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Pilnys Asia Insights ASEAN: Vielfältige Anlagealternativen zu China und Indien

Touristenboote in der Altstadt von Hoi An, Vietnam
Touristenboote in der Altstadt von Hoi An, Vietnam: Das Land zählt zu den sogenannten „Tigern auf dem Sprung“, die von Investor:innen lange vernachlässigt wurden – zu Unrecht | Foto: Imago Images / VWPics

667 Millionen Menschen leben im Verband Südostasiatischer Nationen (Association of Southeast Asian Nations, ASEAN). Das sind 9 Prozent der Weltbevölkerung und mehr Menschen als in der EU oder in Nordamerika leben. Bis 2030 soll die ASEAN zur viertgrößten Wirtschaftsregion der Welt aufsteigen. Das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Verbands lag nach Angaben der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing Germany Trade and Invest (GTAI) 2020 bei 3,079 Billionen US-Dollar.

Neben den „alten Tigerstaaten“ Südkorea, China, Singapur sowie Hongkong, die bis zur Asienkrise 1997 die Schlagzeilen dominierten, gibt es die „Tiger auf dem Sprung“. Dazu zählen Indonesien oder Vietnam.

Südostasiatische Länder lange vernachlässigt

Die Märkte der südostasiatischen Länder wurden von Investor:innen lange Zeit vernachlässigt. Aufgrund ihrer unbeständigen Politik und geringen Größe standen Malaysia, Indonesien, Thailand, die Philippinen und Vietnam im Schatten von China und Indien, obwohl allein diese fünf Länder zusammen auf eine Bevölkerung von fast 600 Millionen jungen Konsument:innen kommen.

Erst durch die wachsenden geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA und den Abschluss des Freihandelsabkommens Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) 2020 gerieten sie wieder in den Fokus der Anleger:innen – zurecht.

Mittelschicht als Wachstumsfaktor

Die Wachstumsgeschichte der südostasiatischen Märkte ist vielversprechend. Sie wird befeuert durch eine starke technologiegetriebene Veränderung des lokalen Konsumverhaltens. Die neue Mittelschicht ist wohl der entscheidende Wachstumsfaktor. Denn nicht nur in China, sondern auch in Südostasien steigen immer mehr Menschen in diese Gruppe auf. Laut Weltbank lag das Jahresdurchschnittseinkommen in Südostasien 2020 bei 4.600 US-Dollar und nähert sich damit einem Niveau, das erfahrungsgemäß einen Wendepunkt in der Nachfrage nach höherwertigen Konsumgütern bedeutet.

Zudem sind die Lohnkosten relativ niedrig, das verfügbare Einkommen steigt und die südostasiatischen Unternehmen sind – noch – nicht in den Konflikt zwischen China und den USA involviert. Hinzu kommt, dass das Durchschnittsalter in den südostasiatischen Ländern bei gerade einmal 31 Jahren liegt, in China hingegen schon bei 38 Jahren. 

ASEAN-Staaten mit Herausforderungen im Infrastrukturbereich

Derzeit stehen diese Länder vor allem vor infrastrukturellen Herausforderungen. Die noch unterentwickelten Transport-, Kommunikations- und Versorgungsnetze reduzieren die Erreichbarkeit der Kunden und behindern das Wachstum. Indonesien und die Philippinen stehen hier vor besonders großen Hürden, da die Bevölkerung weit verstreut und über Inselketten verteilt ist. Im Rahmen der Neuen Seidenstraße (One Belt, One Road Initiative) und konkurrierender Programme wie der Indo-Pazifik Initiative fließt jedoch nun vermehrt Aufmerksamkeit und Geld in die Infrastruktur.

Zudem bieten neue Technologien die Möglichkeit, Zugangsbarrieren zu überwinden. Die rasche Verbreitung von erschwinglichen Smartphones hat den Zugang zu Online-Marktplätzen für alle Gesellschaftsschichten ermöglicht und den Bedarf an lokalem stationärem Einzelhandel reduziert. Dadurch wird nicht nur die Marktreichweite der Unternehmen gesteigert, sondern auch die Wirtschaft effizienter.

Region stellt zwei Drittel der weltweiten Mittelschicht

In Südostasien konkurrieren inzwischen zahlreiche lokale und internationale Akteure um den Online-Markt. Einige südostasiatische Unternehmen, darunter Gojek aus Indonesien sowie Grab und Sea Limited aus Singapur, haben es bereits auf die internationale Bühne geschafft und erhielten Finanzierungen von globalen Playern wie Amazon, Tencent und Alibaba.

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Im asiatisch-pazifischen Raum zählen derzeit rund 525 Millionen Menschen zur Mittelschicht, bis 2030 werden es 3,25 Milliarden sein. Damit stellt die Region beinahe zwei Drittel der weltweiten Mittelschicht, die von derzeit 1,8 Milliarden Menschen auf 4,9 Milliarden im Jahr 2030 wachsen soll.

Südostasien – Region der Gegensätze

Dass Südostasien vom Westen als ein einheitlicher historischer Raum wahrgenommen wird, ist eigentlich erst seit dem Vietnamkrieg so. Zuvor wurden im Deutschen geografische Bezeichnungen wie „Indochina“ oder „Hinterindien“ verwendet, die allerdings nicht die gesamte Region umfassten. Dennoch verweisen sie darauf, dass die indische und die chinesische Kultur in Südostasien über Jahrhunderte vorherrschend waren.

Die von Gegensätzen geprägte Region Asiens besteht aus einem Festlands- und einem insularen Teil. Der Festlandssockel mit den heutigen Staaten Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand, Myanmar sowie Singapur und einem Teil Malaysias ist durch die Malaiische Halbinsel und eine Brücke mit den Inselarchipelen von Indonesien, den Philippinen und Brunei kulturgeschichtlich verbunden.

Komplementäre Strukturen, natürliche Synergien

Die große Bedeutung Südostasiens wird vor allem spürbar, wenn es als regionaler Wirtschaftsblock ASEAN auftritt. Dieser wurde im August 1967 von Thailand, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Singapur als Bollwerk gegen den Kommunismus ins Leben gerufen.

Zu den zehn Mitgliedern zählen Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam. Die Heterogenität der ASEAN-Staaten weist komplementäre Strukturen auf und bringt natürliche Synergien mit sich. So sind die Arbeitskosten vor allem in Indonesien und auf den Philippinen gering, wohingegen Malaysia und Thailand vor allem von günstigen Facharbeitskräften profitieren können. Singapur hingegen präsentiert sich mit seiner ausgereiften rechtlichen Struktur und der hochgradig liberalen Wirtschaftspolitik als idealer Finanzplatz für die Region. Während Indonesien und Malaysia über Öl- und Gasvorkommen verfügen, ist Singapur Weltmarktführer in der Herstellung von Bohrinseln und Fördertechnik.

Südostasien wächst wirtschaftlich zusammen

Der landwirtschaftliche Sektor verliert an Bedeutung und macht nur noch auf den Philippinen und in Indonesien mehr als 10 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. In Thailand, Malaysia und Singapur stellen Dienstleistungen jeweils den größten Sektor dar.

Mit aggregierten Warenexporten von über 1.395 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 (GTAI) lagen die ASEAN-Staaten nur unwesentlich hinter China. Ähnlich verhält es sich beim Import: 2020 führten die ASEAN-Staaten Waren im Wert von rund 1.268 Milliarden US-Dollar ein.

Die Außenhandelsbilanz der ASEAN ist somit relativ ausgeglichen, wobei der Anteil an Ex- und Importen innerhalb der Staatenvereinigung jeweils bei rund 21 Prozent liegt – Tendenz steigend. Das bedeutet, dass Südostasien immer schneller zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum zusammenwächst, der sich arbeitsteilig integriert.

Vielversprechende Alternative zu Indien und China

Mit jährlichen Wachstumsraten von rund 6 Prozent reift in Südostasien mittelfristig auch für ausländische Anbieter ein riesiger Absatzmarkt heran, der über zusehends mehr Finanzkraft verfügt und eine vielversprechende Alternative zu den bisherigen Wachstumsstars China und Indien darstellt.

Die investorenfreundliche und offene Wirtschaftspolitik der ASEAN-Staaten sowie die Effekte des RCEP, dass diese mit China, Indien und Japan zur größten Freihandelszone der Welt verbindet, verstärken den Standortvorteil der Region.

Lies auch: Die Verschiebung des wirtschaftlichen, politischen und militärischen Epizentrums nach Asien stellt die Welt vor Herausforderungen. Allerdings bietet die kommende Dekade auch enorme Investmentchancen. Warum es für Anleger unerlässlich ist, sich mit dem asiatischen Megamarkt zu beschäftigen, erklärt unser Gastautor Karl Pilny.

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