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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 8 Minuten
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Erholungsszenarien nach Covid-19 Mit Wumms zum Swoosh

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Szenario 1: Das fast perfekte V

Dieses Szenario geht davon aus, dass die Wirtschaft nach dem Lockdown schnell wieder hochgefahren werden kann, Zentralbankunterstützung und Konjunkturpakete ausgefallene Einkommen ersetzen und weder bei Produktionsfaktoren noch Nachfragemustern nachhaltige Schäden entstehen. Wichtigste Voraussetzung hierfür ist das Ausbleiben einer zweiten Infektionswelle. Unternehmen müssen Zuversicht fassen und investieren, die Zahl der Insolvenzen muss vernachlässigbar gering bleiben. Ferner müssen für eine V­förmige Erholung Lieferketten, die durch Corona beeinträchtigt wurden, zügig und vollständig wiederhergestellt werden.

Auch setzt dieser idealtypische Erholungsverlauf voraus, dass Arbeitslosigkeit durch Kurzarbeit weitestgehend verhindert werden kann und Verbraucher schon in der zweiten Jahreshälfte genauso intensiv konsumieren, reisen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen wie vor der Krise. Selbst in diesem optimistischen Fall wäre das Vorkrisenniveau der Wertschöpfung (Q4 2019) im produzierenden Gewerbe erst gegen Jahresmitte 2021 wieder erreicht, bei den Dienstleistungen sogar erst ein Quartal später. Die entsprechenden Wachstumstrends werden erst Ende 2022, also nochmals mehr als ein Jahr später, erreicht. Für Szenario 1, einen V­förmigen Erholungsverlauf, sehen wir eine Wahrscheinlichkeit von lediglich 20 Prozent.

Szenario 2: W wie (zweite) Welle

Dieses Szenario geht von einem flächendeckenden erneuten Covid-Ausbruch aus. Zwar dürfte ein erneuter harter Lockdown gesellschaftlich kaum mehr zu vermitteln sein, so dass der wirtschaftliche Einbruch weniger dramatisch wäre als im März/April. Folge eines derartigen ‚Double Dip‘ wäre vermutlich, dass Vertrauen in die Erholung seitens der Verbraucher und Unternehmen nachhaltig geschwächt wäre, Verhaltensänderungen bezüglich Investitions­ bzw. Konsumneigung somit sehr wahrscheinlich gedämpft würden und der Erholungsverlauf entsprechend deutlich flacher ausfallen dürfte.

Szenario 3: Der Swoosh (rechtsschiefes V)

Das Szenario, welches wir für am wahrscheinlichsten halten, ist eine nur anfangs V­förmig, schon bald aber abflachend verlaufende Erholung. Voraussetzungen hierfür sind wirksame Geld­ und Fiskalpolitik und das Ausbleiben einer zweiten Infektionswelle. Auch dürfte es keine nachhaltigen, sondern allenfalls vorübergehende Verhaltensänderungen bei Unternehmen und Konsumenten geben. Das sind hohe Hürden. Warum aber selbst in dieser optimistischen Konstellation vieles für eine zähe Erholung spricht, beruht im Wesentlichen auf drei Gründen:

Beeinträchtigte Wertschöpfungsketten: Es ist aus unserer Sicht unwahrscheinlich, dass die globalen Lieferketten aus der Corona-Krise unbeschadet hervorgehen. Ansätze zur Deglobalisierung, die schon vor Corona sichtbar wurden, dürften sich verstärken. Hinzu kommt eine gewisse Desynchronisierung: War die globale Konjunktur bis zur Corona-Krise weitgehend im gleichen Rhythmus verlaufen, staffelt die Pandemie die Abfolge von Stillstand und Erholung in verschiedenen Teilen der Welt, was die globale Erholung hemmt.

Verhaltensänderungen: Zumindest bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs für den überwiegenden Teil der Bevölkerung werden Abstandsregeln und Hygienevorschriften das Wirtschaftsgeschehen einschränken, vor allem vermutlich bei Reisen, im Kultur­ und Unterhaltungsbetrieb sowie im Sport..

Zweitrundeneffekte: Es erscheint unrealistisch anzunehmen, die Maßnahmen der Geld­ und Fiskalpolitik wären in der Lage, durch den gesamten Verlauf der Corona-Krise jedem einzelnen Unternehmen seine Existenz und jedem Arbeitnehmer seinen Job zu erhalten. Wahrscheinlicher ist, dass zumindest milde Folgeschäden des Corona-Lockdowns den Erholungsverlauf nachhaltig dämpfen und damit zu einer nur graduellen Annäherung an das Trendwachstum führen.

Nach initialem V­-förmigen Erholungsverlauf flacht somit aller Voraussicht nach die Annäherung an das Trendwachstum deutlich ab. Im Ergebnis werden die Vorkrisenniveaus bei Industrie und Dienstleistungen im dritten Quartal 2022 erreicht (also etwa ein Jahr später als beim fast perfekten V). Wir halten dieses verhalten optimistische Szenario für etwa so wahrscheinlich wie die beiden anderen Szenarien zusammen und gehen hier von einer Wahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent aus.