Geldbericht US-Notenbank Fed debattiert über Strategie
Erkenntnis Nr. 3: Das Coronavirus könnte negative Folgen für die Weltwirtschaft haben
Der wohl meistbeachtete Abschnitt des Berichts zur Geldpolitik war jedoch eine knappe Anmerkung zu den potenziellen Folgen der Pandemie für die Weltwirtschaft: „Der jüngste Coronavirus-Ausbruch könnte zu Unterbrechungen in China führen, die auf andere asiatische Staaten und die restliche Weltwirtschaft übergreifen könnten.“ Die ohnehin von der Corona-Angst infizierten Märkte schien die Tatsache, dass die Fed diesen Virus-Ausbruch für bedeutend genug hielt, um ihn in ihrem halbjährlichen Bericht zu erwähnen, am Freitag noch mehr zu verunsichern, woraufhin die Kurse am amerikanischen Aktienmarkt einbrachen und die Renditen von US-amerikanischen Staatsanleihen sanken.
Zudem war die Fed mit ihrer Warnung nicht allein. Larry Kudlow, Wirtschaftsberater im Weißen Haus, erklärte, dass China die im Phase-1-Handelsabkommen für das erste Quartal vereinbarten Käufe von US-Agrarprodukten aufgrund der Corona-Epidemie möglicherweise nicht erreichen könne – wobei er und Chinas Präsident Xi Jinping aber weiterhin davon ausgehen, dass China die vereinbarte Jahresquote bis Ende 2020 erfüllen wird.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte sich ebenfalls zu den potenziellen Risiken durch das Lungenvirus: „Während die Gefahr eines Handelskrieges zwischen den USA und China zurückgegangen zu sein scheint, sorgt das Coronavirus für neue Unsicherheit.“ Genau so sehe ich das auch. Seit Jahresanfang 2020 scheint das Virus den US-chinesischen Zollstreit als Hauptquelle der Verunsicherung erst einmal verdrängt zu haben.
Es gibt viele Parallelen zwischen diesen beiden Quellen der Unsicherheit, nicht zuletzt die Tatsache, dass sich das Epizentrum jeweils in China befindet, und dass ihre wirtschaftlichen Folgen weltweit zu spüren sein dürften. Chris Williamson, Ökonom beim Londoner Finanzdatenanbieter IHS Markit, erläutert: „Das Coronavirus aus Wuhan ist ein neuer Faktor, der Wirtschaft und Handel lähmen könnte. Daher erwarten wir, dass die Eurozone eine Rezession im Jahr 2020 zwar vermeiden wird, sich aber schwertun wird, eine Wachstumsrate von 1,0 Prozent zu erreichen.“
Die stellvertretende Gouverneurin der Bank of Canada, Carolyn Wilkins, hat signalisiert, dass die kanadische Zentralbank die Epidemie mit höchster Wachsamkeit beobachte, da sich das Virus über Lieferkettenunterbrechungen und einen tieferen Ölpreis negativ auf die kanadische Wirtschaft auswirken könnte.
Trotz der Sorgen über diesen Virus-Ausbruch herrscht allgemein die Einschätzung, dass es sich vermutlich um ein sehr kurzfristiges Problem handeln wird — was es vom US-chinesischen Handelsstreit unterscheidet, bei dem lange kein Ende in Sicht war. Das könnte auch die positivere Reaktion der Märkte auf die geleistete geldpolitische Unterstützung erklären. Als der Handel in China nach dem chinesischen Neujahrsfest in der letzten Woche wieder aufgenommen wurde, gaben die Kurse am Montag, dem 3. Februar, um 7,7 Prozent nach – erholten sich dann bis zum Ende der Woche aber wieder deutlich und schlossen mit nur noch 3,4 Prozent im Minus. Die staatlichen Interventionen zeigen eindeutig Wirkung.
Fazit: Aktien werden von höherer Volatilität profitieren
Die Ereignisse der vergangenen Woche haben uns einmal mehr gezeigt, welchen enormen Einfluss staatliche Institutionen wie die Fed, die EZB und die chinesische Zentralbank haben. Sie verfügen weiterhin über schlagkräftige politische Instrumente. Diese haben sie bereits genutzt, um die negativen Folgen der Handelskonflikte abzumildern – gegen das Coronavirus könnten sie sie erneut einsetzen, die chinesische Zentralbank tut dies bereits.
Viele Zentralbanken stellen derzeit mit großer Disziplin ihre geldpolitischen Instrumente auf den Prüfstand und bewerten ihre geldpolitischen Strategien. Daher bin ich der Ansicht, dass Investoren nicht in Panik verfallen sollten – auch wenn die Nachrichten wahrscheinlich erst noch einmal schlechter werden. Trotz der Aussicht auf eine potenziell höhere Volatilität sollte die Geldpolitik für gute Unterstützung von Risikoanlagen sorgen, vor allem bei Aktien.