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in Corona-KriseLesedauer: 5 Minuten

Chefanalyst Robert Halver Leidet die Börse unter pathologischem Realitätsverlust?

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Anders als noch Ende Februar bzw. Anfang März werden die Börsen von schrecklichen Wirtschaftsnachrichten nicht mehr negativ überrascht. Wer Regenwetter erwartet, kann von tatsächlichen Niederschlägen nicht mehr geschockt werden.  

Überhaupt bewerten Aktienanleger die weltweit gewaltigen Fiskalprogramme in Höhe von zweistelligen Billionenbeträgen als Maßnahmen zum Wiederdurchstarten. Sie erwarten, dass sich das mit Zeitverzug auch in steigenden Unternehmensumsätzen und -gewinnen niederschlägt.

Und bei aller Stabilitätskritik an der EZB muss man zeitgleich den „Kollateralnutzen“ für Aktien berücksichtigen. Man muss immer das Beste aus einer Situation machen. Die Liquiditätshausse, die aus der planwirtschaftlichen Zinsdrückung resultiert, ist lebendiger denn je. Selbst Unternehmensanleihen dienen nicht als zinsseitige Ersatzbefriedigung, weil die Notenbanken auch bei ihnen zunehmend die Rolle des Staubsaugers übernehmen.

Die Malaise von Zinspapieren ist noch größer, wenn man die Inflation miteinbezieht. Doch ist zukünftig nicht von einer Hyperinflation auszugehen. Zunächst trifft eine nach Corona wiedererstarkende Nachfrage auf international zügig reaktivierbare Lieferketten. Die Globalisierung ist ja nicht tot. Ebenso wird der Ölpreis nicht zum Inflationstreiber.

Jeder markante Preisanstieg bei Opec-Öl wird von der Fracking-Industrie in Amerika wegen höherer Marge mit freudig erregter Produktionsausweitung ausgenutzt, was die Ölpreise insgesamt wieder fallen lässt. Daneben darf der preisdämpfende Einfluss der zunehmenden Digitalisierung nicht unterschätzt werden, deren Vorteile sich in der Corona-Krise - siehe Home Office - klar zeigen.  

Lange wurde theoretisch behauptet, dass geldpolitische Völlerei langfristig zu Inflation führen muss. Doch trotz der schon vor Corona dramatischen Liquiditätsschwemme vermochte es die EZB seit 2013 praktisch nicht, die Inflation auf die Zielgröße von zwei Prozent zu heben. Dieses Phänomen lässt sich in vielen westlichen Ländern mit Druckbetankung beobachten.  

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