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Schwellenmärkte „Nicht mit Kleingeld zufrieden geben – sondern in die Zukunft schauen“

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Sie sind in China und Indien investiert, in welchen Ländern sehen Sie für Ihren Fonds weitere Chancen?

Marshall-Lee: Wir sind seit längerem an Investments in Nigeria interessiert. Wir warten hier seit drei Jahren auf unsere Chance. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten dürfte hier ein Einstieg erfolgen, sobald sich die Währung wieder stabilisiert hat. In Malaysia hingegen haben sich viele Firmen bereits gut entwickelt, hier erwarten wir nicht mehr so hohe Zuwächse wie sie in Nigeria möglich sein werden. Wir sind stets auf der Suche nach Firmen, die uns einen Zuwachs unseres investierten Kapitals in Höhe von 50 bis 100 Prozent in den nächsten fünf Jahren in Aussicht stellen.

Gute Chancen finden wir neben Indien und China auch in einigen südafrikanischen Unternehmen. Südkorea hat inzwischen ebenfalls einen Platz im Portfolio gefunden. Samsung SDI, Hersteller von Bildschirmen, Batterien und Akkumulatoren, ist ein hoch interessantes Unternehmen. Wir sind nach dem Debakel mit den explodierenden Akkus des Galaxy Note 7 eingestiegen, der Einstiegszeitpunkt erschien uns lukrativ.

In Chile halten wir Anteile eines Unternehmens, das ungefähr 30 Prozent der Lithium-Vorkommen weltweit verfügt. Wir waren hier schon seit Jahren investiert – und im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Aktienkurs dann. Hintergrund ist der zunehmende Trend zu Elektromobilität, vor allem in China. Hier setzen sich auf den Straßen immer mehr Elektromotorräder durch. Bei den Autos ist es noch nicht soweit – aber das wird kommen. In Taiyuan, ich habe es mir angesehen, fahren die Taxis heute schon mit Elektroantrieb. Hintergrund ist die staatlich regulierte Lizenzvergabe an die Taxiunternehmen; die Städte versprechen sich von der Einführung von Elektromobilität auf den verstopften Straßen viele Vorteile. Auch in der chinesischen Metropole Shenzhen versehen schon viele hunderte Elektro-Taxis ihren Dienst. Glauben Sie mir: Die Elektromobilität wird sich viel schneller Bahn brechen als die meisten Menschen denken.

Welche weiteren Sektoren sollten Anleger im Blick behalten?

Marshall-Lee: Der führende Filmkonzern in Indien, ein Land mit 1,2 Milliarden Menschen, bietet Chancen. Die Filmindustrie auf dem Subkontinent schickt weltweit die größte Zahl von Filmen auf den Markt, mehr als die Traumfabrik Hollywood. Allein der Umsatz des indischen Marktführers liegt bei umgerechnet 1 Milliarde US-Dollar. Innerhalb von zehn Jahren könnte solch eine Firma ihre Gewinne verzehnfachen.

Es gibt viele einzelne Sektoren, die sehr vielversprechendes Potenzial bieten: Bildung, E-Commerce, soziale Medien, Versicherer und Gesundheitsdienstleister in China, Autos aus Indien, aber auch Glücksspiel. Haben die einzelnen Unternehmen interessante Geschäftsmodelle und sind sie gut geführt, schauen wir sie uns näher an, prüfen und erwerben gegebenenfalls Anteile.

Wichtig sind für uns die generellen Zukunftsaussichten. Viele Privatanleger sind nur auf die kurzfristigen Gewinnmöglichkeiten fixiert – verstellen sich damit aber den Blick auf die wirklich einträglichen Renditebringer. Anleger sollten sich nicht mit Kleingeld zufrieden geben – sondern in die Zukunft schauen.

Welche generellen Risiken sehen Sie für die Schwellenmärkte?

Marshall-Lee: Protektionismus und Deglobalisierung sind Gefahren, die wir im Blick haben. Aber alles ist halb so wild. Sollten die USA protektionistische Maßnahmen ergreifen, steigt die US-Inflation und die Verbraucher zwischen Detroit und San Diego werden weniger Geld für den Konsum haben. Donald Trumps Vorhaben werden also im Rahmen bleiben.
Absehbar ist, dass die US-Leitzinsen weiter steigen. Aber auch hier ist der Anstieg gedeckelt. Die Verschuldung der öffentlichen Hand, der Unternehmen und der privaten Verbraucher in den USA ist so hoch, dass die US-Notenbank den Ball flach halten wird.

Nicht zu vergessen das chinesische Bankensystem: Hier liegt einiges im Argen. Es muss China gelingen, den Turnaround von einer exportorientierten, schuldenfinanzierten Wirtschaft hin zu einem binnenmarktorientierten Modell zu schaffen.

Auch Nordkorea ist zuletzt in den Fokus gerückt. Wir hoffen sehr, dass es China gelingt, mit Sanktionen auf die Führung in Pjöngjang einzuwirken.

Ihr Fazit zu Investments in Schwellenländern?

Marshall-Lee: Vereinfacht gesagt: Schwellenländer-Assets sind derzeit niedrig bewertet, ihre abgewerteten Währungen begünstigen den Kauf von Aktien und Anleihen. Das Umfeld für Investoren ist günstig. Pluspunkte sind eine steigende Produktivität, ein dynamisches Bevölkerungswachstum und eine geringe Verschuldung. Aber es gibt einige Regionen, die man derzeit lieber meiden sollte: Die Türkei birgt Risiken, und Russland wird sich – wenn überhaupt – in den kommenden Jahren nur sehr langsam entwickeln.

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