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Robert Halver zur Großen Koalition „Zum Glück nicht an der Börse“

In Deutschland sollte eine Große Koalition aus zwei Volksparteien dafür da sein, Dinge zu bewegen, an die sich eine kleine Koalition nicht herantraut. Denn wer große Reformen in Angriff nimmt, die Schmerzen verursachen, bevor sie wirken, bietet der oppositionellen Volkspartei eine willkommene Angriffsfläche. Die Reformpolitik von Rot-Grün unter Kanzler Schröder ist dafür ein gutes Beispiel. Sitzen dagegen beide Volksparteien in einem Boot, machen sie sich gegenseitig keine Konkurrenz. Angesichts des Mangels an politischem Wettbewerb sollte eine GroKo nur Ausnahme, nicht Dauerzustand sein, damit politische Ränder keinen großen Zulauf erhalten.    

Über alle „Maaßen“

So weit die Theorie. Jedoch sieht die deutsche Polit-Praxis anders aus. Die Groko ist zum Standard geworden. Von im Himmel geschlossenen Wunschehen konnte man zwar noch nie sprechen. Aber unter der Ägide von Angela Merkel gibt es bereits die dritte. Das aktuelle Notbündnis wurde alternativlos, da ein Jamaika-Bündnis daran scheiterte, besser nicht zu regieren als falsch zu regieren. Politik ist aber kein weiches Weiß-, sondern hartes Graubrot, an dem man schwer zu kauen hat. Wer politisch um seine Inhalte kämpft, kann verlieren, aber wer gar nicht kämpft, hat bereits verloren.  

Und werden wir denn aktuell richtig regiert? Deutschland scheint eine Insel der Glückseligkeit zu sein, denn ansonsten würde sich die Bundesregierung nicht so ausführlich mit einer Personalie der vierten Hierarchiestufe beschäftigen. Das Grundproblem dieser GroKo ist, dass sie sich so wenig verbinden will wie Öl und Wasser. Schon zwei Schwarze sind sich nicht Grün. Die Abwahl des Merkelianers Volker Kauder als Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist sicherlich auch kein harmoniestiftendes Element. Und die SPD bleibt ein unsicherer Kantonist, der nicht weiß, ob er koalitionstreu sein oder gehen will. In Berlin herrscht eine gereizte Stimmung wie auf der Bounty kurz vor der Meuterei.

Früher war Deutschland noch der politische Fels von Gibraltar

Adenauer, Schmidt, Kohl und Schröder haben in schwierigen Zeiten viel Mut nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa gezeigt, übrigens ohne die Machtfülle einer Großen Koalition.  Dagegen scheint die heutige Regierung nur zu versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen.

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Leider kommt dieser Bundes-Burnout zur Unzeit. Ausgerechnet jetzt ist die Happy Hour der Weltpolitik vorbei. Wir sind nicht mehr nur von Freunden umzingelt. Herrschaften wie Trump, Putin, Xi Jinping oder Erdogan pflegen einen herzhaften Regierungsstil, versuchen, das geopolitische Ruder immer mehr an sich zu reißen und nutzen dabei auch jede deutsche Regierungsschwäche gnadenlos aus. Besonders schmerzhaft ist die amerikanische Entfremdung vom alten Kontinent, die die EU-Staaten ähnlich orientierungslos zurücklässt wie Entenküken, deren Mutter plötzlich auf dem Selbstverwirklichungstrip ist.

Aber wenn schon die Große Koalition Deutschland nicht ziehen kann, wie soll Deutschland Zugpferd in der EU sein? Und wie soll dann die EU „weltpolitikfähig“ werden?

Dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden

Jetzt bräuchte man die Große Koalition dringend, um Großes zu tun, um heiße Eisen anzupacken. Die heutige jedoch lähmt sich gegenseitig und macht sich damit ziemlich handlungsunfähig. Doch will man auch keine Trennung riskieren, um bei Neuwahlen nicht viele Wähler an Grüne, Linke und AfD und damit auch nicht die Annehmlichkeiten des Regierens zu verlieren.

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