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Fehlendes Puzzleteil
Wie sich die traditionelle Finanzwelt auf die Blockchain übertragen lässt
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Fehlendes Puzzleteil Wie sich die traditionelle Finanzwelt auf die Blockchain übertragen lässt

Menschen vor einem gläsernen Labyrinth in Palmerston North, Neuseeland
Menschen vor einem gläsernen Labyrinth in Palmerston North, Neuseeland: Traditionelle Finanzwelt und Blockchain-Welt lassen sich vielerorts noch schwer miteinander verbinden. | Foto: Imago Images / Tetra Images

Aktuelle Emissionszahlen und Prognosen für öffentliche und private Blockchain-Lösungen zeigen: Der Kryptomarkt ist kein exotisches Angebot von Nischenanbietern mehr, sondern hält Einzug in den Mainstream und in die Produktpalette etablierter Anbieter. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber eine regulatorische Grundlage geschaffen, die Rechtssicherheit verspricht. So wurde der Umgang mit Krypto-Assets (sowohl Kryptowerte als auch Kryptowertpapiere) europaweit durch die Mica-Verordnung (Markets in Crypto-Assets) und in Deutschland durch das eWpG (Gesetz über elektronische Wertpapiere) konkretisiert.

Aber auch die Nutzung und der Aufbau von DLT-Marktinfrastrukturen (Distributed Ledger) haben durch das DLT Pilot Regime 2023, eine EU-weite Regelung für den Handel und die Abwicklung von Finanzinstrumenten auf Basis von DLT, an Rechtssicherheit gewonnen. Damit können Marktteilnehmer in einem definierten Rahmen DLT-Infrastrukturen in einer sicheren Testumgebung (Sandbox) nutzen.

 

Derzeit prüfen zahlreiche Vermögensverwalter, wie sie ihr Dienstleistungsangebot mit DLT beziehungweise Blockchain anreichern können. Neben der Bereitstellung von Infrastruktur für die Verwahrung und den Handel von Kryptowerten (wie zum Beispiel Bitcoin) für Vermögensverwaltungskunden spielt insbesondere die Tokenisierung von Finanzinstrumenten, aber auch realer Vermögenswerte (Real World Assets = RWA) wie etwa Immobilien, Rohstoffen oder Infrastrukturprojekten eine besondere Rolle.

Insellösungen statt breiter Marktstandards

Die Anbieter stehen dabei vor zahlreichen Herausforderungen, die unter anderem das Geschäftsmodell, die Produktkategorie, die Technologie und den Vertriebsansatz betreffen. Zwar gibt es bereits erste Umsetzungen, zum Beispiel wurden Anleihen und Spezialfonds mit Kryptofonds-Anteilen aufgelegt, Kunden sind aber bisher meist nur konzerneigene Gesellschaften oder Partnerinstitute.

Entsprechend klein ist der Markt. Zudem konzentrieren sich die Marktteilnehmer primär auf ihre eigenen Bedürfnisse und bauen Blockchain-Infrastrukturen auf, die teilweise nicht öffentlich zugänglich sind. Aufgrund dieser Insellösungen ist ein aufwändiges Onboarding von Kunden und Partnern notwendig. Insbesondere im Hinblick auf die Handelbarkeit hat dies zur Folge, dass die Tokenisierung von nicht digitalen, illiquiden Assets (sogenannte RWAs, Real-World-Assets) zwar kleine Stückelungen ermöglicht, diese aber aufgrund der Insellösung nur einem sehr begrenzten Markt zur Verfügung stehen.

Ähnliche Schwierigkeiten haben die Banken beim Eintritt in das Defi-Ökosystem (Defi beziehungsweise DeFi = Decentralized Finance). So ist die Kompatibilität der DLT-Systeme untereinander gering, da sich im DeFi-Ökosystem verschiedene Layer-1-Blockchains etabliert haben, die miteinander konkurrieren. Transfers zwischen Blockchains (etwa von Solana zu Ethereum) sind derzeit nur risikoreich über Bridges möglich, die regelmäßig Sicherheitslücken zum Opfer fallen.

Alte und neue Ökosystemen miteinander verbinden

In der traditionellen Finanzwelt hat sich Swift als eine Art Vermittler bewährt. Dieses standardisierte Datenformat stellt den Nachrichtenaustausch zwischen Akteuren in der Finanzindustrie sicher, sowohl im Zahlungsverkehr als auch bei Wertpapiertransaktionen. Chainlink versucht mit seinem Protokoll CCIP in der Blockchain-Welt eine ähnliche Rolle wie Swift in der alten Welt einzunehmen. Ziel ist es, Transfers zwischen Blockchains zu ermöglichen, ohne auf einen zentralen Intermediär zu vertrauen. Stattdessen wird ein Oracles-Netzwerk genutzt, das in der Lage ist, den Status von Transaktionen auf der Ursprungs-Blockchain zu überwachen und entsprechende Zahlungen auf einer Ziel-Blockchain auszulösen.

 

Die Blockchain-Interoperabilität funktioniert wie folgt: Möchte ein Smart Contract A auf der Ethereum Blockchain beispielsweise eine Zahlung aus einem Smart Contract B auf einer anderen Blockchain auslösen, kann dieser sich über CCIP an das Oracle Netzwerk von Chainlink wenden. Die Oracles stimmen nun über die Validität der Nachricht ab und leiten diese an den entsprechenden Smart Contract auf der Zielblockchain weiter, sobald eine Mehrheit die Validität der Nachricht bestätigt hat. Auf der Zielblockchain wird nun in Smart Contract B die Zahlung ausgelöst. Ist die Zahlung auf der Zielblockchain erfolgreich abgewickelt, wird eine Bestätigungsnachricht über CCIP an den Smart Contract der Ausgangsblockchain zurückgesendet.

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Ein Swift-Standard für den Blockchain-Kosmos

Für Transfers zwischen traditionellen Systemen und einer Blockchain wäre das Prozedere ähnlich. Der Unterschied läge darin, dass der Versender der CCIP-Anweisung kein Smart Contract auf einer Blockchain ist. Stattdessen würde eine technische Übersetzungsschicht verwendet werden, die beispielsweise eine Swift-Anweisung in eine Zahlungsanweisung auf CCIP übersetzt. In beiden Fällen ist kein menschliches Einwirken erforderlich, da lediglich technische Komponenten entlang fest definierter Prozesse miteinander kommunizieren. Hierdurch wird der Cross-Platform-Transaktionsprozess vollständig automatisiert und auch die Sicherheit erhöht.

Die Interoperabilität zwischen verschiedenen Blockchains ermöglicht somit einen sicheren und einfachen Token-Transfer oder das Auslösen von Aktionen zwischen verschiedenen Ketten. So können Transaktionen oder Anwendungen durchgeführt werden, ohne sich um die zugrunde liegenden Protokolle kümmern zu müssen. Über mehrere DLT-Netzwerke hinweg bietet CCIP somit eine einzige Quelle der Wahrheit (Single-Source-Of-Truth). Die Verbindung verschiedener Insellösungen ermöglicht den Liquiditätsfluss von einer Kette zur anderen sowie die Bildung koordinierter Sekundärmärkte, um zum Beispiel die Tokenisierung von Assets - insbesondere von RWA - in großem Umfang zu gewährleisten.

Die Vorteile:
•    Transaktionen zwischen verschiedenen Chains: Nutzer erhalten Zugang zu einer breiten Palette von Token und Assets von verschiedenen Defi-Plattformen.
•    Cross-Chain-Anwendungen: Da Entwickler verschiedene Chains nutzen können, entstehen neue Kombinationsmöglichkeiten, um leistungsfähige Cross-Chain Web3-Anwendungen zu erstellen.
•    Kombination von Defi und Tradfi (Traditional Finance): Tradfi kann die robuste Sicherheit von Defi für das Vermögen seiner Nutzer nutzen, während der Kryptowährungsraum Zugang zu Geldern aus traditionellen Systemen erhält. 

In einem weiteren Schritt soll Chainlinks CCIP künftig auch die Möglichkeit bieten, Swift-Nachrichten mit der Blockchain zu verknüpfen. Es soll quasi als Übersetzer zwischen den traditionellen technischen Strukturen und der Blockchain zu fungieren. Mit Hilfe von Oracles können dann SWIFT-Transaktionen verarbeitet, in die Sprache der Blockchain übersetzt und in entsprechende Transaktionen auf der Blockchain umgewandelt werden. Dazu wurden bereits erfolgreiche Proof of Concepts mit namenhaften Partnerinstituten durchgeführt.

Fazit

Viele Innovationen zielen darauf ab, traditionelle Finanzsysteme mit neuen Blockchain-basierten Technologien zu verknüpfen. Brückenlösungen wie Chainlinks CCIP bieten einen Weg, um Erfahrungen in diesem neuen und spannenden Markt zu sammeln und gleichzeitig kombinierte Produkte aus Alt und Neu anzubieten. Um die spätere Kompatibilität der eigenen Infrastruktur zum breiteren Markt sicherzustellen, sollte das Thema Interoperabilität daher schon jetzt mitgedacht und verprobt werden.

Was sind Oracles-Netzwerke?
Oracles werden benötigt, um Daten von außerhalb einer Blockchain auf dieser verfügbar zu machen. Dazu beobachten sie zum Beispiel aktuelle Börsenkurse von außerhalb einer Blockchain und stimmen diese mit den Daten innerhalb einer Blockchain ab. Da Falschmeldungen einzelner Oracles sanktioniert werden, kann davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis einer Abstimmung der Wahrheit entspricht. Oracles-Netzwerke schließen die Lücke zwischen Off-Chain-Datenquellen und On-Chain-Prozessen.


Über die Autoren: 

Adam Zgraja berät Banken und Fondsgesellschaften mit Schwerpunkt Wertpapierhandel beim Beratungshaus Cofinpro. Seit 2017 betreut er dort den Bereich Digitale Assets – gemeinsam mit Ruben Leibmann.

Ruben Leibman ist ebenso bei Cofinpro tätig. Er begleitet Banken und Fondsgesellschaften bei der Realisierung von Projekten im Kontext innovativer Technologien.

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