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Versicherungen im Produkt-Check, Teil 1 „Der löchrige Schutz könnte Kunden schädigen“

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Kein Schutz für Unfälle mit dem Pedelec

So bedeutet ein Ausschluss von Schäden durch motorisierte Fahrzeuge jeder Art auch, dass keinerlei Schutz für Verkehrsunfälle geboten wird, die mit einem nicht versicherungspflichtigen Pedelec verursacht werden. Dies erst im Schadenfall zu erfahren, wäre eine böse Überraschung.

Auch der unmotorisierte Radfahrer wurde beim Negativen bedacht: Mutwillig begangene Ordnungswidrigkeiten hebeln den Versicherungsschutz aus. Die Ampel, die man doch noch hätte schaffen müssen und dann bei Rot überfahren hat, wäre so ein Praxisfall. Oder die Fußgängerampel, die man auch als Radfahrer nutzt. Verursacht man dadurch einen Verkehrsunfall, ist man bei Lemonade wieder mit dem eigenen Geld in der Pflicht. Gut für den Versicherer – und nur für den.

Kunde muss aus eigener Tasche zahlen

Auch Personen, die bei einem wohnen, dürfen nicht darauf hoffen, von Lemonade entschädigt zu werden, wenn sie der Versicherungsnehmer schädigt. Zieht ein Paar zusammen und beide haben eine Privathaftpflichtversicherung, würde jede 08/15-Privathaftpflicht Schadenersatz leisten, wenn man den Partner zum Beispiel durch Unachtsamkeit von der Leiter stößt oder nach einem verschuldeten Brand Lungenschäden durch Rauch und Qualm zu beklagen sind.

Und es ist ja nicht nur der direkte Geldfluss an den/die Geschädigten, der da im Raum steht. Auch die Sozialversicherungsträger werden prüfen, ob die Möglichkeit einer Regressnahme besteht – die der Lemonade-Kunde dann aus eigener Tasche zahlen muss.

Grauer Staub der vergangenen Jahrzehnte

Eine Versicherung sollte ein gutes Gefühl vermitteln, ein Gefühl, dass zumindest finanziell alles gut wird, wenn es mal kracht. Zahlen muss sie dann natürlich auch. Dafür braucht es zweierlei: ein gutes Bedingungswerk mit möglichst weitreichendem Schutz und eine solide Kalkulation der Beiträge. Das schafft Sicherheit beim Schutz, Sicherheit in der Finanzierbarkeit eines Schadens und Sicherheit hinsichtlich Stabilität der Beiträge. Ganz sicher haben viele etablierte Versicherungsunternehmen bei der Ansprache jüngerer Kundengruppen noch Optimierungsbedarf, und man könnte den grauen Staub der vergangenen Jahrzehnte ruhig abschütteln. Nur mit Duzen hingegen, lockeren Texten und Online-Anträgen allein ist es allerdings nicht getan. Da darf Lemonade seine Hausaufgaben noch machen. Wir hoffen, dass Kunden durch den löchrigen Schutz nicht zu arg geschädigt werden. Momentan hinterlässt diese Limonade jedenfalls einen zu bitteren Nachgeschmack.


Über den Autor:
Hermann Hübner ist Vorstandsvorsitzender der Versicherungsmakler Genossenschaft (Vema) aus Heinersreuth.

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