Altersvorsorge in Deutschland Jeder 4. Lebensversicherer zahlt Garantie aus Überschüssen
21 der 80 deutschen Lebensversicherer haben im vorigen Jahr nicht ausreichend hohe Kapitalerträge erzielt, um die Garantieversprechen an die Kunden abzudecken. Das berichtet jetzt die unabhängige Versicherungsberatungsgesellschaft Zahl & Recht aus Vechta. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Lebens- und Rentenversicherungen zu überprüfen und zu bewerten. Aktuell haben die Analysten die jüngsten Berichte ausgewertet, die Deutschlands Lebensversicherer einmal im Jahr laut der Mindestzuführungsverordnung veröffentlichen müssen. Darin sollen sie ihre Ertragsquellen im vorherigen Geschäftsjahr offenlegen.
Finanzielle Lage der Lebensversicherer verbessert sich
Ein negatives Zinsergebnis erwirtschafteten 2021 demnach zwölf Versicherer weniger als im Jahr 2020. Allen damals noch 33 von 81 analysierten Lebensversicherern fehlten in der Summe rund 1.024 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die 21 aktuell betroffenen Versicherern erzielten insgesamt ungefähr 639,1 Millionen Euro zu wenig, um die Garantiezinsverpflichtungen gegenüber den Kunden mit ihren Erträgen aus der internen Kaptalanlage vollständig decken zu können. Das entspricht einem Absinken des Fehlbetrages von etwa 37,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, berichtet Diplom-Mathematiker Markus Gieske.
Zwar konnten 2021 sechs Lebensversicherer ihre Garantiezinsversprechen nicht mit ihren Kapitalerträgen decken, nachdem sie das 2020 noch geschafft hatten. Doch 18 Lebensversicherer sind 2021 nicht mehr auf der Negativliste vertreten: Bei 17 von ihnen hat sich die Situation beim Zinsergebnis 2021 im Vergleich zum Vorjahr entspannt. Ihre Rechnungszinsverpflichtungen sind nicht länger größer als ihre Kapitalerträge. Außerdem ist die Öffentliche Lebensversicherung Berlin Brandenburg nicht mehr im Rennen, da ihr Bestand rückwirkend zum 1. Januar auf die Bayern-Versicherung Lebensversicherung übertragen wurde.
Weniger Überschüsse durch negatives Zinsergebnis
Hallo, Herr Kaiser!
Versicherer können seit dem Inkrafttreten des Lebensversicherungsreformgesetzes ein negatives Zinsergebnis mit einem positiven Risikoergebnis oder einem positiven übrigen Ergebnis ausgleichen. Die Kunden erhalten dann einfach weniger Überschüsse. Bei der Landeslebenshilfe und beim Versicherer im Raum der Kirchen Lebensversicherung reichten das Risikoergebnis und das übrige Ergebnis im Geschäftsjahr 2021 allerdings nicht mehr aus, um das negative Zinsergebnis noch auszugleichen. Auch bei anderen Versicherern verschärft sich die finanzielle Situation weiter, während sich die Lage der Branche im Durchschnitt aber insgesamt verbesserte.
Zinsergebnis nicht das einzige Bewertungskriterium
Versicherungsnehmer sollten den Ertragskennzahlen allerdings auch nicht zu viel Gewicht beimessen, betonen die Studienautoren aus Vechta. Die Kapitalerträge und damit auch das Zinsergebnis könnten von den Versicherungsgesellschaften durch die Auflösung von Bewertungsreserven als geschäftspolitische Entscheidung beeinflusst werden. Neben dem Zinsergebnis gebe es eine Vielzahl von weiteren Kriterien – wie beispielsweise die Solvenzquote, die Höhe der Bewertungsreserven und die Höhe der Rückstellungen für Beitragsrückerstattung. Auch sie seien entscheidend, um die Finanzkraft eines Versicherers zu bewerten.