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Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:44 Uhrin AnalysenLesedauer: 8 Minuten

Stimmen zur EZB-Sitzung „Dann wäre der Weg für höhere Leitzinsen frei“

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Leicht abgewandelt präsentierte die EZB-Präsidentin dann aber ihre einleitenden Bemerkungen auf der Pressekonferenz. So sprach Lagarde nicht mehr von einer schwachen Konjunkturdynamik in der Eurozone, sondern davon, dass die Wirtschaft weiter moderat wachse. Die Risiken für den konjunkturellen Ausblick in Form geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und der Anfälligkeit einiger aufstrebender Volkswirtschaften seien zwar weiter abwärtsgerichtet, hätten aber abgenommen. Im Dezember war noch davon die Rede, dass die Risiken etwas abgenommen hätten.

Auch mit Blick auf die Inflation gab es eine kleine Anpassung. Hinsichtlich des unterliegenden Preisauftriebs merkte die EZB-Präsidentin an, dieser sei unverändert gedämpft. Es gebe allerdings weitere Anhaltspunkte für eine leichte Zunahme. Im Dezember hieß es noch, es gebe einige Anhaltspunkte.

Unter dem Strich liege die jüngste Entwicklung von Konjunktur und Inflation im Rahmen der Erwartungen des EZB-Rates.

Die Überarbeitung der geldpolitischen Strategie der EZB soll Ende dieses Jahres beendet sein. Lagarde nannte den Dezember als wahrscheinlichstes Datum für die Bekanntgabe der Ergebnisse. Die Überprüfung wird die quantitative Formulierung des Inflationsziels, den geldpolitischen Werkzeugkasten, die Analyse von Konjunktur und monetärer Säule sowie die Kommunikation der EZB beinhalten.

Das Hauptaugenmerk der Finanzmärkte wird ganz klar auf der Formulierung des Inflationsziels liegen. Wie und ob das bisherige Inflationsziel am Ende überhaupt verändert wird, ist völlig offen. Die Vorschläge im EZB-Rat reichen von einer Beibehaltung des Ziels über eine leichte Anpassung zu vollständiger Symmetrie des Zielwerts bis hin zur Einführung einer Inflationsbandbreite. Am Ende könnte ein Minimalkompromiss stehen.

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Doch zurück zur EZB-Einschätzung: Wir halten die BIP- und die Inflationsprognose der EZB für das laufende Jahr für zu vorsichtig. Aufgrund von Basiseffekten bei den Energiepreisen wird die Inflationsrate im Januar voraussichtlich von 1,3 auf 1,5 Prozent ansteigen. Bis ins 2. Quartal hinein werden sich diese Basiseffekte zwar umkehren, wegen einer sich auf dem aktuellen Niveau von 1,3 Prozent stabilisierenden Kerninflationsrate wird die Gesamtinflationsrate aber nicht mehr nachhaltig unter 1,0 Prozent sinken. Der von der EZB erwartete Jahresdurchschnitt von 1,1 Prozent sollte sich damit als zu niedrig herausstellen. Wir halten derzeit einen Wert von 1,4 Prozent für wahrscheinlich.

Belebt sich zudem – wie von uns erwartet – die Konjunktur in den nächsten Monaten, ist auch die EZB-Annahme eines BIP-Zuwachses um 1,1 Prozent in diesem Jahr zu konservativ (unsere Prognose lautet 1,4 Prozent).

Wir rechnen daher damit, dass die Währungshüter im Verlauf des Jahres zunächst den noch immer vorhandenen Easing Bias – Zinsen könnten nochmals gesenkt werden – aufheben, bevor sie sich im Herbst zu einer Beendigung des Anleihekaufprogramms entschließen dürften. Damit wäre dann auch der Weg für höhere Leitzinsen im Jahr 2021 frei.

Christoph Kutt, Leiter Zinsstrategie und Staatsanleihen, DZ Bank

Die 500. Ratssitzung genau fünf Jahre nach der Ankündigung des QE-Programms hätte eigentlich für ein aufregendes Ereignis hergehalten. Dass es heute dennoch keine neuen Ankündigungen zur aktuellen Geldpolitik der EZB gab, war nicht überraschend. Zum einen entwickelt sich das Konjunkturbild mit abnehmenden Abwärtsrisiken in etwa so, wie von der EZB erwartet. Dementsprechend musste man den Kurs nicht ändern. Ein interessantes Statement bezüglich Hinweisen, ob Christine Lagarde eher einen hawkishen oder dovishen Kurs favorisiert, war die Brosche, die sie heute trug – eine Eule! Auf der anderen Seite wird die EZB angesichts der nun laufenden strategischen Überprüfung der Geldpolitik auch nicht unbedingt gewillt sein, Anpassungen vorzunehmen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Warum sollte man auch, wenn man in einem Jahr vielleicht eine andere Herangehensweise hat.

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