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Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner Alternative zum Kurs der EZB

Wünscht sich eine frühere Zinswende der EZB: Martin Hüfner, Chefvolkswirt Assenagon
Wünscht sich eine frühere Zinswende der EZB: Martin Hüfner, Chefvolkswirt Assenagon | Foto: Assenagon

Der erste Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, erzählte gerne eine Geschichte aus den ersten Jahren der Währungsunion. Seine Mutter rief ihn damals regelmäßig an, um sich nach seinem Befinden in dem neuen Amt zu erkundigen. Als die EZB den Leitzins eine Zeitlang nicht veränderte, fragte sie ihn unvermittelt: „Sag mal Otmar, arbeitet ihr denn gar nichts mehr? Ihr habt die Zinsen schon so lange nicht mehr verändert.“

Tatsächlich gehört es zum normalen Verhalten der Notenbanken, dass sie in ihren Board-Sitzungen regelmäßig die gesamtwirtschaftliche Lage analysieren und daraus Schlussfolgerungen für ihre Geldpolitik ziehen. In den ersten zehn Jahren ihrer Existenz hat die EZB über 30 Mal die Zinsen verändert. Das sind im Schnitt drei Mal im Jahr. Das ist normal.

Seit einiger Zeit ist das aber anders. Die letzte Zinsmaßnahme der EZB liegt nun schon mehr als zwei Jahre zurück. Das ist ungewöhnlich lang. Es liegt sicher nicht daran, dass der Governing Council faul geworden ist. Es gibt dafür vielmehr gute Gründe. Die Wirtschaft brauchte nach dem schweren Einbruch der großen Finanzkrise zuerst einmal Ruhe. Sie sollte nicht durch dauernde geldpolitische Maßnahmen verunsichert werden. Zudem waren die makroökonomischen Schwankungen nicht so groß, dass sie dauerndes Eingreifen der Notenbank erforderten. Es gab keine größeren Gefahren für die Preisstabilität.

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Auch hat sich das Instrumentarium der Notenbank durch die sogenannten unkonventionellen Maßnahmen erweitert. Zinsveränderungen spielten nicht mehr die herausragende Rolle. Vor allem gab es die Wertpapierkäufe der Zentralbank, die in den letzten Jahren eine große Rolle spielten. An dieser Schraube hat die EZB viel gedreht.

Jetzt aber ändert sich die Situation. Die Zinspolitik rückt wieder in den Fokus. Das liegt einmal daran, dass die Wertpapierkäufe auslaufen. Damit muss sich die Zentralbank wieder mit ihren traditionellen Instrumenten befassen, also den Zinsen. Hinzu kommt, dass sich das ökonomische Umfeld verändert. Das reale Sozialprodukt wächst wieder. Der Höhepunkt des Zyklus liegt vielleicht sogar schon hinter uns. Die Preissteigerung geht nach oben. Sie liegt derzeit mit 2,1 Prozent schon wieder über dem Ziel. Selbst die Arbeitslosigkeit verringert sich. Da stellt sich auch die Frage, ob die Geldpolitik nicht reagieren müsste.

International ändert sich das Zinsklima. In vielen Ländern werden die Leitzinsen derzeit angehoben, oder es wird wenigstens darüber nachgedacht. Am weitesten sind hier die Vereinigten Staaten, die die Fed Funds insgesamt schon sieben  Mal erhöht haben. Seit Jahresbeginn haben nach meiner Zählung insgesamt acht größere Zentralbanken ihre Leitzinsen angehoben. Dazu gehören Großbritannien, Kanada, die Tschechische Republik, Indien und Mexiko.

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