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Martin Hüfner berichtet Schlechte Nachrichten aus Europa

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Sie liegt zum Teil daran, dass die USA ihr Wachstum durch Steuersenkungen kräftig ankurbelten. Darüber hinaus hat sich aber auch das europäische Wachstum stark abgeschwächt. Lange Zeit haben sich die Experten auf dem Kontinent schwer damit getan, das Ausmaß und die Bedeutung dieses Rückschlags anzuerkennen. Jetzt kann aber kein Zweifel mehr daran bestehen.

Zwei Gründe sind dafür verantwortlich. Wirtschaftlich war es der Dieselskandal vor allem in Deutschland und die Einführung des neuen WLTP-Verfahrens zur Abgasmessung von Autos. Das hat sehr viel länger gedauert, als die Fachleute vermutet hatten. Es ist bis jetzt noch nicht abgeschlossen. Es ist erstaunlich, wie stark sich Probleme in einem – zugegeben wichtigen – Sektor auf die Gesamtwirtschaft auswirken.

Wichtig war daneben aber, dass es in einer Reihe von Staaten unerwartete politische Probleme gab. Zu nennen ist hier natürlich der immer noch ungeklärte Brexit. Dazu kamen im letzten Herbst in Frankreich die Demonstrationen der „gelben Westen“, die den Reformkurs der Regierung Macron durcheinanderbrachten und zu Produktionsausfällen führten. Der Streit zwischen Brüssel und Rom über die Einhaltung der Maastricht-Kriterien trieb die Zinsen für italienische Staatsanleihen nach oben. In Deutschland haben die Auseinandersetzungen unter den Regierungsparteien und der Rücktritt der Bundeskanzlerin vom Parteivorsitz zu einem Nahezu-Stillstand der Politik geführt. Die Unzufriedenheit in der Wirtschaft wuchs. Die Bereitschaft zu einer umfassenden Steuerreform, von der neue Dynamik ausgehen könnte, ist nicht zu erkennen.

Es sind aber nicht nur Probleme in einzelnen Ländern. Die gesamte Zusammenarbeit in der Gemeinschaft stockt. Nichts geht mehr in Brüssel. Symptomatisch war in der letzten Woche das Auftreten der Regierungschefs verschiedener Mitgliedstaaten der EU in Davos. Sie machten sich auf offener Bühne gegenseitig Vorwürfe über so wichtige Dinge wie die Verteilung von Flüchtlingen, über rechtsstaatliche Reformen in einzelnen Ländern, über die Steuerpolitik, die fiskalpolitische Disziplin oder über die Fortschritte beim Ausbau der Reformen im Euroraum. Von einem gemeinsamen europäischen Interesse war nichts zu sehen. Frankreich und Italien, die sich bisher stets in ihrer Opposition zu Deutschland einig waren, haben sich zerstritten, nachdem Rom die Gelbwesten in Paris unterstützt. Wie soll da Schwung in Europa aufkommen? Jedenfalls sind es Töne, die ich in europäischen Diskussionen so schon lange nicht mehr gehört habe.

Tröstlich ist nur, dass der Euro von all dem nicht betroffen ist. Er funktioniert. Gut ist auch, dass es keine Solvenzprobleme in einzelnen Ländern gibt, wie das in der großen Eurokrise der Fall war. Im Gegenteil, Griechenland geht in diesen Tagen an den Kapitalmarkt und nimmt zum ersten Mal wieder private Mittel auf.

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