Marco Bargel: „Die EZB wird den Leitzins weiter auf 1,0 Prozent senken“
Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank
Der Rat der Europäischen Zentralbank hat heute seinen Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent gesenkt. Der Schritt kam zum jetzigen Zeitpunkt überraschend, da der EZB-Rat erstmals unter Leitung des neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi tagte.
Selbst geldpolitische Tauben hatten erwartet, dass sich Rat und Präsident vor dem Hintergrund einer Inflationsrate von aktuell 3,0 Prozent zumindest eine gewisse Schonfrist verordnen und bestenfalls eine Zinssenkung für die kommende Zinssitzung ankündigen würden.
Düstere Aussichten
Auf der anschließenden Pressekonferenz begründete der neue EZB-Präsident die geldpolitische Lockerung sowohl mit der Konjunktur-, als auch mit der Preisentwicklung. Die wirtschaftlichen Aussichten sind nach Ansicht des EZB-Rates außergewöhnlich unsicher. Die Abwärtsrisiken hätten sich sogar noch intensiviert und zum Teil auch bereits materialisiert.
Draghi stellte deshalb für die kommende EZB-Sitzung nicht nur eine signifikante Abwärtsrevision der Wachstumsprognose für das Jahr 2012 in Aussicht. Vielmehr rechnet die EZB jetzt auch mit einer leichten Rezession im Euroraum.
Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung wird, nach Ansicht der EZB, der Druck auf Preise, Kosten und Löhne nachlassen. Sie erwartet zwar, dass die Inflationsrate noch für einige Monate über 2 Prozent liegen wird. Im Verlauf des Jahres 2012 soll sie aber unter diese Marke fallen. Zudem führte Draghi aus, dass die Zinssenkung auch deshalb erfolgt sei, weil der Inflationsdruck bereits nachgelassen habe.
Vorfahrt für Konjunkturpolitik
Mit der heutigen Entscheidung und vor allem mit ihrer Begründung hat die EZB ihrer stabilitätspolitischen Glaubwürdigkeit unseres Erachtens einen Bärendienst erwiesen. Insbesondere der Verweis auf einen gesunkenen Inflationsdruck ist nicht nachvollziehbar. Die Inflation im Euroraum war zuletzt sogar wieder gestiegen, auf immerhin 3 Prozent. Die Kerninflation befindet sich - wenn auch von niedrigem Niveau aus - in einem Aufwärtstrend.
Es entsteht der Eindruck, dass das Ziel der Preisstabilität auch von der EZB in der aktuellen Lage zunehmend marginalisiert wird. Draghi stand zwar bisher nicht im Verdacht eine ausgewiesene geldpolitische Taube zu sein. Mit der heutigen Entscheidung hat er unseres Erachtens aber klar gezeigt, dass für ihn - wie für den gesamten EZB-Rat - konjunkturelle Überlegungen im Zweifelsfall Vorrang vor dem Ziel der Preisniveaustabilität haben.
Erste Ansätze zu einer Normalisierung des Zinsniveaus sind vorerst im Sande verlaufen. Die negativen Nebenwirkungen einer jahrelangen Niedrigzinspolitik sind evident und auch von einzelnen EZB-Vertretern immer wieder angesprochen worden.
Es bleibt zu hoffen, dass die EZB mit Blick auf eine qualitative Lockerung - anders als die Fed und die Bank of England - einen eher vorsichtigen Kurs fährt.
In der aktuellen Situation einer sich verschärfenden Verschuldungskrise ist die Versuchung besonders groß, den politisch einfacheren Weg einer Monetisierung der Staatsschuld einzuschlagen, also die Notenpresse anzuwerfen. Der potenzielle Schaden für das Ziel der Preisniveaustabilität und die Reputation einer Notenbank wäre bei einer solchen Strategie sehr hoch.
Wir erwarten nunmehr, dass die EZB ihren Leitzins weiter auf 1,0 Prozent senken wird, wahrscheinlich Anfang kommenden Jahres, möglicherweise aber auch schon auf ihrer Dezembersitzung. Auf diesem Niveau dürfte er dann für den Rest des kommenden Jahres bleiben.
Selbst geldpolitische Tauben hatten erwartet, dass sich Rat und Präsident vor dem Hintergrund einer Inflationsrate von aktuell 3,0 Prozent zumindest eine gewisse Schonfrist verordnen und bestenfalls eine Zinssenkung für die kommende Zinssitzung ankündigen würden.
Düstere Aussichten
Auf der anschließenden Pressekonferenz begründete der neue EZB-Präsident die geldpolitische Lockerung sowohl mit der Konjunktur-, als auch mit der Preisentwicklung. Die wirtschaftlichen Aussichten sind nach Ansicht des EZB-Rates außergewöhnlich unsicher. Die Abwärtsrisiken hätten sich sogar noch intensiviert und zum Teil auch bereits materialisiert.
Draghi stellte deshalb für die kommende EZB-Sitzung nicht nur eine signifikante Abwärtsrevision der Wachstumsprognose für das Jahr 2012 in Aussicht. Vielmehr rechnet die EZB jetzt auch mit einer leichten Rezession im Euroraum.
Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung wird, nach Ansicht der EZB, der Druck auf Preise, Kosten und Löhne nachlassen. Sie erwartet zwar, dass die Inflationsrate noch für einige Monate über 2 Prozent liegen wird. Im Verlauf des Jahres 2012 soll sie aber unter diese Marke fallen. Zudem führte Draghi aus, dass die Zinssenkung auch deshalb erfolgt sei, weil der Inflationsdruck bereits nachgelassen habe.
Vorfahrt für Konjunkturpolitik
Mit der heutigen Entscheidung und vor allem mit ihrer Begründung hat die EZB ihrer stabilitätspolitischen Glaubwürdigkeit unseres Erachtens einen Bärendienst erwiesen. Insbesondere der Verweis auf einen gesunkenen Inflationsdruck ist nicht nachvollziehbar. Die Inflation im Euroraum war zuletzt sogar wieder gestiegen, auf immerhin 3 Prozent. Die Kerninflation befindet sich - wenn auch von niedrigem Niveau aus - in einem Aufwärtstrend.
Es entsteht der Eindruck, dass das Ziel der Preisstabilität auch von der EZB in der aktuellen Lage zunehmend marginalisiert wird. Draghi stand zwar bisher nicht im Verdacht eine ausgewiesene geldpolitische Taube zu sein. Mit der heutigen Entscheidung hat er unseres Erachtens aber klar gezeigt, dass für ihn - wie für den gesamten EZB-Rat - konjunkturelle Überlegungen im Zweifelsfall Vorrang vor dem Ziel der Preisniveaustabilität haben.
Erste Ansätze zu einer Normalisierung des Zinsniveaus sind vorerst im Sande verlaufen. Die negativen Nebenwirkungen einer jahrelangen Niedrigzinspolitik sind evident und auch von einzelnen EZB-Vertretern immer wieder angesprochen worden.
Es bleibt zu hoffen, dass die EZB mit Blick auf eine qualitative Lockerung - anders als die Fed und die Bank of England - einen eher vorsichtigen Kurs fährt.
In der aktuellen Situation einer sich verschärfenden Verschuldungskrise ist die Versuchung besonders groß, den politisch einfacheren Weg einer Monetisierung der Staatsschuld einzuschlagen, also die Notenpresse anzuwerfen. Der potenzielle Schaden für das Ziel der Preisniveaustabilität und die Reputation einer Notenbank wäre bei einer solchen Strategie sehr hoch.
Wir erwarten nunmehr, dass die EZB ihren Leitzins weiter auf 1,0 Prozent senken wird, wahrscheinlich Anfang kommenden Jahres, möglicherweise aber auch schon auf ihrer Dezembersitzung. Auf diesem Niveau dürfte er dann für den Rest des kommenden Jahres bleiben.
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