Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann
Wie hoch steigt die Inflation noch?
Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann. Foto: Feri
Steigende Energiepreise treiben die Inflation aktuell deutlich nach oben. Ob der Trend anhält, ist unter Experten umstritten. Feri-Chefvolkswirt Axel Angermann rechnet langfristig mit einer hohen Teuerungsrate.
Auf staatlicher Ebene vollzieht sich ein analoger Prozess: Dass die (Not-) Versorgung mit wichtigen Gütern des medizinischen Bedarfs im Zweifelsfall von wenigen globalen Lieferanten abhängt und deren Ausfall – aus welchen Gründen auch immer – gravierende Versorgungsengpässe nach sich zieht, wird den Wählerinnen und Wählern in demokratisch verfassten Ländern kaum noch zu vermitteln sein. Die Regierungen werden daher Anstrengungen unternehmen, um diese Abhängigkeiten zu verringern, ggf. auch durch den Aufbau von Vor-Ort-Produktion, die man bisher gerade wegen der höheren Kosten vermieden hatte. Auch hier bedeutet dies tendenziell höhere Kosten und Preise, wobei der Staat diese wesentlich leichter...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Auf staatlicher Ebene vollzieht sich ein analoger Prozess: Dass die (Not-) Versorgung mit wichtigen Gütern des medizinischen Bedarfs im Zweifelsfall von wenigen globalen Lieferanten abhängt und deren Ausfall – aus welchen Gründen auch immer – gravierende Versorgungsengpässe nach sich zieht, wird den Wählerinnen und Wählern in demokratisch verfassten Ländern kaum noch zu vermitteln sein. Die Regierungen werden daher Anstrengungen unternehmen, um diese Abhängigkeiten zu verringern, ggf. auch durch den Aufbau von Vor-Ort-Produktion, die man bisher gerade wegen der höheren Kosten vermieden hatte. Auch hier bedeutet dies tendenziell höhere Kosten und Preise, wobei der Staat diese wesentlich leichter an die Verbraucher weitergeben kann.
Stärkere Rolle des Staates
Der letztgenannte Punkt lässt sich noch etwas weiter fassen: Das seit den 1980er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geltende Paradigma eines möglichst weitgehenden Rückzugs der Staaten aus der Wirtschaft, der Privatisierung und des möglichst weitgehenden Wirkenlassens privater und marktwirtschaftlicher Lösungsmechanismen verliert bereits seit einiger Zeit merklich an Attraktivität. Sichtbar wird dies vor allem in der Renaissance industriepolitischer Ansätze, mit der einzelne Länder versuchen, in als besonders zukunftsträchtig erachteten Bereichen Fortschritte zu erzielen, die durch rein marktwirtschaftliche Prozesse wahrscheinlich nicht zustande kämen.
Die bereits angesprochene Rivalität zwischen China und den USA (oder generell zwischen China und „dem Westen“) wirkt hier als zusätzlicher und mächtiger Katalysator. Ob und inwieweit Industriepolitik das richtige Vorgehen im Wettbewerb mit Chinas Staatskapitalismus ist, wäre ein eigenes diskussionswürdiges Thema. Mit Blick auf die Entwicklung von Preisen und Kosten bedeutet es in jedem Fall, dass nicht automatisch kostengünstige Angebote auf dem Weltmarkt eingekauft und genutzt werden, sondern zumindest zeitweise teureren Lösungen heimischer Unternehmen der Vorzug gegeben wird. Die stärkere Rolle des Staates wird sich in den kommenden Jahren auf einem Feld in besonderer Weise Bahn brechen, der deshalb in einem eigenen Absatz dargestellt werden soll.
Transformation der Wirtschaft für den Klimaschutz
Die Transformation der Wirtschaft mit dem Ziel, im Laufe der kommenden maximal drei Jahrzehnte Klimaneutralität herzustellen, ist eine gewaltige Aufgabe, die enorme Investitionen erfordert. Eines der wichtigsten Mittel, um diese Transformation zu erreichen, besteht darin, den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 mit einem – im Zeitablauf steigenden – Preis zu versehen. Das ist auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll, weil auf diese Weise Anreize geschaffen werden, den klimaschädlichen Ausstoß von CO2 zu vermeiden. Auf sehr lange Sicht wird dies zu innovativen Problemlösungen führen, die nicht notwendigerweise mit höheren Kosten verbunden sind.
Klimaschutz ist deshalb nicht per se inflationssteigernd. Kurz- und mittelfristig entfaltet sich die gewollte Anreizwirkung aber gerade über den preissteigernden Effekt für jene Güter und Dienstleistungen, zu deren Erstellung in signifikantem Maße CO2 ausgestoßen wird. Je dringlicher die ökologische Transformation erscheint, desto stärker muss der – politisch gesetzte – CO2-Preis steigen, und desto stärker sind mangels kurzfristig verfügbarer Alternativen die preistreibenden Wirkungen.
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