Festverzinsliche Wertpapiere Das Ausfallrisiko für europäische Hochzinsanleihen steigt
In der Mitte des zweiten Quartals 2023 prognostiziert Columbia Threadneedle für europäische Hochzinsanleihen Ausfallquoten von 1,4 Prozent für die nächsten zwölf Monate und 3,7 Prozent für die nächsten 24 Monate (Tabelle 1 und Tabelle 2). Unsere Gesamtprognose ist im Grunde seit Oktober unverändert, der längerfristige Blick fällt aber etwas schlechter aus. Als Hintergrundinformation sei erwähnt, dass Moody‘s die langfristige durchschnittliche globale Gesamtausfallquote für Anleihen des spekulativen Segments mit 4,1 Prozent für einen 12-Monats-Zeitraum und 8,2 Prozent für einen 24-Monats-Zeitraum beziffert.
Die Gründe für unsere Prognose
Columbia Threadneedle Investments begründet seine Vorhersage der Ausfallquoten vor allem mit den folgenden fünf Punkten:
- Eintritt des Zahlungsverzugs bei Adler. Nach der Genehmigung des Sanierungsplans für den deutschen Immobilienkonzern im letzten Monat ist das Ausfallrisiko erheblich gesunken. Andernfalls hätte unsere 12-Monats-Prognose um 0,2 Prozent und unsere 24-Monats-Prognose um 0,3 Prozent höher gelegen.
- Europäische Energiepreise. In Europa ist die erhöhte Besorgnis über die Energiepreise abgeklungen, die im Großteil des zweiten Halbjahrs 2022 geherrscht hatte. Schlimmere negative Wachstums- und Inflationsszenarien sind offenbar vorläufig vom Tisch.
- Bessere Finanzierungsbedingungen. Dank der nicht so schlechten fundamentalen Aussichten ist die durchschnittliche Rendite für Emittenten europäischer Hochzinsanleihen (laut dem ICE Bank of America HPS2 Index) gegenüber dem Höchststand der Nach-Corona-Zeit von 7,6 Prozent im Oktober 2022 um rund 120 Basispunkte auf derzeit 6,4 Prozent zurückgegangen. Dies hat die Wiedereröffnung des Primärmarkts in den letzten Wochen erleichtert und einige Refinanzierungsgeschäfte für bestehende Fälligkeiten im Zeitraum 2024/2025 ermöglicht.
- Alternative Finanzierungsquellen. Nebenbei war eine Zunahme von Finanzierungsquellen wie Forderungsfinanzierung und Exportkrediten zu beobachten, was zum Ausbau der kurzfristigen Liquiditätsversorgung und zur Verlängerung der Fälligkeiten für den Finanzierungsbedarf der nahen Zukunft beigetragen hat.
- Heranrollende Fälligkeitswelle 2025. Nachdem der europäische Primärmarkt erst kürzlich wiedereröffnet wurde, rollt immer noch eine beachtliche Fälligkeitswelle zur Refinanzierung heran. Dies hat unsere Ausfallprognose, insbesondere den 24-Monats-Wert, für eine Reihe von Emittenten in die Höhe getrieben.
Tabelle 1: Immobilienwirtschaft kurzfristig stabiler. Ausfallprognose für Hochzinsanleihen nach Sektoren und Ratingkategorien (12 Monate)
Unsere Prognose für einzelne Branchen
Im Folgenden haben wir für verschiedene Sektoren die Gründe für unsere Einstufung zusammengetragen.
- Technologie, Medien & Telekommunikation und Versorger – immer noch ein sicherer Hafen. Ein Grund sind die von Natur aus stabilen, nicht-zyklischen Geschäftsmodelle. Außerdem gibt es in diesem Sektor einen günstigen Mischeffekt in Form von Hybridemittenten und Emittenten des Large-Cap-Segments mit kräftig verlängerten Fälligkeitsstrukturen. Der augenfällige Anstieg der Ausfallquote bei den Versorgern ist auf die Aufnahme des Gaspipeline-Betreibers EP Infrastructure zurückzuführen, der vorher dem Energiesektor angehörte. Der Rückgang der Ausfallquote im Mediensektor ist der United Group zuzuschreiben, deren Liquiditätslage sich nach dem angekündigten Verkauf des Sendemastgeschäfts verbessern wird.
- Freizeit und Transportwesen – weiterhin als risikoreich eingestuft. Die gefährdeten Konsumausgaben und etwas kurzfristiger ausgelegte, schuldenlastige Kapitalstrukturen bleiben ein Problem.
- Immobilienwirtschaft – von spezifischen Faktoren geprägt. Der Rückgang der Ausfallprognose kommt ausschließlich durch die Adler Group zustande, bei der diesen Monat nach der Genehmigung des Sanierungsplans der Zahlungsverzug effektiv eingetreten ist.
- Automobilbranche – negative Effekte weitgehend durch solide Bilanzen wettgemacht. Die nachlassenden Lieferkettenprobleme und Inflationssorgen in diesem Jahr werden durch einen drohenden Schwund der Ausgaben für verzichtbare Konsumgüter ausgeglichen. Die Bilanzen sind im Allgemeinen sehr solide. Dies gilt vor allem für die größeren Emittenten mit BB-Rating.
- Einzelhandel – Refinanzierungsdruck. Der Sektor verzeichnet einen erheblichen Anstieg der erwarteten Ausfallquote. Verantwortlich hierfür sind hauptsächlich zwei Emittenten: der Tankstellenbetreiber EG Group und die französische Supermarktkette Casino. Ersterer ist überschuldet und sieht ab Februar 2025 einer massiven Fälligkeitswelle entgegen, während Letztere sich um einen Schuldenabbau bemüht und große Mengen Bargeld verbrennt. Casino hat 2024 und 2025 fällig werdende Darlehen, die nur dann zurückgezahlt werden können, wenn das Unternehmen seinen schon mehrfach verschobenen Veräußerungsplan umsetzt.
Tabelle 2: Vorsicht beim Einzelhandel. Ausfallprognose für Hochzinsanleihen nach Sektoren und Ratingkategorien (24 Monate)