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in AltersvorsorgeLesedauer: 5 Minuten

DAV-Chef im Interview „Hohe Garantien sind nicht mehr darstellbar“

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Inwiefern beeinflusst die absehbar anhaltende Niedrigzinsphase die Geschäftspolitik deutscher Lebensversicherer? Und haben Verträge mit Garantiezinsen eine Zukunft?

Mittel- bis langfristig dürfte die Corona-Krise die Niedrigzinsphase um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte verlängern, sodass die Zinsen vorerst auf dem heutigen Niveau verharren dürften. Das bringt die deutschen Lebensversicherer mit einem hohen Bestand an Klassik-Policen weiter in die Bredouille. Das zeigt sich beispielsweise an ihren Zuführungen zur Zinszusatzreserve, die in diesem Jahr wieder deutlich über dem Vorjahreswert liegen wird. Darin wird deutlich: Die Garantien aus den vergangenen Jahren lasten immer schwerer auf den Zukunftsaussichten dieser Lebensversicherer. Entsprechend setzen immer mehr Anbieter auf kapitalmarktorientierte Produkte.

Bei der Stuttgarter zum Beispiel überarbeiten wir derzeit einen Großteil unserer Leben-Produkte zum 1. Januar 2021. Ich will nicht zu viel verraten, aber so viel: Wir achten darauf, dass die Chancen stärker im Fokus stehen. Trotzdem wollen viele unserer Kunden weiterhin nicht auf Garantien bei der Altersvorsorge verzichten, da Garantien den Ruhestand finanziell planbar und verlässlich machen. Die wichtigste Garantiezusage ist dabei die lebenslange Rentenzahlung. Neben höheren Renditechancen müssen die Produkte der Zukunft daher weiterhin Basisgarantien bieten.

Was bedeutet das konkret? Wie stehen Sie beispielsweise zu dem Zielwert einer 80-prozentigen Beitragsgarantie?

80 Prozent der eingezahlten Beiträge zu Rentenbeginn könnte eine sinnvolle Garantiehöhe sein. Denn in der heutigen Kapitalmarktsituation und bei den vorhandenen Kosten sind zu hohe Garantien aktuariell schlichtweg nicht mehr darstellbar. Und eine abgesenkte Beitragsgarantie vergrößert den Spielraum für mehr chancenreiche Investments wie zum Beispiel in Aktien. Wir als Deutsche Aktuarvereinigung empfehlen hierfür aber keinen bestimmten Prozentsatz. Ob es am Ende 80 oder 70 Prozent werden, ist nicht unsere Entscheidung.

Neben den Garantiewerten dürften auch die Garantiezinsen der Lebensversicherer sinken.

Ja, sehr wahrscheinlich. Ich vermute, dass viele Unternehmen ihre Garantien schon bald weiter senken werden. Das passiert jetzt wohl unabhängig davon, wann und in welcher Höhe das Bundesministerium der Finanzen den Höchstrechnungszinssatz festsetzt. In diesem Jahr ist man dort unserer Empfehlung von 0,5 Prozent noch nicht gefolgt, weil die Politik die Fragen rund um den Höchstrechnungszins, Riester-Garantien und Riester-Produkte vermutlich gesamthaft lösen will. Die DAV wird im Dezember aber wieder ihren Zinsbericht erstellen. Bereits heute kann ich fast sicher ausschließen, dass es dann bei dem von uns empfohlenen Wert um mehr als die aktuell vorgeschlagenen 0,5 Prozent gehen wird. Und wir hoffen dann auf eine klare Positionierung der Politik.

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