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LG Nürnberg-Fürth zum Thema Verweisung Koch wird Betriebsleiter – der BU-Versicherer muss weiterzahlen

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Vorliegend hatte der Versicherte nur die allgemeine Möglichkeit zu einem Aufstieg zum Chefkoch angegeben. Angesichts des bis zum Eintritt des Versicherungsfalls recht wechselhaften beruflichen Werdegangs des Versicherten ist auch nicht zu erkennen, dass gerade er konkrete Aussichten auf einen Aufstieg zum Chefkoch gehabt haben soll, so das Landgericht Nürnberg-Fürth.

Das Urteil

Das Landgericht entschied dennoch, dass die Leistungseinstellung unwirksam ist. Die Verweisung auf nach Eintritt des Versicherungsfalls erworbenen Kenntnisse/Fähigkeiten erkennt das Gericht nicht an. Den Versicherungsbedingungen sei eine Obliegenheit zum Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten durch Umschulung o.Ä. nicht zu entnehmen. Daher sind solche auch nicht zu berücksichtigen. Neu erworbene Fähigkeiten aufgrund einer überobligatorischen Umschulung dürfen nicht zum Nachteil des Versicherten berücksichtigt werden.

Gemäß AVB ist eine Verweisungstätigkeit eine, die seiner „bisherigen Lebensstellung entspricht“. Dazu zählen keine Tätigkeiten, die geringere Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen erfordert als der bisher ausgeübte Beruf bzw. geringer vergütet oder sozial weniger wertgeschätzt werden. Ein Versicherungsnehmer kann zudem annehmen, dass er nicht auf Tätigkeiten verwiesen werden kann, die er aufgrund fehlender Ausbildung und Fähigkeiten an sich gar nicht sachgerecht ausüben kann. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls war der Versicherungsnehmer zum Koch ausgebildet. Ihm wäre mit dem damaligen Kenntnis- und Ausbildungsstand die Tätigkeit als Betriebsleiter nicht möglich gewesen.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Das Gericht entschied also, dass der BU-Versicherer nach der Leistungsanerkennung seine Leistungen im Nachprüfungsverfahren nicht mit Verweis auf einen nach Umschulung ausgeübten Beruf einstellen kann. Dies vor allem nicht, wenn in den vereinbarten AVB neu erworbene berufliche Fähigkeiten für eine Verweisung nicht erwähnt werden und sich die Verweisungsklausel auf die Berücksichtigung der „bisherigen Lebensstellung“ beschränkt. Fähigkeiten, die nach dem Versicherungsfall erworben werden, sind dann nicht zu berücksichtigen.

Für die Praxis ist festzustellen, dass es sinnvoll ist, jede Leistungseinstellung eines Berufsunfähigkeitsversicherers juristisch überprüfen zu lassen. Wie man an dieser Entscheidung sieht, ist nicht jede Leistungseinstellung des Versicherers rechtlich haltbar. Gerade wenn der Versicherte wieder neue Tätigkeiten aufnimmt und tatsächlich ausübt, könnte der Versicherer im Zweifel eine konkrete Verweisung aussprechen. Diese muss wiederum im Einzelfall genauestens juristisch überprüft werden, damit keine Ansprüche des Versicherten vereitelt werden.

Der Autor
Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Kanzlei wird zu diesem Themenbereich auch auf den Vermittler-Seminaren 2019 referieren. Dabei sind die Rechtsanwälte der Kanzlei an mehreren Standorten vertreten. Informationen zur Agenda und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie unter: www.vermittler-seminar.de/

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