Mittelstandsanleihen „Die jüngsten Insolvenzen sind katastrophal für die Reputation des gesamten Marktsegments“
Mit einer Milchproduktion von 225 Tonnen pro Tag ist Ekosem der drittgrößte Milchproduzent in Russland. Foto: Ekosem-Agrar GmbH
Nach dem verschobenen Rückzahlungstermin ihrer Anleihen und dem kurz darauf folgenden Insolvenzantrag des Brennstoffherstellers German Pellets aus Wismar gibt es jetzt wieder beunruhigende Nachrichten für die Gläubiger eines deutschen Mittelständlers: Ekosem-Agrar lässt seine Anleger heute und morgen über die Prolongation zweier Anleihen abstimmen.
Die deutsche Holdinggesellschaft der Ekoniva Gruppe ist mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 196.000 Hektar und einem Bestand von mehr als 55.000 Rindern nach eigenen Angaben eines der größten Agrarunternehmen Russlands. Ihre etwa 25.000 Milchkühe erzeugen pro Tag rund 580 Tonnen Milch.
Damit ist die Unternehmensgruppe aus Walldorf zwar größter Milchproduzent des Schwellenlandes, in dem sie mit rund 3.500 Mitarbeitern an sechs Standorten vertreten ist. Aktuell agiert Ekosem-Agrar nach Angaben von Hauptgesellschafter und Geschäftsführer Stefan Dürr aber „in Zeiten weltweiter Tiefststände beim Milchpreis, Rekordtiefs beim Rubelkurs und schwieriger Finanzierungsbedingungen in Russland.“
Fragen an drei Fondsmanager
Die aktuelle Problemlage im Fall Ekosem-Agrar beschäftigt jetzt auch die Manager deutscher Fonds, die in Mittelstandsanleihen investieren. Zur aktuellen Lage dieses Segments des Rentenmarktes, das derzeit das Vertrauen vieler Anleger verloren hat, stellten wir im zweiten Teil unserer Interview-Serie zum Thema Mittelstandsanleihen drei Investment-Experten folgende Fragen:
Müssen Ihrer Einschätzung nach demnächst weitere mittelständische Emittenten ihre Gläubiger um eine Prolongation ihrer Anleihe bitten?
Marius Hoerner, Fondsmanager des Artus Mittelstands-Renten HI Fonds:
Man muss hier jede Firma einzeln betrachten. Manche Unternehmer warten nur auf einen Anruf ihrer Bank, um eine neue Anleihe aufzulegen. Mit dem frischen Kapital wollen sie dann die Rückzahlung ihrer bisherigen Titel finanzieren, die zum Großteil im kommenden Jahr fällig werden. Aktuelle Fälle wie German Pellets sollten daher als Warnschüsse für mittelständische Unternehmer wahrgenommen werden. Aber nicht jede Verlängerung der Anleihen-Laufzeit ist ein schlechtes Zeichen. Ein positives Beispiel dafür ist Ekosem-Agrar. Dieser Milchproduzent leidet vor allem unter den EU-Sanktionen gegen Russland sowie dem gesunkenen Rubelpreis. Seine in Euro zu zahlende Zinslast hat sich nur aufgrund von Währungseffekten nahezu verdoppelt. So etwas kann passieren, wenn man ausschließlich in Russland tätig ist. Die Krise ist dort also ohne Verschulden der Unternehmensführung entstanden.
Benedict Braus, verantwortlich für das Portfolio des Inprimo Mittelstandsrenten AMI:
Zunächst: Wir müssen zwischen mittelständischen Emittenten und dem Mittelstandsanleihen-Segment unterscheiden. Es liegen ja zum Teil Welten zwischen unserem Verständnis von Mittelstand – zu dem beispielsweise Schaeffler, Douglas, Bosch und andere große Unternehmen gehören - und den Emittenten im Mittelstandsanleihen-Segment. In dem Segment glauben wir, dass auch andere Firmen von ähnlichen Problemen betroffen sind. Daher ist es so wichtig, sehr sorgfältig in der Auswahl der Titel zu sein, in die man investiert. Restrukturierungen können im Notfall ein sinnvoller Weg sein, um Ausfälle zu vermeiden: Zum Teil bitten Emittenten um Laufzeitverlängerungen oder gar einen teilweisen Umtausch in Aktien. Bei soliden, zukunftsfähigen Unternehmen sind wir bereit, dies konstruktiv zu begleiten, denn sie sind sinnvoll für die Unternehmen und damit gut für die Gläubiger. Aktuelle Beispiele dafür sind Singulus Technologies oder Ekosem-Agrar. Letztere müssen ihre Anleihenlaufzeiten aufgrund externer Faktoren wie den EU-Sanktionen gegen Russland sowie dem gesunkenen Rubelpreis und damit ohne Verschulden des Managements verlängern.
Dirk Viebahn, Portfolio-Manager des WGZ Corporate M:
Wir kommen jetzt zeitlich in den Bereich, wo viele Anleihen aus der Boomphase der sogenannten Mittelstandssegmente der Börsen zur Refinanzierung anstehen - durch nahende Fälligkeiten und Nachfragen der Wirtschaftsprüfer. Und da der Emissionsmarkt als Refinanzierungsmöglichkeit gelitten hat, steht durchaus zu befürchten, dass auf German Pellets noch weitere ähnliche Fälle folgen können.
Die deutsche Holdinggesellschaft der Ekoniva Gruppe ist mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 196.000 Hektar und einem Bestand von mehr als 55.000 Rindern nach eigenen Angaben eines der größten Agrarunternehmen Russlands. Ihre etwa 25.000 Milchkühe erzeugen pro Tag rund 580 Tonnen Milch.
Damit ist die Unternehmensgruppe aus Walldorf zwar größter Milchproduzent des Schwellenlandes, in dem sie mit rund 3.500 Mitarbeitern an sechs Standorten vertreten ist. Aktuell agiert Ekosem-Agrar nach Angaben von Hauptgesellschafter und Geschäftsführer Stefan Dürr aber „in Zeiten weltweiter Tiefststände beim Milchpreis, Rekordtiefs beim Rubelkurs und schwieriger Finanzierungsbedingungen in Russland.“
Fragen an drei Fondsmanager
Die aktuelle Problemlage im Fall Ekosem-Agrar beschäftigt jetzt auch die Manager deutscher Fonds, die in Mittelstandsanleihen investieren. Zur aktuellen Lage dieses Segments des Rentenmarktes, das derzeit das Vertrauen vieler Anleger verloren hat, stellten wir im zweiten Teil unserer Interview-Serie zum Thema Mittelstandsanleihen drei Investment-Experten folgende Fragen:
Müssen Ihrer Einschätzung nach demnächst weitere mittelständische Emittenten ihre Gläubiger um eine Prolongation ihrer Anleihe bitten?
Marius Hoerner, Fondsmanager des Artus Mittelstands-Renten HI Fonds:
Man muss hier jede Firma einzeln betrachten. Manche Unternehmer warten nur auf einen Anruf ihrer Bank, um eine neue Anleihe aufzulegen. Mit dem frischen Kapital wollen sie dann die Rückzahlung ihrer bisherigen Titel finanzieren, die zum Großteil im kommenden Jahr fällig werden. Aktuelle Fälle wie German Pellets sollten daher als Warnschüsse für mittelständische Unternehmer wahrgenommen werden. Aber nicht jede Verlängerung der Anleihen-Laufzeit ist ein schlechtes Zeichen. Ein positives Beispiel dafür ist Ekosem-Agrar. Dieser Milchproduzent leidet vor allem unter den EU-Sanktionen gegen Russland sowie dem gesunkenen Rubelpreis. Seine in Euro zu zahlende Zinslast hat sich nur aufgrund von Währungseffekten nahezu verdoppelt. So etwas kann passieren, wenn man ausschließlich in Russland tätig ist. Die Krise ist dort also ohne Verschulden der Unternehmensführung entstanden.
Benedict Braus, verantwortlich für das Portfolio des Inprimo Mittelstandsrenten AMI:
Zunächst: Wir müssen zwischen mittelständischen Emittenten und dem Mittelstandsanleihen-Segment unterscheiden. Es liegen ja zum Teil Welten zwischen unserem Verständnis von Mittelstand – zu dem beispielsweise Schaeffler, Douglas, Bosch und andere große Unternehmen gehören - und den Emittenten im Mittelstandsanleihen-Segment. In dem Segment glauben wir, dass auch andere Firmen von ähnlichen Problemen betroffen sind. Daher ist es so wichtig, sehr sorgfältig in der Auswahl der Titel zu sein, in die man investiert. Restrukturierungen können im Notfall ein sinnvoller Weg sein, um Ausfälle zu vermeiden: Zum Teil bitten Emittenten um Laufzeitverlängerungen oder gar einen teilweisen Umtausch in Aktien. Bei soliden, zukunftsfähigen Unternehmen sind wir bereit, dies konstruktiv zu begleiten, denn sie sind sinnvoll für die Unternehmen und damit gut für die Gläubiger. Aktuelle Beispiele dafür sind Singulus Technologies oder Ekosem-Agrar. Letztere müssen ihre Anleihenlaufzeiten aufgrund externer Faktoren wie den EU-Sanktionen gegen Russland sowie dem gesunkenen Rubelpreis und damit ohne Verschulden des Managements verlängern.
Dirk Viebahn, Portfolio-Manager des WGZ Corporate M:
Wir kommen jetzt zeitlich in den Bereich, wo viele Anleihen aus der Boomphase der sogenannten Mittelstandssegmente der Börsen zur Refinanzierung anstehen - durch nahende Fälligkeiten und Nachfragen der Wirtschaftsprüfer. Und da der Emissionsmarkt als Refinanzierungsmöglichkeit gelitten hat, steht durchaus zu befürchten, dass auf German Pellets noch weitere ähnliche Fälle folgen können.
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