Solvenzberichte 2019 „LV-Branche driftet auseinander“


Die Lage der Lebensversicherer ist angespannt. Das geht aus der Analyse der aktuellen Solvenzberichte hervor, die der Bund der Versicherten (BdV) jetzt gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Zielke Research Consult veröffentlicht hat. Dabei zeigen sich große Unterschiede bei den Solvenzquoten, der Gewinnerwartung, dem Überschussfonds und der Risikomarge.
„Die Branche driftet auseinander. Mehr als ein Viertel der untersuchten Unternehmen hat ernste Probleme“, kommentiert BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein. 22 der 84 untersuchten Versicherer haben entweder eine zu geringe Solvenz oder eine negative Gewinnerwartung. Positiv bewerten die Analysten jedoch die zunehmende Transparenz der Berichte.
Run-Off-Gesellschaften intransparent
Besonders gut schneiden hierbei drei Unternehmen ab, die das neue, gemeinsam vergebene Transparenzsiegel in Gold erhalten. Für weitere 24 beziehungsweise 15 Anbieter gibt es das Siegel in Silber und Bronze. Mit der geringsten Transparenz im Markt fallen hingegen die sogenannten Run-Off-Gesellschaften, die LV-Bestände ohne Neugeschäft abwickeln, negativ auf.
Update 15.07.2020: Die obige Liste wurde gegenüber einer früheren Darstellung mit jeweils prozentualen Veränderungen vereinfacht dargestellt und gekürzt.
Die Bestandsabwickler verfügen der Studie zufolge tendenziell über eher schwächere Solvenzquoten. Den Run-Off-Gesellschaften gelinge es nur dank gesetzlicher Übergangsvorschriften, dass ihr Geschäftsbetrieb aufsichtsrechtlich zulässig ist. „Diese Unternehmen bergen nach wie vor große Gefahren für Versicherte. Deren Rechte müssen für den Run-Off-Fall gestärkt werden“, sagt Kleinlein.
„Die Unternehmen sind unbeweglich“
Die Analyse zeige nach Angaben der Studienautoren aber auch, dass die Unternehmen im Marktrisiko, bei den Staatsanleihen und der Diversifizierung auf Vorjahresniveau verharren: „In der Kapitalanlagepolitik sind die Unternehmen unbeweglich.“ In Zeiten anhaltender Niedrigzinsen, volatiler Aktien- und Anleihenmärkte und den Folgen der Corona-Pandemie sei das mehr als fahrlässig.
„Versicherungsunternehmen müssen das Eigenkapital stärken ohne wieder in die Taschen der Versicherten zu greifen“, fordert Kleinlein. „100 Milliarden aus Kundengeldern sind genug, jetzt sind Unternehmen und Aktionäre selber dran. Die Versicherer müssen eine professionelle und angemessene Kapitalanlage und Kalkulation angehen und sich dabei den Versäumnissen der Vergangenheit stellen.“
„Höhere Kapitalausstattung notwendig“
„Die Analyse hat gezeigt, dass die Versicherer die Solvenzberichte zunehmend ernst nehmen und wichtige Informationen mitteilen“, lobt Carsten Zielke. Es zeige sich aber, dass es einen Bedarf an einer „verbesserten Assetallokation“ gebe. „Das bedingt bei vielen aber auch eine höhere Kapitalausstattung, was bisher nur einige wenige verstanden haben“, so der Unternehmensberater.
Bei den Biometrieversicherern falle hingegen auf, dass ihre Solvenzquoten, Überschussfonds und Risikomargen deutlich über dem Marktniveau liegen. Ihre Gewinnerwartungen sind vergleichsweise hoch und die Marktrisiken gering. „Offensichtlich begünstigt Solvency II das Geschäftsmodell der Biometrieversicherer“, so Kleinlein. „Sie gehen leichter durch das Niedrigzinstal als andere Unternehmen.“