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Chinas Immobiliensektor Wohnraum bleibt einer der wichtigsten BIP-Treiber

Wohnungsbau in Shanghai
Wohnungsbau in Shanghai: Chinas Zentralregierung nimmt wachsende systemische Risiken in den Blick und will die durch steigende Immobilienpreise verursachte weitere Zunahme der Vermögensungleichheit vermeiden. | Foto: imago images / Xinhua
Frank Chen, Anleiheanalyst bei Pimco

Die Dynamik des chinesischen Immobilienmarktes bleibt angetrieben von einer ungebrochen hohen Nachfrage nach Wohnraum auch im Jahr 2021 stark – obwohl wir erwarten, dass die Nachfragestärke durch die jüngste Kreditverknappung der Regierung teilweise abgeschwächt wird

Chinas robustes Wachstum im Jahr 2020 bot der Regierung die Gelegenheit, die Verschuldung des Immobiliensektors anzugehen. Im August 2020 führte die People's Bank of China (PBoC) neue Maßnahmen ein, um die Gesamtverschuldung der großen Immobilienentwickler genauer zu überwachen und zu kontrollieren. Im Rahmen dieser Herangehensweise, die gemeinhin als „Politik der drei roten Linien“ („Three Red Lines“) bezeichnet wird, werden Unternehmen anhand ihres Verhältnisses von Barmitteln zu kurzfristigen Schulden, des Nettoverschuldungsgrads und des Verhältnisses von Verbindlichkeiten zu Vermögenswerten als grün, orange, gelb oder rot eingestuft. Im Dezember 2020 kündigte die chinesische Zentralbank zudem eine Obergrenze für das Engagement von Banken im Immobiliensektor an.

Fokus auf systemische Risiken

Der Fokus auf den Immobiliensektor spiegelt die Entschlossenheit der Zentralregierung wider, wachsende systemische Risiken in den Blick zu nehmen und eine weitere Zunahme der Vermögensungleichheit durch steigende Immobilienpreise zu vermeiden. Die Erschwinglichkeit von Wohnraum ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt besonders wichtig, da die Preise in den Großstädten das 15- bis 20-fache des durchschnittlichen Haushaltseinkommens betragen.

Immobilien sind jedoch nach wie vor einer der wichtigsten Treiber des BIP und die wichtigste Einnahmequelle für die meisten lokalen Regierungen. Daher gehen wir davon aus, dass der Schuldenabbau in diesem Sektor geordnet und kontrolliert vonstatten gehen wird.

Immobiliensektor dürfte weitgehend stabil bleiben

Während wir kurzfristig ein angespannteres Kreditumfeld für Bauträger erwarten, sollte eine Reihe von Faktoren den Sektor unterstützen. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien bleibt trotz der jüngsten Verknappung robust, gestützt durch die anhaltende Erholung der Binnenwirtschaft von den Zwängen der Pandemie. Laut Chinas Nationalem Statistikamt stiegen die Immobilienverkäufe im ersten Quartal 2021 im Jahresvergleich um 64 Prozent, obwohl natürlich für das erste Quartal 2020 aufgrund von Covid-19 eine niedrige Basis angesetzt werden muss. Auf normalisierter Basis verzeichneten die Immobilienverkäufe im ersten Quartal 2021 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 10 Prozent über die vergangenen zwei Jahre. Börsennotierte Bauträger haben im ersten Quartal 2021 sogar noch stärkere Verkaufszahlen gemeldet: Sie sind im Vergleich zum ersten Quartal 2019 um 39 Prozent gestiegen, was einer CAGR von 18 Prozent über die vergangenen zwei Jahre entspricht. Dabei hat sich der durchschnittliche Verkaufspreis wieder auf das Niveau von 2019 erholt.

Drei Themen, die Anleger beachten sollten

Niedrigere Bruttogewinnmargen: Obwohl der Umsatz des Immobiliensektors im Jahresvergleich um 16 Prozent stieg, gingen die Bruttomargen im Geschäftsjahr 2020 deutlich zurück, und zwar um 4,6 Prozentpunkte auf durchschnittlich 23,8 Prozent. Dies ist vor allem auf die Realisierung von teuren Projekten zurückzuführen, die in den Jahren 2016 bis 2018 in die Bücher genommen wurden, sowie auf die strenge Preisobergrenze, die seit 2017 in den Großstädten gilt. Wir gehen davon aus, dass sich der Trend niedrigerer Bruttogewinnmargen in den nächsten drei Jahren fortsetzen wird. Das Ausmaß des Rückgangs sollte sich allerdings bei 0,5 bis 1 Prozentpunkte pro Jahr einpendeln. Wir erwarten, dass die Bruttogewinnmargen für den Sektor bis Ende 2023 auf etwa 22 Prozent sinken werden, gegenüber 23,8 Prozent vom Jahresausgang 2020.

Der Wettlauf um die Erfüllung der „Politik der drei roten Linien“ führt zu einem erheblichen Anstieg der direkten oder indirekten Minderheitsbeteiligungen: Als Reaktion auf die „Three Red Lines“-Politik haben sich Immobilienentwickler bemüht, ihre Gesamtverschuldung zu kontrollieren, während fremdfinanzierte Entwickler ihren Bodenerwerb zurückgeschraubt haben. Eine Reihe von Small- und Mid-Cap-Entwicklern haben auch ihre Eigenkapitalbasis durch einen erheblichen Anstieg der Minderheitsbeteiligungen in ihrer Bilanz vergrößert. Der Sektordurchschnitt der Minderheitsbeteiligungen am gesamten Eigenkapital ist in den vergangenen fünf Jahren stark angestiegen, von 16 Prozent im Jahr 2015 auf über 35 Prozent am Jahresende 2020. Wir sind besorgt über diese Unwucht, da es sich bei einem Teil dieser Minderheitsbeteiligungen in Wirklichkeit um als Eigenkapital getarnte Schulden handeln könnte und die Transparenz extrem gering ist. Diesen Bereich beobachten wir daher genau.

Spezielle Risiken: Immobilienentwickler, die sich bei der Umsatz- und Ertragsrealisierung stark auf Joint Ventures verlassen, könnten Gefahr laufen, ihre Bilanz nicht mehr wie geplant konsolidieren zu können, sobald die Wirtschaftsprüfer strengere Standards anwenden (müssen).

Insgesamt sehen wir gutes Potenzial für weitere Wertschöpfung im Immobiliensektor. Zugleich aber gilt: Ein umsichtiges Bottom-up-Research und eine sorgfältige Auswahl der jeweiligen Assets sind der Schlüssel zum Anlageerfolg, weil zunehmend die Regierungspolitik und branchenspezifische Risiken die Performance der einzelnen Marktteilnehmer bestimmen, wodurch sich in den kommenden Jahren am chinesischen Immobilienmarkt sowohl Gewinner als auch Verlierer zeigen werden.

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