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Finanzprofessor Johannes Becker „Banken dürfen nicht mit anderer Leute Geld spielen“

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Damit machen Sie sich aber unter Bankern keine Freunde.

Ich weiß. Aber unter Volkswirten ist diese Meinung sehr weit verbreitet. Die Eigenkapitalanforderungen müssen hochgeschraubt werden, Banken müssen Risiken besser einschätzen und dürfen nicht mit anderer Leute Geld spielen.

Wie sollen sie dann gegen die US-Konkurrenz ankommen, die ja wohl eher dereguliert wird?

Gute Frage. Man muss wahrscheinlich global vorgehen. Aber die Lobby ist leider sehr stark.

Ist das Bankenproblem eines der Probleme, die Sie in Ihrem Buch ansprechen?

Ja, die mangelnde Bankenregulierung, die ineffektive Schuldenkontrolle und die nicht vorhandene Rettungsarchitektur sind die Gründe für die Eurokrise.

Eine Regierung, die die Schulden begrenzen will und deshalb spart, wird nicht wiedergewählt.

Deshalb schlagen wir etwas anderes vor. Jedes Land kann sich in normalen Zeiten mit 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr neu verschulden. Alles, was darüber hinausgeht, muss mit nachrangigen Anleihen erfolgen. Und einheimische Banken dürfen diese Anleihen nicht kaufen. Die Zinsaufschläge wären natürlich entsprechend hoch. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass man souveräne Staaten nicht davon abhalten kann, sich zu verschulden. Man hat es versucht und ist gescheitert.

Nachrang heißt auch, dass Staaten pleitegehen können.

Das ist der Sinn des Ganzen. Und die Nachranganleihen würden dann ausfallen.

Was passiert mit den schon aufgetürmten Schuldenbergen?

Ich würde alles so lassen, wie es ist. Wenn es dann bei den 0,5 Prozent Neuverschuldung bliebe, könnte sogar Italien aus seinem Schuldenberg herauswachsen.

Wie soll die Wirtschaft wachsen ohne staatliche Ausgabenprogramme?

Wie sonst auch. Indem man schneller und besser produziert. Italien hat kein Problem mit der Nachfrage, sondern mit der Produktivität. Ausgabenprogramme bringen in diesem Land rein gar nichts.

Wie sieht eine funktionierende Eurozone aus?

Sie hat eine effektive Schuldenkontrolle, eine starke, aus der Zentralbank herausgelöste Bankenregulierung und einen deutlich besser als heute ausgestatteten europäischen Stabilitätsmechanismus. Und alles muss schnell, geräuschlos und losgelöst von der Politik und Wahlkämpfen funktionieren.

Wozu brauchen wir noch den Rettungsschirm, wenn Staaten doch pleitegehen dürfen?

Weil sie zunächst in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Sie brauchen dann Geld, um Löhne und Gehälter zahlen zu können. Nach drei Jahren folgt dann eine Schuldenkonferenz, auf der entschieden wird, wie es weitergeht.

Ist die Zentralbank nicht in der Lage, Banken zu kontrollieren?

Sie ist über die Geldpolitik Gläubiger der Banken, damit entsteht ein Interessenskonflikt.

Wie wäre es mit eigenen passenden Zinssätzen für jedes Land?

Schöne Idee, aber das würde Zinsarbitrage ermöglichen. Das geht in einem Währungsraum nicht.

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