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Unsicherheit, Risikoscheu, Kurssturz Corona-Variante Omikron schockt die Börsen

Impfzentrum in Johannesburg
Impfzentrum in Johannesburg: In Südafrika sind nur 24 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Covid-19 geimpft, in ganz Afrika nur 6 Prozent. Eine niedrige Impfquote begünstigt das Entstehen von Virusmutationen | Foto: Imago Images / Xinhua

Rot war die dominierende Farbe an den Börsen zum Ausklang der vergangenen Woche. Die Angst vor der Corona-Variante Omikron sorgte am Freitag für Kurseinbrüche an den Kapitalmärkten. Der deutsche Leitindex Dax gab 4,2 Prozent nach, der US-Aktienindex S&P 500 büßte 2,3 Prozent ein. Der Preis der Ölsorte Brent sackte um fast 11 Prozent ab. Und auch bei anderen als riskant geltenden Anlageklassen wie Hochzinsanleihen waren die Verluste teils massiv. Dagegen gewannen US-Staatsanleihen, deutsche Bundesanleihen und Gold, weil Anleger diese sicheren Häfen ansteuerten. Am Montag verlor in Asien etwa der japanische Aktienindex Nikkei 225 weiter, der Dax konnte sich am Morgen hingegen zunächst etwas erholen, und auch der Ölpreis legte zu.

Hinsichtlich der neu aufgetauchten Virusvariante gebe es derzeit mehr Fragen als Antworten, stellt LBBW-Analyst Martin Güth fest. Wie ansteckend ist Omikron? Wie schwer verlaufen die durch die Variante ausgelösten Erkrankungen? Wie effektiv schützen die Impfstoffe? „Die Antworten hierauf werden wohl erst nach und nach belastbarer werden. Bis dahin bleibt ein hohes Maß an Unsicherheit“, meint der Analyst der Landesbank in Stuttgart. Aktuell dominiert indes noch die Delta-Variante das Infektionsgeschehen und bringt Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen.


Denkbar sei, dass mit Omikron ein neues Worst-Case-Szenario eingetreten ist, in dem der Kampf gegen die Pandemie einen massiven Rückschlag erlebt, meint Güth. Allerdings könnten sich die Sorgen letztlich auch als unbegründet herausstellen. Fest steht: Die WHO stuft die Variante als besorgniserregend ein, das ist die höchste Risikostufe. Und in etlichen europäischen Ländern ist Omikron bereits aufgetaucht. Viele Staaten haben Reisebeschränkungen erlassen. „Belastungen für die Wirtschaft zeichnen sich schon jetzt ab“, sagt der LBBW-Experte.

Gekippte Stimmung – oder vorübergehende Phase

Nach Einschätzung von DZ-Bank-Analyst Günther Scheppler ist die Stimmung generell gekippt. „Solange die Wissenschaft die Auswirkungen durch die neue Virusmutante noch nicht mit Sicherheit einschätzen kann, wird Unsicherheit an den Finanzmärkten herrschen“, meint der Analyst des genossenschaftlichen Zentralinstituts: „Eine anhaltend defensive Einstellung der Investoren dürfte die Folge sein.“

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Es sei schwierig zu sagen, wie lange die Phase der Risikoverringerung bei den Investoren andauern werde, meint Marcel Müller, Leiter des Portfoliomanagements des Family Offices HQ Trust. „Aber die Geschichte früherer Virusvarianten legt nahe, dass sie vorübergehend sein dürfte“, sagt Müller. Die reichlich vorhandene Liquidität und die optimistische Stimmung hätten in vergangenen Abwärtsphasen zu einer starken Buy-the-Dip-Haltung geführt, Anleger nutzen Kursrückgänge also zum Einstieg. „Wir rechnen damit, dass dies auch dieses Mal der Fall sein wird“, so Müller.


Die erneuten Sorgen bedeuteten auch, dass die Marktteilnehmer, die eine aggressive geldpolitische Straffung in den USA erwartet haben, dies korrigieren. Wenn in der Folge die Staatsanleiherenditen unverändert bleiben oder gar sinken, dürfte der Technologiesektor besser abschneiden als andere Bereiche des Aktienmarkts. „Der Markt ist zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Sektor empfindlicher auf Veränderungen der Renditen reagiert“, erläutert Müller. Niedrigere Renditen dürften auch für Versorger und Immobilien gut sein. Die Sektoren Reisen, Freizeit und Gastgewerbe werden nach Müllers Einschätzung aufgrund der Reisebeschränkungen in nächster Zeit unter Druck bleiben.

Bei der Raiffeisen Bank International (RBI) in Wien rechnet man damit, dass es wohl zwei bis drei Wochen dauern dürfte, um mehr Klarheit zu erhalten. „Absehbar ist aber, dass zahlreiche Staaten das Auftauchen der neuen Variante in Kombination mit den vielerorts anziehenden Fallzahlen dazu nutzen werden, restriktiver in den Gegenmaßnahmen zu werden“, schreiben die RBI-Analysten Christian Hinterwallner und Gunter Deuber. Dies berge die Gefahr einer – nach Sektoren differenzierten – wirtschaftlichen Delle in den kommenden Monaten und könnte auch die Lieferkettenprobleme verstärken.

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