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Robert Halver zur Geldpolitik der EZB „Bei den geldpolitischen Irrwegen wird der Euro zur Leidwährung“

Chefanalyst der Baader Bank Robert Halver
Chefanalyst der Baader Bank Robert Halver: Der Kapitalmarktexperte warnt vor Wohlstandsverlusten durch einen zu schwachen Euro. | Foto: Foto: Robert Halver Baader Bank, Fotomontage: Canva

Gegenwind für Euro so stark, dass man ihn für Windenergie nutzen könnte

Die Dynamik der Euro-Schwäche macht selbst der Währungsabwertung der Schwellenländer Konkurrenz. Und die Parität zum US-Dollar mag nur eine Zahl, ein Nümmerchen sein. Doch wenn ein Euro weniger als ein Dollar wert ist, zehrt das an der Ehre der Gemeinschaftswährung. Sie kann nicht mehr mithalten.

Quelle © Refinitiv, Baader Bank Kapitalmarktanalyse

Wie konnte es bloß soweit kommen?

Zunächst besagt die gute alte Zinsparitätentheorie, dass Anlagegeld grundsätzlich in Länder fließt, die die höchsten Renditen bieten, was wiederum deren Wechselkurse treibt. Umgekehrt funktioniert dieser Mechanismus ebenso: Niedrigere Anleiherenditen in Deutschland - dem wirtschaftsstärksten Euro-Land - gegenüber den USA belasten den Euro gegenüber Dollar im Trend seit 2009.

Quelle © Refinitiv, Baader Bank Kapitalmarktanalyse

Und nach Inflation, die eurozonalen im Vergleich zu US-Rentenanlagen noch mehr Rendite stiehlt, steht der Euro da wie ein angeschlagener Boxer: Der letzte Kampf war einer zu viel.   

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Quelle © Refinitv, Baader Bank Kapitalmarktanalyse

Hierbei ist die EZB verantwortlich, die sich stur wie ein Esel weigert, die Inflation zinspolitisch zu bekämpfen. Im Vergleich ist die Fed wie ein Vampir, der der US-Wirtschaft das Inflations-Blut aussaugt. Das Argument, die EZB habe doch immerhin die Zinswende eingeleitet, zählt nicht. Die Reduzierung von Inflation ist vergleichbar mit der von Übergewicht. Nur ein bisschen ist zu wenig. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel.

Natürlich, stabilitätspolitische Verschärfungen der Geldpolitik setzen wirtschaftlich schwachen und überschuldeten Euro-Ländern besonders zu. Doch ausgerechnet in jenen Ländern, die die Segnungen des Füllhorns der EZB besonders erfahren, ist die Zustimmung zur EU am stärksten auf dem Rückzug. So ist in Italien von der früheren „Euro-Amore“ nicht mehr viel zu spüren.

 

Das zeigt sich dort im aktuellen Wahlkampf, bei dem populistische Parteien in Umfragen vorne liegen, die die europäische Idee dann gut finden, wenn sie das Recht verleiht, die Hand aufzuhalten. Die Pflichten im Euro-Club - z.B. die konsequente Verbesserung der Standortqualitäten - werden dagegen gerne unter den Teppich gekehrt, weil sie Wählern wehtun. Und man hält natürlich auch einen Super-Trumpf in den Händen. Man weiß, dass Eurozone und Euro kaum zu halten sind, wenn Italien von der europäischen Fahne geht.

Doch hat dieses politische Alibi, das den wirtschaftspolitischen Müßiggang und die Aufgabe der Preisstabilität heiligt, einen verdammt hohen Preis. Ein in der Konsequenz schwacher Euro wirkt auf importierte Inflation wie Mentos-Bonbons, die in kohlensäurehaltige Soft Drinks fallen. In Dollar notierende Energiepreise lassen die bereits gewaltige Inflation im Euroraum noch stärker steigen. Kaufkraftverluste und erzwungenes Notsparen der Konsumenten schwächen die Konjunktur wie im Augenblick die Dürre die Flusspegel.

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