abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der Türkei ist, einen anderen Lösungsweg beschreiten und die Notenpresse anwerfen wird. Ähnlich wie Venezuela oder Simbabwe vor einigen Jahren. Wenn ein Staat jedoch anfängt sich durch die Notenpresse zu finanzieren, dauert es nicht lange bis die Inflation explodiert. Der Countdown läuft, bald kommt es zum Showdown am Bosporus.

Kaum negative Auswirkungen auf Europa

Die großen Gewinner sind derzeit die Türkeiurlauber. Die Währung fällt schneller als die Inflation steigt, das macht einen Urlaub in dem gastfreundlichen Land zum Schnäppchen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für Europa bleiben dagegen überschaubar. Der DAX verlor zwar am Freitag in einer ersten Reaktion über zwei Prozent. Vor allem der Bankensektor geriet unter Druck, weil die Furcht vor einem Zahlungsausfall der Türkei und entsprechenden Belastungen die Kurse drückte.

Die Türkei-Krise wird für die deutsche Wirtschaft kaum negative Auswirkungen haben. Der direkte Warenexport der deutschen Industrie ist vergleichsweise gering. Mittlerweile ist bekannt, das europäische Banken selbst bei einem Zahlungsausfall der Türkei, nicht in ihrer Existenz bedroht sind. Anleger sollten entspannt bleiben. Erdogan dagegen sollte endlich zur Vernunft kommen und sich ein nicht nur in der Türkei verbreitetes Sprichwort zu Herzen nehmen: „Parayı veren, düdüğü çalar“ (Wer das Geld gibt, spielt die Flöte).

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