Private Krankenversicherung (PKV) PKV-Verband warnt vor Milliardenlücke für die Pflege
Die aktuellen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums zur Reform der Pflegeversicherung sehen eine deutliche Ausweitung der Leistungen vor – und würden zu einer massiven zusätzlichen Belastung der Steuerzahler führen. Davor warnen jetzt die privaten Krankenversicherer.
Denn die neuen Ausgaben sollen über einen dauerhaften steuerfinanzierten Zuschuss aus dem Staatshaushalt an die Soziale Pflegeversicherung finanziert werden. Gesundheitsminister Jens Spahn beziffert den Finanzbedarf im ersten Jahr 2022 auf 5,1 Milliarden Euro.
Ohne den Steuerzuschuss würden die Pflegebeiträge so stark steigen, dass die gesamten Sozialabgaben die 40-Prozent-Marke überschreiten. Sie gilt als Obergrenze für die wirtschaftlich gerade noch verkraftbaren Lohnzusatzkosten in Deutschland, um Arbeitsplätzen nicht zu gefährden.
Steigende Personalkosten in der Pflege
Auf Basis von Spahns Arbeitsentwurf hat das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) analysiert, was die neue Reform auf Dauer kosten würde. Die Berechnung basiert auf einem jährlich 3-prozentigen Anstieg der Personalkosten, die etwa zwei Drittel aller Pflegekosten ausmachen.

Nach Angaben des Verbands der Privaten Krankenversicherung muss die Politik aber auch die Kosten ausgleichen, die durch die demografische Alterung entstehen. Ansonsten sei das erklärte Ziel, den Beitragssatz der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) stabil zu halten, nicht zu erreichen.
Die Summe aus der sogenannten pflegespezifischen Inflation und dem Demografie-Effekt zeige: Bereits 2022 wären statt geplanter 5,1 Milliarden 5,8 Milliarden Euro Bundeszuschuss erforderlich. Und er müsste weiter stark steigen: bis 2030 auf 14,2 Milliarden Euro pro Jahr.
Lücke von mehr als 90 Milliarden Euro
Die Kosten der geplanten Pflegereform würden sich demnach also schon binnen acht Jahren weit mehr als verdoppeln (siehe Grafik oben). Insgesamt kämen damit auf die Steuerzahler bis zum Jahr 2030 zusätzliche Lasten in Höhe von mehr als 90 Milliarden Euro zu.
Das WIP ist bei seiner Prognose von der optimistischen Annahme ausgegangen, dass Ausgaben und Einnahmen der Pflegeversicherung bis 2030 jährlich mit derselben Rate wachsen. Die Erfahrung zeige jedoch, dass die Ausgaben stets schneller stiegen als die Einnahmenbasis.
Im Schnitt der Jahre 1999 bis 2019 wuchsen in der SPV die Ausgaben pro Jahr um 3,2 Prozentpunkte stärker als die Einnahmen. Selbst wenn dieser Kosteneffekt in der Zukunft nur noch 3,0 Prozentpunkte pro Jahr betragen würde, liege der zusätzliche Finanzbedarf 2030 über 34 Milliarden Euro.
Das wäre mehr als das Fünffache der anfänglichen Beträge, rechnet der Verband der privten Krankenversicherer vor. In Summe würden damit die zusätzlichen Lasten für die deutschen Steuerzahler in den kommenden acht Jahren auf mehr als 180 Milliarden Euro geradezu explodieren.
Zuschlag zum pflegebedingten Eigenanteil
Nach dem bislang bekannt gewordenen Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums soll für stationär Pflegebedürftige ein Zuschlag zum pflegebedingten Eigenanteil gezahlt werden,. Dieser soll nach der Dauer des Heimaufenthalts gestaffelt ausfallen.
Im zweiten Jahr erhalten die betroffenen Pflegebedürftigen einen Zuschuss von 25 Prozent, im dritten Jahr von 50 Prozent und im vierten Jahr von 75 Prozent. Hinzu kommen Impulse für höhere Löhne der Pflegekräfte und neue Hilfen für pflegende Angehörige.