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Rendite in der Krise Steepener: Die versteckte Chance in der Zinskurve?

Sind Steepener ein Hedge gegen die Rezession?
Sind Steepener ein Hedge gegen die Rezession? | Foto: IMAGO / Panthermedia

Banken geraten ins Taumeln, der Baufi-Boom erlebt sein vorläufiges Ende und der allgemeine Konsum geht zurück: Die Folgen des geldpolitischen Straffungskurses der Notenbanken zeigen sich immer deutlicher. Doch kommt die Rezession? Oder kommt sie nicht? Diese Frage stellen sich nicht nur Fed und EZB, sondern auch Portfoliomanager. Um das Depot wetterfest zu machen, setzen einige von ihnen derzeit als Absicherung auf sogenannte Steepener.

Steepener sind eine spezielle Kategorie von Finanzinstrumenten, die es Anlegern ermöglichen, auf eine Veränderung der Zinsstrukturkurve zu setzen - genauer gesagt, auf eine Steigung der Zinsstrukturkurve. Konkret geht es die Zinsdifferenz zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen. Wird die Kurve "steiler" (auf Englisch: steep), also nimmt die Differenz zwischen den lang- und kurzfristigen Zinssätzen zu, liefern Steepener-Zertfikate höhere Renditen. 

Das steckt hinter einer inversen Zinskurve

In der Regel gilt: Mit zunehmender Laufzeit einer Anleihe oder eines Kredits steigt auch der Zins und damit die Rendite. Schließlich will man als Anleger, der sein Kapital länger bindet, das Risiko einer steigenden Inflation oder eines Kreditausfalls ausgleichen. Aktuell erleben wir jedoch eine invertierte Zinsstrukturkurve, bei der die kurzfristigen Zinssätze höher sind als die langfristigen. Im Moment erhalten Investoren rund 80 Basispunkte (0,8 Prozent) mehr Rendite, wenn sie ihr Kapital in den USA nur für zwei statt für zehn Jahre ausleihen.

Verkehrte Welt? Nein. Das Szenario einer invertierten Zinsstrukturkurve gilt oft als Vorläufer einer wirtschaftlichen Abschwächung oder Rezession. Geht man jedoch davon aus, dass sich die Wirtschaft erholen wird und die Kurve in der Folge steiler wird, könnte ein guter Zeitpunkt sein, Steepener-Investments als Beimischung in Betracht zu ziehen. Schließlich würde man so von einer Normalisierung oder sogar einer Steigerung der Zinsdifferenz zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen profitieren, was bei einer wirtschaftlichen Erholung zu erwarten wäre. 

Bei einer Steepener Note tauscht man vereinfacht ausgedrückt langfristige Zinsen (egal ob US-Dollar oder Euro), etwa mit einer Laufzeit von 20 oder 30 Jahren, gegen kurzfristige Zinsen mit beispielsweise zwei Jahren Laufzeit. 

Hendrik Leber setzt auf den Hedge gegen die Rezession

Mehrere Marktteilnehmer berichten im Gespräch mit DAS INVESTMENT, dass sie derzeit einen attraktiven Einstiegszeitpunkt für Steepener-Investments sehen. „Die kurzfristigen Zinsen liegen über den langfristigen. Dies geschah in den USA seit der Aufgabe des Währungssystems von Bretton Woods im Jahr 1976 sechsmal, sechsmal folgte eine Rezession“, schrieb etwa Hendrik Leber von Acatis vor Kurzem in einem Gastbeitrag für DAS INVESTMENT. „Auch in Europa folgte auf jede inverse Zinsstrukturkurve eine Rezession. Und zu Zeiten der guten alten D-Mark war es genauso.“

Auch diesmal erwarte er eine Rezession, in der Folge sollte sich auch die Zinsstrukturkurve normalisieren. Leber hat mit seinem Team deshalb eine Steepener Note als „Hedge gegen die Rezession“ für seinen Acatis Fair Value Modulor Vermögensverwaltungs-Fonds zugekauft.

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Auch Andreas Meyer von der Fondsboutique Fountain Square Asset Management findet Steepener derzeit spannend. “Zinskurven bleiben in der Regel nicht ewig invers. Rezessionen sind schließlich auch irgendwann vorbei. Insofern kann dieses Instrument im derzeitigen Umfeld sinnvoll sein.“ Er selbst nutzt Steepers nicht und verfolgt mit seinem FS Colibri Event Driven Fonds einen anderen Ansatz (mehr dazu gibt es hier zum Nachlesen). Er gibt jedoch zu auch bedenken: „Die Frage ist: Wann steigt man ein? Wenn bereits etwas Licht am Horizont zu sehen ist oder wenn die Kurve noch unten ist? Letzteres kann die Rendite erhöhen. Man kann mit etwas Pech aber auch für lange Zeit nichts verdienen und schaut dann dumm aus der Wäsche.“   

Die Spreads werden auf der Grundlage der allgemeinen US-Staatsanleihenrenditen berechnet.
Die Spreads werden auf der Grundlage der allgemeinen US-Staatsanleihenrenditen berechnet. © Bloomberg. Berechnung von Ossiam zum 31/01/2023.

Der Markt bietet Steepener-Produkte an  

Die Nachfrage ist da – und so überrascht es nicht, dass am Markt bereits mehrere Anbieter solche Produkte anbieten. UBS etwa bietet ein Produkt auf Euro-Basis mit 12 Jahren Laufzeit. In den ersten beiden Jahren erhält man darin einen garantierten Kupon in Höhe von 4,00 Prozent. In den darauffolgenden acht Jahren liegt der Floor jedoch bei 0 Prozent, man erhält ausschließlich die Rendite durch die Zinsdifferenz, die mit Faktor 8 beziehungsweise 10 gehebelt ist.

Der französische Vermögensverwalter Ossiam (gehört zu Natixis Investment Managers) bietet die Ossiam US Steepener Strategy. Die Strategie fokussiert sich auf den US-Markt und wird vierteljährlich vor dem Ablauf der entsprechenden US-Treasury-Futures neu gewichtet. Die Strategie ist ebenfalls mit Faktor 10 gehebelt und würde Rendite erwirtschaften, wenn die Fed die Zinssätze senkt (dann käme es zu einem Bullen-Steepening) oder wenn die langfristigen Zinsen steigen, um das mit längeren Laufzeiten verbundene Risiko widerzuspiegeln.

Renditepotenzial aus Spread-Entwicklung, ohne Carry
Renditepotenzial aus Spread-Entwicklung, ohne Carry © Ossiam

Sollte die Fed die Zinsen jedoch über längere Zeit weiter erhöhen, würde sich der Spread zunehmend verringern, wodurch eine negative Performance erzielt wird. Diese negative Performance wird zwar durch einen positiven Carry der Strategie (3 Prozent per Ende Mai) reduziert. Ganz ohne Risiko ist die Strategie somit nicht.

Chancen, jedoch auch Risiko

Fakt ist: Auch wenn das Timing derzeit attraktiv scheint, es ist kein „Free Lunch“, wie es manchmal überspitzt dargestellt wird. Es sei deshalb wichtig, dass Anleger diese Risiken verstehen und in ihre Gesamtanlagestrategie einbeziehen, sagt Guido Barthels von TBF Global Asset Management. „Steepener sind eine Wette darauf, dass die Zinskurve wieder steiler wird. Doch nur weil wir an einem historischen Tief sind, heißt das nicht, dass es nicht noch tiefer gehen kann. Natürlich gibt es auch Szenarien, wonach die Zinskurve in den USA noch inverser werden könnte. Wie wahrscheinlich das jedoch ist, kann niemand beurteilen.“

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