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DWS-Experte Frank Breiting im Interview zur Riester-Reform

DAS INVESTMENT: 2022 ist als Jahr der geopolitischen Zeitenwende in die Geschichte eingegangen. In der Geldpolitik sticht die eingeleitete Zinswende infolge der Rekordinflation hervor. Wie bewerten Sie das vergangene Jahr aus der Sicht der Anbieter von Riester-Produkten?
Frank Breiting: 2022 war ein besonderes Jahr für viele Riester-Depots. Denn die Zinsen am Kapitalmarkt sind wieder deutlich gestiegen: für eine 30-jährige Bundesanleihe zum Beispiel von 0,17 Prozent zum Jahresbeginn auf 2,46 Prozent am Jahresende. Für uns bedeuten die steigenden Anleihezinsen zwar, dass wir bei unseren Garantieprodukten jetzt wieder verstärkt in Aktien investieren können. Bei steigenden Zinsen fallen jedoch auch die Kurse von Anleihen im Bestand. Insbesondere Rentenfonds, die vorwiegend in langlaufende Titel investieren, stehen aktuell tief im Minus. Ein Beispiel dafür ist der DWS Vorsorge Rentenfonds XL Duration, der vor allem Euro-Anleihen mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von mehr als 30 Jahren enthält.
Welche Reaktionen stellen Sie bei Ihren Kunden fest, die von einem besonders krisenfesten Investment ausgegangen sind?
Breiting: Die hohen Buchverluste dürften viele unserer Kunden beunruhigen. Sie waren in den vergangenen Jahren der Negativ- und Niedrigzinsen eher an Buchgewinne gewöhnt. Das habe ich schon bei so manchen verärgerten Kunden erlebt, die sich per Telefon bei uns melden. Und ich erwarte noch viel mehr Anrufe im Frühling. Denn ab März verschicken wir unsere Kundenbriefe mit den Vermögensständen zum Stichtag 31. Dezember, die oftmals unter den Vorjahreswerten liegen. Hierzu wird es sicherlich viele Nachfragen und einen erhöhten Beratungsbedarf geben.
Was sagen Sie und Ihre Kollegen diesen Kunden?
Breiting: Dass diese Buchverluste nur dann realisiert werden, wenn man die Wertpapiere jetzt verkauft. Deshalb sollten Riester-Sparer nun nicht nervös werden und im Affekt ihren Vertrag kündigen, schließlich garantiert ihr Produktanbieter mindestens die gezahlten Beiträge zum Beginn der Rentenphase. Wer hingegen vorzeitig aussteigt, muss auch die staatlichen Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen.
Teilweise würden uns manche Kunden deshalb nach der Auflösung des Depots sogar noch Geld schulden, das wir an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen beziehungsweise das Finanzamt weiterleiten müssen. Das geschieht, wenn Zulagen und Steuervorteile das aktuelle Guthaben übersteigen. Was Anleger wissen sollten: Nach einer Kündigung gibt es kein Zurück mehr. Bei akuten Zahlungsschwierigkeiten ist es daher fast immer sinnvoller, den Riester-Vertrag weiterzuführen, oder aber beitragsfrei zu stellen.