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Deka-Chefvolkswirt über Deflationsspirale „Ölpreisanstieg setzt sich fort - bis 65 Dollar je Barrel“

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Sollte die EZB ihr QE-Programm ausweiten?  Kater: Der Nutzen einer weiteren Ausweitung des QE-Programms durch die EZB für die Realwirtschaft ist fraglich. Ohne eine Verbesserung der konjunkturellen Aussichten ist ein weiterer Anstieg der Kreditvergabe unwahrscheinlich, und der Effekt erschöpft sich in einer Zunahme  der  Überschussliquidität im Bankensystem. Wenn die EZB das erweiterte Wertpapierkaufprogramm, wie von uns erwartet verlängert, beziehungsweise bei ausbleibendem Inflationsdruck auf andere Assetklassen ausweitet und/oder die monatlichen Käufe aufstockt, birgt dies außerdem die Risiken einer zunehmenden Marktverzerrung. Anleger würden im weiterhin anhaltenden Niedrigzinsumfeld dann noch stärker als bislang in risikoreiche Assetklassen gedrängt. 

Die negativen Effekte einer selbst  sehr langsamen und schrittweise erfolgenden Einstellung der QE-Maßnahmen werden umso deutlicher ausfallen, je länger sich die Marktteilnehmer an das "billige" Geld gewöhnt haben. Der steigende Verschuldungsgrad der Staaten und Unternehmen macht diese anfällig für eine Normalisierung der Geldpolitik. Dies konnte man bereits an den Kapitalabflüssen aus den Schwellenländern beobachten, nachdem sich die Zinswende in den USA abgezeichnet hatte. Es stellt sich nicht zuletzt die Frage, wie die EZB auf die nächste „große“ Krise reagieren kann, wenn sie ihren Handlungsspielraum bereits jetzt voll ausreizt.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann weist darauf hin, dass Verbraucher und Unternehmen durch den gesunkenen Ölpreis fast 25 Milliarden Euro mehr in der Tasche hätten. Das würde die Wirtschaft ankurbeln, ist Weidmann überzeugt. Daher ist für ihn eine Deflationsspirale vom Tisch. Stimmen Sie ihm zu?

Kater: Die Binnenkonjunktur ist in der Tat aktuell eine stabile Stütze im Euroraum und die gesunkenen Energiepreise tragen einen entschiedenen Teil dazu bei. Wir rechnen aber damit, dass der Rückenwind durch die Energiepreise im nächsten Jahr abflauen dürfte. Und das von uns prognostizierte Wachstum des BIPs im Euroraum von 1,5 Prozent in diesem Jahr ist schlichtweg zu gering, um alle Deflationssorgen vom Tisch zu kehren, vor dem Hintergrund der massiven Stimuli durch den Wechselkurs des Euros, dem Ölpreis und Niedrigzinsumfeld. 

Ölpreis ist für viele Experten die Lösung: Ziehen die Preise für Rohstoffe an, steigt auch die Inflation. Die Frage ist nur, wann der Ölpreis steigen wird. Was schätzen Sie? 

Kater: Der Ölpreis ist zuletzt leicht gestiegen und wir rechnen damit, dass sich dieser Trend angebotsseitig bestimmt weiter fortsetzen wird – bis zu einem neuen Gleichgewichtspreis im Bereich von 65 US- Dollar je Barrel im nächsten Jahr. Dies basiert auf der Annahme, dass ein Großteil des aktuellen Überangebots durch eine in Zukunft niedrigere US-Ölproduktion beseitigt wird, bei gleich bleibenden Fördermengen durch die OPEC und die globale Ölnachfrage 2015 und 2016 um durchschnittlich ein bis 1,5 Prozent zunimmt. Der niedrige Ölpreis hat in der Tat seit Spätherbst 2014 zu einem massiven Einbruch der Anzahl aktiver Öl-Bohranlagen in den US geführt, welche als Indikator für die künftige US-Ölproduktion dienen.

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