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Stolls Fondsreisen Geht in Japan die Börsensonne auf?

Senso-Ji-Tempel und Sky Tree Tower in Tokio
Senso-Ji-Tempel und Sky Tree Tower in Tokio: In Japan ist Inflation kein großes Thema. Viele Aktien sind an der Börse in Tokio günstig bewertet. | Foto: imago images agefotostock

Japan trauert um Shinzo Abe. Der ehemalige Ministerpräsident wurde am vergangenen Freitag bei einer Wahlkampfrede erschossen. Nur zwei Tage später, am Sonntag, errang seine konservative Liberaldemokratische Partei (LDP) einen großen Sieg im Oberhaus. Für die kommenden drei Jahre hat Präsident Fumio Kishida eine solide Machtbasis, um die gewaltigen Herausforderungen seines Landes anzugehen. Kishida sagte am Wahlabend bereits, worauf sein Augenmerk liegt: In erster Linie will das Staatsoberhaupt Japans wirtschaftliche Erholung vorantreiben. Die Pläne liegen bereits seit längerem auf dem Tisch. Ein Konjunkturpaket von rund 30 Billionen Yen (rund 230 Milliarden Euro) solle geschnürt werden, heißt es. Des Weiteren steht die Eindämmung der Corona-Pandemie sowie die Bekämpfung der Inflation auf dem Plan. Von Vorteil: Im Gegensatz zu Europa und den USA zieht die Teuerung in Japan nur moderat an. Im Mai lag sie bei 2,5 Prozent.

Schwache Währung

Im zurückliegenden Jahr wuchs die weltweit drittgrößte Volkswirtschaft um 1,7 Prozent zum Vorjahr. Es war das erste Wachstum seit drei Jahren. Damit das so bleibt, setzt Japans Zentralbankchef Haruhiko Kuroda sein milliardenschweres Anleihekaufprogramm unvermindert fort. Zinserhöhungen stehen nicht auf der Agenda. Die lockere Geldpolitik belastet jedoch Japans Währung, der Yen steht seit Jahren unter Druck.

So fiel die Währung zwischen 2012 und 2015 gegenüber internationalen Währungen wie dem US-Dollar oder dem Euro um rund 40 Prozent. Auf Sicht eines Jahres wertete der Yen gegen den US-Dollar um 25 Prozent ab. Einerseits ist das vorteilhaft für die exportorientierten Unternehmen des Landes, die von einer schwachen Währung profitieren, da ihre Produkte weltweit attraktiver werden. Andererseits verteuern sich zahlreiche Produkte beziehungsweise Rohstoffe, die aus dem Ausland importiert werden müssen.

Viele Börsianer schlagen um Nippon-Aktien seit jeher einen großen Bogen. Zu tief sitzen die Erinnerungen, denn über viele Jahre hinweg war mit japanischen Papieren nichts zu verdienen. Anfang der 1990er Jahre ist die Börse mit dem Platzen der Immobilienblase dramatisch unter die Räder gekommen. Der Nikkei verlor binnen Jahresfrist über 40 Prozent an Wert. Japan stürzte in eine schlimme Krise, obwohl das Land in den 1980er Jahren aufgrund seiner Dynamik und Innovationsfähigkeit zum Motor der Weltkonjunktur aufgestiegen war. Damals wandelte sich Japan von einem Chemie- und Schwerindustriestandort hin zu einer modernen Schmiede der Hightech- und Elektroindustrie.

Auch zehn Jahre später wollte bei Anlegern so gar kein Lächeln aufkommen. Der Nikkei dümpelte weit unter seinen ursprünglichen Höchstständen (37.700 Punkte) aus dem Jahr 1990, die er bis heute nicht mehr gesehen hat. Andere Indizes, wie der S&P 500 waren dagegen längst enteilt und hatten sich verdreifacht. Selbst im Jahr 2012 stand das japanische Börsenbarometer felsenfest bei 8800 Punkten und kam nicht vom Fleck.

Demografische Herausforderung

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Ein anderer Grund, der reihenweise für Skepsis sorgt: Die Überalterung der Gesellschaft. Japan ist binnen eines Jahrhunderts vom Nachzügler zum Vorreiter geworden. Lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt Anfang des 20. Jahrhunderts noch deutlich unter denen europäischer Länder, ist Japan nunmehr zum ältesten Land der Welt aufgestiegen. Über 50.000 Japaner sind über 100 Jahre alt. Das spricht zwar für die hohe Lebensqualität, beseitigt aber nicht das Demographieproblem. Die erschreckende Prognose: Im Jahr 2060 werden 40 Prozent aller Einwohner über 60 Jahre alt sein. Im Jahr 2013 waren es noch 25 Prozent. Die Bevölkerung schrumpft, die Wirtschaft stagniert. Den Gedanken spielen auch Investoren durch. Je älter, desto miserabler! Dynamik, Fortschritt und Innovationen passen nicht zu einer ergrauten Gesellschaft. Wer so denkt, denkt aber womöglich zu kurz.

 

Aus Japan stammen nach wie vor einzigartige Unternehmen. Und die verkaufen ihre Produkte in alle Welt. Insbesondere im Technologiesektor gibt es zahlreiche innovative Weltmarktführer. So gehört etwa Fanuc zu den führenden Roboterherstellern der Welt. Die Firma verkauft jeden Monat rund 8000 Roboter weltweit, vor allem an Automobilhersteller. Sonys Playstation steht bei Jugendlichen ganz oben auf den Wunschlisten zum Weihnachtsfest. Oftmals sind die Konsolen gar ausverkauft. Kopenhagens hypermodernes U-Bahn-System wird nicht von Dänen oder dem deutschen Spezialisten Siemens automatisiert, sondern von Hitachi aus Japan.

Nicht zu vergessen: die traditionsreiche Automobilbranche, allen voran der 1937 gegründete Konzern Toyota. Im Jahr 2020 stellten die Japaner rund 9,53 Millionen Fahrzeuge her und waren damit vor Volkswagen nach Produktionszahlen der weltweit größte Autobauer. Bis zum Jahr 2030 will der Konzern umgerechnet 11,5 Milliarden Euro in den Ausbau der Batterieproduktion für Elektroautos stecken. Bereits in vier Jahren sind 15 neue Elektromodelle geplant. Die geplanten Gelder kommen aus dem Cashflow des Autobauers.

Die entscheidende Wende zum Besseren kam im Jahr 2013 mit dem nun verstorbenen Premierminister Shinzo Abe, der es geschafft hat, mit dem nach ihm benannten Wirtschaftsprogramm „Abenomics“ die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Umgerechnet dutzende Milliarden US-Dollar wurden ausgegeben für die Infrastruktur des Landes, sowie für Beihilfen und Subventionen in strategisch wichtigen Sektoren. Dazu kam eine ultralockere Geldpolitik mit Niedrigzinsen und großzügigen Kreditkonditionen. Dabei konnte sich Abe gewiss sein, dass die japanische Zentralbank ihm unverdrossen folgte. Japans Staatsverschuldung stieg dadurch zwar weiter an, aber die Staatsanleihen blieben im Lande.