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Prognose Der Ölpreis steigt langfristig wieder

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Die dadurch entstehende Versorgungslücke wird voraussichtlich die Auswirkungen der weltweiten Dekarbonisierung nicht nur ausgleichen, sondern übertreffen. Die Analysten von J.P. Morgan gehen sogar davon aus, dass Öl vor einem neuen Superzyklus steht. Der bislang letzte Rohstoffsuperzyklus startete 1996 und ging erst zwölf Jahre später, also im Finanzkrisenjahr 2008 zu Ende. Danach gab es eine zwölfjährige Kontraktion. Erst kam 2008 die weltweite Wirtschaftskrise, danach schwächelte das Wirtschaftswachstum in Europa und später auch in China. Dazu kamen noch die Handelsstreitigkeiten der USA mit der Volksrepublik und Europa. Diese Schwächephase erreichte dann im vergangenen Jahr mit den negativen WTI-Notierungen ihren Höhepunkt.

Es liegt auf der Hand, dass die Ölkonzerne in einem solchen Umfeld ihre Investitionen zur Gewinnung des Energierohstoffs zurückgefahren haben. Dazu kam, dass sie von Anlegern – siehe Exxon – und der Politik, vor Kurzem sogar im Fall von Royal Dutch Shell von einem Gericht gedrängt wurden, vermehrt in erneuerbare Energien zu investieren.

Doch jetzt könnte es passieren, dass der Ölpreis einen mehrjährigen Aufwärtstrend gestartet hat. Die Menschen haben die Corona-Pandemie zunehmend im Griff, die verschiedenen Volkswirtschaften fahren mit Dampf wieder hoch. Gleichzeitig haben sich die Handelsstreitigkeiten zumindest vorerst etwas entspannt. Jetzt werden noch die verschiedenen Konjunkturpakte zum Beispiel in den USA und in Europa allgemein die Nachfrage anheizen. Dazu kommt noch, dass sich bislang die Prognosen für erneuerbare Energien immer wieder als zu optimistisch erwiesen haben.

Nach dem Szenario von J.P. Morgan dürften zwar die Nachfrage von drei Millionen Barrel Öl pro Tag dauerhaft verloren gehen. Allerdings erwarten die Analysten, dass aufgrund der mangelnden Investitionen ab Mitte 2022 das Angebot sogar um fünf Millionen Fass pro Tag schrumpft. Nach ihren Berechnungen müssten weltweit 600 Milliarden Dollar investiert werden, um bis 2030 das Angebot und die Nachfrage wieder in Einklang zu bringen. Dass die Ölkonzerne diese enorme Menge an Kapital in die Hand nehmen, ist eigentlich nur bei einem spürbar höheren Ölpreis zu erwarten.

Über den Autor: Norbert Hagen ist Vorstandssprecher der ICM Investmentbank.

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