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Robert Halver über das Dilemma des Westens „Die Sanktionen machen den anti-westlichen Block noch stärker“

Gruppenfoto vom G7-Gipfel in Elmau
Gruppenfoto vom G7-Gipfel in Elmau: „Wenn sich rumgesprochen hat, dass man mit uns den Molli machen kann, haben wir uns nicht nur geopolitisch bis auf die Socken blamiert, sondern werden an jeder wirtschaftlichen Ecke erpresst“, so Robert Halver. | Foto: Imago Images / Political-Moments

Vor prächtiger Kulisse im schönen Elmau zeigten sich die reichen G7-Länder wild entschlossen, dem lupenreinen Aggressor geopolitisch und wirtschaftlich das Handwerk zu legen. Doch ist der seit Ende des II. Weltkriegs allmächtige Westen in die Jahre gekommen. Der US-Präsident gilt bei vielen Amerikanern als Lame Duck und wird nicht nur von Trump gnadenlos gejagt.

Großbritanniens Premierminister hat nach vielen Skandalen und den Folgen des Brexits nur noch so viel Strahlkraft wie die Sonne ab 22 Uhr. Der französische Staatspräsident ist seit der Parlamentswahl ein gerupfter gallischer Hahn. Japan ist nur noch ein Schatten seiner früheren Wirtschaftskraft. Italien ist glücklich über die Aufbauspritzen der EZB. Und in Deutschland ist vielfach der Lack ab.

Und erst jetzt, nach neun Jahren der Schaffung der chinesischen Seidenstraße, kommt der Westen auf die Idee, ein Gegenmodell von 600 Milliarden US-Dollar zu entwerfen, damit zum Beispiel Südostasien, Afrika und Südamerika nicht vollständig unter die chinesische Knute geraten. Der Westen kommt einem wie ein alternder Boxer vor, bei dem der letzte Kampf einer zu viel war. Trotz immer neuer Sanktionen wurden bislang nicht die gewünschten Wirkungen in Moskau erzielt.

 

 

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Selbst ein Staatsbankrott Russlands lässt Putin ziemlich kalt. Zunächst, wenn der Kreditnehmer nicht zahlt, haben die -geber das Problem. Zwar kann die westliche Welt Russland künftig keinen Cent mehr geben. Aber es kann problemlos fremdgehen. Denn es hat begehrte Sicherheiten: (Energie-) Rohstoffe.

Putin hat keinen Grund einzulenken

Überhaupt leben 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern, die die westlichen Sanktionen gegen Putin nicht mittragen. Denn so bekommen China, aber auch Indien, Brasilien, Südafrika und andere den Energy-Drink, der ihnen wirtschaftliche Flügel verleiht, zum Schnäppchenpreis. Dagegen fällt die westliche Moral hinten runter und der Rubel für Putins Kriegskasse rollt weiter. Auf dem St. Petersburger Wirtschaftsforum haben die „BRIC plus“-Staaten brüderlich fast schon einen alternativen Interessenclub mit Russland als Rohstofflieferanten gegründet. Auch der starke Rubel zeugt nicht von einem isolierten oder zahlungsunfähigen Russland.

Sicher, die Beziehungen zwischen Russland, China und Indien sind nicht unbedingt von Liebe geprägt. Doch hilft die überzeugende (Energie-)Mitgift über viele zwischenmenschliche Makel hinweg. Nicht zuletzt empfindet das ein oder andere Schwellenland Genugtuung, dass der Westen, der sie ihrer Meinung nach zu sehr bevormundend mit Demokratie, Menschenrechten, Moral und Klimaschutz quält, blutet. Endlich kann man ihm und insbesondere Amerika Grenzen aufweisen.

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