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Assenagon-Chefökonom Friedhofsruhe an den Devisenmärkten?

Die Grafik zeigt den Euro-Dollar-Kurs und den Unsicherheitsindex im Vergleich: Angesichts vieler gegenwärtiger Unsicherheitsfaktoren schwanken die Wechselkurse erstaunlich wenig, findet Martin Hüfner.
Die Grafik zeigt den Euro-Dollar-Kurs und den Unsicherheitsindex im Vergleich: Angesichts vieler gegenwärtiger Unsicherheitsfaktoren schwanken die Wechselkurse erstaunlich wenig, findet Martin Hüfner. | Foto: Assenagon

In letzter Zeit habe ich mich häufiger gefragt, ob der Devisenmarkt noch richtig tickt. In der Vergangenheit waren die Wechselkurse stets eine Art Seismograf für die Stimmung und die Erwartungen der Investoren. Wenn es irgendwo Probleme oder Schwierigkeiten gab, reagierten sie und gingen entweder nach oben oder nach unten. Im Extremfall kam es zu Währungskrisen, bei denen dann auch die Zentralbanken intervenierten. Wenn die Unruhe vorbei war, normalisierten sich auch die Verhältnisse zwischen den Währungen.

Martin Hüfner

Seit einiger Zeit scheint das nun bei den großen Währungen nicht mehr der Fall zu sein. Die Wechselkursschwankungen haben sich deutlich verringert. Beim Euro/Dollar beispielsweise ist das Auf und Ab in den letzten zehn Jahren immer kleiner geworden (siehe Grafik). In der großen Finanzkrise schoss der Euro/Dollar-Kurs noch bis auf fast 1,60 US-Dollar je Euro hoch. In der Eurokrise 2011 ging es nur noch bis auf knapp 1,50. Seit einem halben Jahr bewegt sich der Kurs trotz erheblicher weltwirtschaftlicher Turbulenzen in einem engen Band zwischen 1,10 und 1,15 Dollar je Euro.

Quelle: Bundesbank, Economic Policy Uncertainty/Hüfner

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Selbst das Pfund Sterling hat sich in den teils chaotischen Zeiten nach dem Brexit-Referendum gegenüber dem Euro weniger bewegt als erwartet. Es gab nur kurzfristig eine stärkere Abwertung. Inzwischen liegt das Pfund nur noch um 10 Prozent über dem Kurs von Juni 2016. Wenige erinnern sich vielleicht daran, dass beispielsweise die D-Mark in den 90er Jahren mehrere Male gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent bis 30 Prozent auf- beziehungsweise abgewertet wurde. Nur kleinere Währungen wie die Türkische Lira oder der Argentinische Peso erlebten in jüngster Zeit größere Währungskrisen.

Dabei haben sich die Unsicherheiten, denen die Märkte ausgesetzt waren, keineswegs verringert. Sie sind vielmehr insbesondere seit 2014 deutlich gestiegen. Siehe die Erhöhung des "Economic Policy Uncertainty Index" in der Grafik. Andere Teile der Finanzmärkte wie etwa Aktien oder Bonds haben darauf erheblich reagiert. Der Volatilitätsindex VDAX-NEW hat sich zeitweise nahezu verdoppelt. Die Devisenmärkte verharrten dagegen fast in einer Art "Friedhofsruhe".

Wie kommt das? Zwei große Gründe gibt es dafür. Das eine ist der Euro. Er hat sich nach anfangs turbulenten Zeiten als große, international anerkannte und stabile Währung etabliert. Im Vorfeld seiner Einführung hatte man viel darüber diskutiert, ob das globale Währungssystem durch die Existenz von zwei großen Währungen – dem Euro und dem Dollar – stabiler oder instabiler werden würde. Für beides gab es gute Argumente. Am Ende hat sich gezeigt, dass das System stabiler geworden ist. Das Währungssystem ruht jetzt auf zwei vertrauenswürdigen Pfeilern. Das gilt ungeachtet aller Uneinigkeiten innerhalb der Währungsunion über den weiteren Ausbau. Der Euro bringt nicht nur feste Wechselkurse für die Mitglieder, sondern auch mehr Stabilität für das Währungssystem insgesamt.

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