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Der Boom ist vorbei Vier Demografie-Trends bremsen den US-Immobilienmarkt

Neubauprojekt Hudson Yards in New York
Neubauprojekt Hudson Yards in New York: Während attraktive US-Metropolen weiterhin über einen festen Immobilienmarkt verfügen, dürften andere Regionen einen stetigen Abschwung erleben. | Foto: Imago Images / Levine-Roberts

US-Investoren, die in Gewerbeimmobilien investieren, sind mit der Bedeutung des Wirtschaftswachstums für die Performance ihrer Assets bestens vertraut. Seit fast drei Jahren richtet sich ihr Augenmerk auf die Covid-19-Rezession und den Weg der Erholung. Makroökonomische Faktoren stehen auch jetzt im Vordergrund, seit die pandemiebedingte Inflation, die sich durch den Überfall Russlands auf die Ukraine verschärft hat, die Märkte belastet. Der Fed kommt die schwere Aufgabe zu, mit einer restriktiven Geldpolitik die Inflation zu bekämpfen.

Doch auf längere Sicht werden Gewerbeimmobilien (US-Commercial Real Estate, CRE) in den USA mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert sein: Einer sich abschwächenden demografischen Entwicklung.

Vier demografische Herausforderungen

Unsere Analyse detaillierter Daten weist auf vier demografische Trends hin, die für die Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft und die Vitalität des CRE-Sektors in den USA zunehmend besorgniserregend sind:

  • Das allgemeine Bevölkerungswachstum hat sich verlangsamt, ebenso wie das Wachstum der Erwerbsbevölkerung; dies wird die wirtschaftlichen Wachstumsaussichten beeinträchtigen, sofern nicht Produktivitätssteigerungen einen Ausgleich schaffen.
  • Die legale Einwanderung ist ebenso zurückgegangen wie die Zahl der ausländischen Studenten, die sich an US-Hochschulen einschreiben. Die in der US-Politik festgelegten Quoten lassen sich nur schwer erhöhen, und die Aussichten auf eine einwandererfreundlichere Haltung erscheinen unwahrscheinlich.
  • Die Generation der Baby-Boomer geht in den Ruhestand; die Millennials sind größtenteils ins Erwerbsalter eingetreten, während die heranwachsende Generation Z zu klein ist, um einen entsprechenden Ersatz zu schaffen.
  • Über die Generation Z hinaus ist die Geburtenrate aus einer Reihe kultureller und wirtschaftlicher Gründe zurückgegangen, was darauf hindeutet, dass ein künftiger Babyboom die wirtschaftlichen Wachstumsaussichten kaum unterstützen kann.

Verlangsamtes Bevölkerungswachstum

Das Bevölkerungswachstum hat sich seit dem Hoch von 1,38 Prozent im Jahr 1992 sehr deutlich verlangsamt. Seit 2016 ging das Wachstum rapide zurück und erreichte 2019 ein 50-Jahres-Tief von 0,45 Prozent. Die zu erwartenden Daten für 2020 und 2021 dürften noch niedriger ausfallen. In die Verlangsamung des Wachstums spielen alle Komponenten des Bevölkerungswachstums hinein: Geburten, Sterbefälle und Wanderungssaldo.

 

Während das natürliche Bevölkerungswachstum zurückgegangen ist, ist der Wanderungssaldo (die Zahl der Einwanderer abzüglich der Zahl der Auswanderer) rapide gesunken. Die Politik der Trump-Administration führte zwischen 2016 und 2019 zu einem Rückgang der Nettomigration um 47 Prozent. Beschränkungen des internationalen Reiseverkehrs aufgrund der Pandemie führten dazu, dass die Zuwanderung anschließend fast vollständig zum Erliegen kam.

Die US-Amerikaner werden immer älter

Neben der Verlangsamung des Wachstums der Gesamtbevölkerung sind bedeutende demografische Veränderungen im Gang, die auf die Wirtschaft und die Aussichten der US-CRE einwirken. Die wichtigste Veränderung ist das Älterwerden der Babyboomer-Generation. Bis vor kurzem bildeten die Babyboomer, also die zwischen 1946 und 1964 Geborenen, die größte Generation in der Geschichte der USA. Seit den 1970er-Jahren dominieren die Boomer die Erwerbsbevölkerung und haben seither einen Großteil des Wirtschaftswachstums ermöglicht.

Jetzt erreichen sie jedoch das Rentenalter, was auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Die ältesten Boomer erreichten bereits 2011 das offizielle Rentenalter von 65 Jahren und bis zum Jahr 2029 werden alle Boomer das Alter von 65 Jahren erreicht haben. Da die Menschen immer länger leben, wird die Zahl der Älteren in die Höhe schnellen – die große Generation der Babyboomer ist so gesund ist wie keine Generation vor ihnen. Die ältesten Babyboomer sind heute 76 Jahre alt und werden 2026 das 80. Lebensjahr erreichen.

Der zweite demografische Wandel betrifft die Millennials, also die zwischen 1981 und 1996 Geborenen, die jetzt eine größere Gruppe bilden als die Boomer. Die Millennials sind jetzt im Haupterwerbsalter (25 bis 54 Jahre). In dem Maß, in dem die Generation der Babyboomer an Größe, Kaufkraft und Einfluss verliert, wird die Dominanz der Generation der Millennials wachsen und ihr Einfluss auf die Wirtschaft und die Trends in der CRE zunehmen.

Der dritte demografische Trend, der die Zukunft prägen dürfte, ist die Generation Z, definiert als die zwischen 1997 und 2012 Geborenen. Wichtigstes Merkmal der Generation Z ist ihre relativ geringe Größe im Vergleich zu den Millennials und den Boomern. Wenn die Babyboomer in den Ruhestand gehen, werden daher weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, die ihren Platz in der Erwerbsbevölkerung einnehmen. Dies könnte die Wirtschaft und die Aussichten für Gewerbe- und Wohnimmobilien bremsen. Weitere wichtige Merkmale der Generation Z: Viele haben einen Migrationshintergrund und verfügen prozentual über eine hohe Bildung. Sie ist zugleich die technologieaffinste Generation, da sie mit Smartphones und sozialen Medien aufgewachsen ist.

Die Generation X, definiert als die zwischen 1965 und 1980 Geborenen, ist die kleinste – und von den Medien oft übersehene – Generation. Die Wirtschaft wird sich zunehmend auf diese Generation verlassen müssen, um die Lücke zu füllen, die die in Rente gehenden Babyboomer hinterlassen.

Verknappungen auf dem Arbeitsmarkt

Als Bevölkerung im Haupterwerbsalter gelten Personen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren. Der Anteil der Erwerbsbevölkerung, der sich aus Menschen im Haupterwerbsalter zusammensetzt, ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen, von 69 Prozent im Juni 2002 auf 63 Prozent im Juni 2022. Gleichzeitig ist der Anteil der über 55-Jährigen von 14 auf 23 Prozent gestiegen. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen, da die Babyboomer-Generation aus dem Haupterwerbsalter heraustritt.

Der Anteil der älteren Arbeitskräfte an der Erwerbsbevölkerung wäre ohne die Pandemie größer. Die Pandemie hat schätzungsweise 2,4 Millionen Menschen dazu veranlasst, früher als geplant in Rente zu gehen. Allerdings ist der Ruhestand in der Regel kein einmaliges, dauerhaftes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, sondern erfolgt in mehreren Phasen, darunter Altersteilzeit, Überbrückungsbeschäftigung und nicht selten auch Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt.

Die Erwerbsquote der über 55-Jährigen schwankte in den vergangenen beiden Jahren, liegt aber deutlich niedriger als vor Covid-19. Dieser Rückgang trägt dazu bei, dass es schwierig ist, offene Stellen zu besetzen, während sich die Wirtschaft erholt.

Um den derzeitigen eklatanten Arbeitskräftemangel zu beheben, müssen möglichst viele dieser Menschen aus dem Ruhestand zurück in den Arbeitsmarkt gelockt werden. Es wird zukünftig notwendig sein, die Menschen so lange wie möglich im Erwerbsleben zu halten, da die junge Generation Z, die in das Erwerbsleben eintritt, viel kleiner ist als die Generation der Boomer, die aus dem Erwerbsleben ausscheidet, und die Generation der Millennials.

Da der Anteil der über 55-Jährigen an der Erwerbsbevölkerung weiter zunimmt, wird sich ihr Wechsel in den Ruhestand drastisch auf den Arbeitsmarkt auswirken. Die Branchen, in denen derzeit die meisten Menschen dieser Alterskohorte tätig sind, werden am stärksten betroffen sein: Nach den Arbeitskräftestatistiken der aktuellen Bevölkerungsumfrage arbeiten 23 Prozent der über 55-Jährigen im Bildungs- und Gesundheitswesen, die zugleich die größten Beschäftigungsbereiche sind. Wie dramatisch die Lage ist, zeigen weitere Zahlen: Schon zwischen 2019 und 2021 verlor die Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungsbranche, in der 27 Prozent der Beschäftigten über 55 Jahre alt sind, 1,2 Millionen Arbeitskräfte.

Aussichten für das Wirtschaftswachstum

Das Wirtschaftswachstum hängt vom Bevölkerungswachstum, dem Wachstum der Erwerbsbevölkerung und der Arbeitsproduktivität ab. Die derzeitigen demografischen Trends deuten darauf hin, dass die Wirtschaft auf Jahre hinaus mit einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung zu tun haben wird. Die Arbeitsproduktivität, die durch Investitionen in technologische Innovationen angetrieben wird, hat dazu beigetragen, dass die US-Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein reales Wachstum von 2 Prozent verzeichnen konnte. Weil sich jedoch das Bevölkerungs- und Erwerbspersonenwachstum im vergangenen Jahrzehnt abgeschwächt hat, nehmen auch die Produktivitätsgewinne ab.

Fazit

US-Gewerbe und Wohnimmobilieninvestoren beobachten das Wirtschaftswachstum genau, da von ihm die Nachfrage nach Flächen abhängt. Anfang 2020 standen die Auswirkungen der Pandemie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Jetzt, da die Pandemie an Bedeutung verliert, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Inflation, die Geldpolitik und die Verwerfungen im Lebensmittel- und Energiesektor aufgrund des Ukraine-Krieges. Doch auch diese kurzfristigen Herausforderungen werden mit der Zeit in den Hintergrund treten, sodass die Anleger ihren Fokus auf die sich abzeichnenden demografischen Treiber der CRE-Nachfrage in den USA richten müssen. Wie gezeigt, gefährden die mittelfristigen Aussichten für das Bevölkerungswachstum den Markt für US-Immobilien.

In den USA ist ein verlangsamtes Bevölkerungswachstum zu beobachten, das sich wahrscheinlich auch in Zukunft in dieser Form entwickeln wird. Das Produktivitätswachstum legt ebenfalls nur verhalten zu. Beide Faktoren zusammen begrenzen die wirtschaftlichen Wachstumsaussichten und die daraus resultierende Nachfrage nach Immobilien. Die durch die Demografie bedingte Einhegung des Wirtschaftswachstums macht es für CRE-Investoren zwingend erforderlich, die sehr unterschiedlichen Aussichten für die einzelnen Immobilienteilsektoren in den verschiedenen Ballungsräumen genau zu beobachten, denn die beschriebene demografische Entwicklung für die USA wird nicht alle Regionen gleichermaßen betreffen. Die Unterschiede bedingen ein Spektrum von Investitionsaussichten. Insbesondere werden sowohl Wohnungen für das mittlere Marktsegment als auch der Lebensmitteleinzelhandel von der relativ stärkeren demografischen Entwicklung in einigen Metropolen gegenüber der relativ schwächeren Entwicklung in anderen profitieren. Nicht unerwähnt sollte bleiben: Die Entscheidungen von Millennials zu ihrem Wohn- und Arbeitsort waren in der jüngsten Vergangenheit ein wesentlicher Faktor für die Stärke oder Schwäche von Metropolen. In ähnlicher Weise werden die Standortentscheidungen der Generation Z das Wachstum in der Zukunft steuern.

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