Inflation Wenn hohe Garantien das Risiko steigern

Lockdown: Viele Deutsche zügeln derzeit ihren Konsum. Nachholeffekte könnten zu steigenden Preisen führen.
| Foto: imago images/imagebroker
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„Irre Eispreise“, titelte Bild.de im vorigen Sommerloch und brachte damit zugespitzt auf den Punkt, was viele Deutsche nur vergleichsweise verschwommen erkennen: Die nominalen Preise alltäglicher Güter steigen auf Sicht von Jahrzehnten teilweise enorm an. Die Kugel Speiseeis zum Beispiel kostete Mitte der Achtzigerjahre vielerorts 30 Pfennig. Das sind umgerechnet etwa 15 Cent und nur ein Zehntel des heutigen Preises in manch trendiger Gelateria.
Und auch wenn man berücksichtigt, dass sich die Qualität von Schokolade-, Vanille- und Erdbeer- hin zu veganem Avocado- oder laktosefreiem Spinat-Eis...
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„Irre Eispreise“, titelte Bild.de im vorigen Sommerloch und brachte damit zugespitzt auf den Punkt, was viele Deutsche nur vergleichsweise verschwommen erkennen: Die nominalen Preise alltäglicher Güter steigen auf Sicht von Jahrzehnten teilweise enorm an. Die Kugel Speiseeis zum Beispiel kostete Mitte der Achtzigerjahre vielerorts 30 Pfennig. Das sind umgerechnet etwa 15 Cent und nur ein Zehntel des heutigen Preises in manch trendiger Gelateria.
Und auch wenn man berücksichtigt, dass sich die Qualität von Schokolade-, Vanille- und Erdbeer- hin zu veganem Avocado- oder laktosefreiem Spinat-Eis gesteigert hat, bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Das nutzt Uwe Wobig, Versicherungsmakler aus dem schleswig-holsteinischen Meldorf, um seinen Kunden den Wertverlust ihres Geldes vor Augen zu führen. Er fragt sie: „Was kostete eine Kugel Eis in Ihrer Kindheit? Wie sehr ist der Preis seitdem gestiegen? Und wo dürfte er wohl bei Ihrem Renteneintritt liegen?“
Denn das Thema Inflation werde beim Vorsorgesparen viel zu oft vernachlässigt. Mit dramatischen Folgen: „Wenn der Sparer die schwindende Kaufkraft seiner Rücklagen bei der Rentenplanung nicht berücksichtigt, kann das im Alter richtig wehtun.“ Die realen Wertverluste werden von den jährlichen Rentenerhöhungen nämlich kaum ausgeglichen. Und für die Rentner im Westen gibt es beispielsweise in diesem Jahr sogar eine Nullrunde.
Daher will der seit 1990 in der Assekuranz tätige 53-Jährige seinen Kunden ein Gefühl dafür vermitteln, wie sehr ihr Lebensstandard im Rentenalter bedroht ist. Den dezenten Hinweis auf den Kaufkraftverlust am Ende des jährlichen Bescheids der Deutschen Rentenversicherung hält er für nicht ausreichend, um Normalbürger vor der Gefahr zu warnen. Zumal die dortige Beispielrechnung für je 100 Euro Rente nicht die jeweils individuellen Ansprüche berücksichtigt, was viel deutlicher wäre.
Den Zwischenstand ihrer gesetzlichen Rente lesen sich ohnehin nur 58 Prozent der Menschen gründlich durch, zeigt eine Umfrage der Marktforscher von Sirius Campus unter 18- bis 60-Jährigen. Mit 53 Prozent fast genauso viele der knapp 1.800 Befragten treibt die Sorge um, am Lebensabend von Armut betroffen zu sein.
Wie das in der Praxis aussehen kann, spürte Wobig bei einem Termin mit einem Senioren-Paar, für das er per Policen-Check eine monatliche Ersparnis von rund 40 Euro herausholte: „Der Rentner sagte mir mit glasigen Augen, das entscheide darüber, ob er und seine Frau am letzten Samstag im Monat noch einmal genug Geld für einen Wocheneinkauf haben oder nicht.“ Dieses prägende Erlebnis teilt er oft mit seinen jüngeren Kunden, bei denen er durchaus eine grundsätzliche Bereitschaft zu mehr Altersvorsorge beobachtet.
Konkrete Schritte hierzu plant laut den Kölner Studienautoren in den kommenden zwölf Monaten ungefähr jeder dritte Befragte. Bei der Frage nach den beliebtesten Produkten zur Altersvorsorge aus Verbrauchersicht folgen laut Sirius Campus auf selbstgenutzte oder vermietete Immobilien (46 beziehungsweise 34 Prozent) die Betriebs- und die Riester-Rente (37 beziehungsweise 26 Prozent). Auch Makler Wobig vermittelte in den vergangenen Jahren je nach Kundensituation vor allem Riester- und Rürup-Verträge oder ungeförderte Fondspolicen.
„In den meisten Fällen mit Garantie. Denn mindestens vier von fünf Verbrauchern sagen mir, dass sie auf keinen Fall Geld verlieren wollen.“ Dafür seien sie auch bereit, auf Chancen zu verzichten. Vom verständlichen Wunsch nach Sicherheit ließen sich Deutschlands Sparer aber zu häufig fehlleiten, beobachtet Hans Joachim Reinke: „Sicherheit und Garantie sind nicht dasselbe“, betont der Vorstandsvorsitzende von Union Investment, mit 1,8 Millionen Kunden der Marktführer bei der Riester-Rente.
Zwar ist das Riestern in den vergangenen Jahren mehr und mehr aus der Mode gekommen, und selbst die in jüngster Zeit besonders beliebte Eigenheimrente verzeichnet Bestandsverluste. Doch Garantieprodukte spielen in der Altersvorsorge hierzulande weiterhin eine wichtige Rolle. Die immer noch mehr als 10 Millionen Riester-Versicherungen zum Beispiel versprechen dem Sparer, dass er zum Ende der Laufzeit mindestens alle von ihm eingezahlten Beiträge plus staatlicher Zulagen zurückbekommt.
Das ist für ein so langfristiges Sparziel wie finanzielle Freiheit im Seniorenalter jedoch gar nicht unbedingt notwendig, meint Reinke. Die Menschen müssten beim Abwägen von Chancen und Risiken umdenken, insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen: „Aktuell sind hohe Garantien eine stärkere Renditebremse als jemals zuvor.“ Zukünftig verliere zudem die zweite Seite der Medaille an Glanz, denn bei steigenden Preisen böten Garantien weniger Sicherheit.