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Investmentausblick der Profis Kommt die Wende oder geht der große Ausverkauf weiter?

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Kai Heinrich: Plutos Multi Chance

Kai Heinrich ist Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung mit Sitz in Frankfurt am Main und seit 2009 im Unternehmen. Neben der unabhängigen Vermögensverwaltung managen die hessischen Experten insgesamt vier Investmentfonds.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Das Flaggschiff ist der im April 2008 aufgelegte Plutos Multi Chance mit einem verwalteten Vermögen von rund 134 Millionen Euro. Ins Portfolio kaufen die Plutos-Manager wachstumsstarke Aktien, die eine hohe relative Stärke aufweisen. Das Motto: „The Trend is your Friend.“ So werden Werte gemieden, die sich in Seitwärts- oder Abwärtstrends befinden. In schwierigen Marktphasen begrenzt die Absicherung über Stop-Loss-Marken die Kursverluste zusätzlich. Die Top-3-Werte sind derzeit der Arzneimittelhersteller Formycon, die Deutsche Telekom sowie Nestlé.

DAS INVESTMENT: Wie lange werden die Zeiten schwierig bleiben und wovon hängt das ab?

Kai Heinrich: Die hohe Inflation, die wir aktuell sehen, liegt begründet in sehr hohen Transportkosten und Knappheiten in den Bereichen Energie und Nahrung. Hinzu kommt, dass durch die Null-Covid-Strategie Chinas und damit verbundene Schließungen ganzer Wirtschaftszonen, die Störung der Lieferketten kein Ende findet.

In den Vereinigten Staaten scheint die Federal Reserve das Problem mittlerweile erkannt zu haben. Während zuvor lange davon ausgegangen wurde, dass es sich bei der Inflation um ein kurzweiliges Problem handelt, ist die Bekämpfung dieser nun das oberste Ziel der Fed. Hier dürften auch die anstehenden Midterm-Wahlen in den USA eine Rolle spielen. Viele Amerikaner laufen Sturm gegen die stark gestiegenen Preise und die Umfragewerte für Präsident Joe Biden sind so schlecht wie nie. Durch Zinserhöhungen und „Quantitative Tightening“, versucht man seitens der Fed nun, den Märkten Liquidität zu entziehen. Dies führt zu einem Rückgang der Nachfrage und sorgt für eine Abschwächung der Inflation, belastet gleichzeitig aber auch die Märkte, die lange von der hohen Liquidität profitierten.

Auch in Europa stellt die Inflation eine große Belastung dar. Im Gegensatz zur amerikanischen Fed verhält sich die EZB jedoch weiter zögerlich, was mögliche Maßnahmen zur Eindämmung der Preissteigerungen angeht. Dies liegt daran, dass es innerhalb der Währungsunion Staaten gibt, die durch steigende Zinsen aufgrund ihrer hohen Schuldenlast zu stark belastet werden würden. Die EZB befindet sich in einer Zwickmühle, wodurch auch der Euro einem gewissen Risiko ausgesetzt ist, sollte man sich dazu entscheiden, die expansive Geldpolitik weiter fortzuführen.

Kai Heinrich
Kai Heinrich © Plutos AG

Neben einer Reduzierung der Nachfrage, ist auch die Erhöhung des Angebotes eine Möglichkeit die Inflation in den Griff zu bekommen. Hier könnte die Deglobalisierung gleichzeitig das Problem, aber auch die Lösung sein. Dem Westen wird durch die aktuelle Situation bewusst, dass Russland und China auf Dauer keine verlässlichen Handelspartner sind und eine Abhängigkeit von Exporten dieser Länder zu großen Problemen führen kann. Sollte es dem Westen gelingen, sich von dieser Abhängigkeit zu lösen, so hat man wieder mehr Kontrolle über die Preise und ist in der Lage, diese durch entsprechende Investitionen zu steuern.

Vor allem bei Rohstoffen und der Energieversorgung könnte dies auf lange Sicht zu deutlichen Entlastungen führen. Durch den Entschluss des Westens einen nachhaltigen Wandel zu vollziehen, wird die Nachfrage besonders in diesen Bereichen deutlich ansteigen, denn für den Umbau der Industrie und die Einführung nachhaltiger Technologien werden wesentlich mehr Rohstoffe benötigt als für die aktuellen Lösungen. Die Zeitenwende und die damit einhergehende Deglobalisierung scheinen in vollem Gange zu sein. Es gilt Probleme zu beheben, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht als solche erkannt wurden und dadurch sehr tiefgreifend sind. Regional gesehen, wird dieser Wandel den Vereinigten Staaten wahrscheinlich leichter fallen als den meisten europäischen Ländern.

Welche Anlageklassen und Regionen favorisieren sie, insbesondere wenn die Konjunktur in eine Rezession abrutscht?

Heinrich: In den Jahren nach der Finanzkrise profitierte die westliche Wirtschaft enorm von der lockeren Geldpolitik. Kredite waren günstig und förderten das Wachstum vieler Unternehmen. Gleichzeitig bestand eine hohe Nachfrage aus China, getrieben durch den dortigen Wachstumsboom. Diese Parameter haben sich jedoch deutlich verändert. Wie zuvor beschrieben, scheint die Zeit der niedrigen Zinsen zumindest vorerst vorbei zu sein.

China selbst befindet sich in einem Wandel hin zu einer Konsumgesellschaft und damit ändert sich auch die politische Ausrichtung des Landes. Die Zeiten, in denen China als „Werkbank der Welt“ bezeichnet werden konnte, scheinen ein Ende zu finden. Im Gegensatz zum Westen investiert China seit Jahren enorm in zahlreiche Entwicklungsländer, um die eigene Versorgung mit Rohstoffen und Gütern zu gewährleisten.

Der Westen hat es verpasst, angemessene Investitionen im Bereich Rohstoffe zu tätigen. Deutlich wird dies für Europa am Beispiel Stahl oder in den Vereinigten Staaten beim Öl. In beiden Fällen hat man es versäumt oder es war politisch nicht gewollt, die eigenen Ressourcen aufrecht zu erhalten und in diese zu investieren. Der Westen hat es bevorzugt auf die günstigeren Exporte anderer Länder zurückzugreifen. Diese Investitionslücke macht sich nun immer mehr in den Rohstoffpreisen bemerkbar, sodass viele Analysten einen „Superzyklus“ bei den Rohstoffen prognostizieren.

 

Sollte die Konjunktur aufgrund der aktuellen Entwicklungen in eine Rezession laufen, ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Rohstoffen und somit auch deren Preise wieder sinken. Dieser Rückgang dürfte jedoch nicht von großer Dauer sein, denn zum einen wird das strukturelle Problem auf der Angebotsseite dadurch nicht gelöst und zum anderen ist es wahrscheinlich, dass die Politik durch (grüne) Infrastrukturprogramme versuchen wird, einer Rezession entgegenzuwirken.

Die ausgerufenen Ziele der Dekarbonisierung und Elektrifizierung der Wirtschaft bringen einen hohen Bedarf an Energie und Rohstoffen mit sich. Besonders in Europa stellt sich die Frage, wie man unabhängig von russischem Gas wird. Während langfristig gesehen die erneuerbaren Energien Abhilfe schaffen sollen, ist man im Falle kurzfristig eintretender Knappheit noch immer auf der Suche nach Lösungen. Laut einer Studie von „ING Research“, besitzen Deutschland und Polen die nötigen Kapazitäten, einen Gas-Stopp durch Russland durch das Hochfahren von Kohlekraftwerken auszugleichen. Ob sich diese Lösung politisch durchsetzen lässt, steht aufgrund der grünen Agenda des Westens, insbesondere der EU, jedoch auf einem anderen Blatt.

Was Investitionen in die Bereiche Rohstoffe und Energie angeht, so scheinen die Chancen auf lange Sicht größer als die Risiken. Bei Aktien sehen wir aktuell eine Rotation von Growth zu Value. Wichtig im Umfeld steigender Zinsen und Inflation ist es auf Titel zu setzen, die eine gewisse Preismacht haben und steigende Kosten an die Verbraucher weitergeben können. Anleihen sind in Zeiten steigender Zinsen unter Druck geraten und angesichts der geplanten Maßnahmen durch die Fed und auch der EZB, wird dies wohl auch vorerst so bleiben.

Chancen ergeben sich hier jedoch bei hochverzinsten Unternehmensanleihen mit kurzen Laufzeiten, sofern eine angemessene Bonität der Unternehmen gewährleistet ist. Wie sinnvoll die Investition in Immobilien ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier sind Intention und Situation des individuellen Investors von großer Bedeutung. Die Preise sind jedoch auf einem sehr hohen Niveau und gleichzeitig verringern steigende Zinsen die Margen bei den Einnahmen aus der Vermietung. Ob die gestiegenen Kosten hier über die Miete an die Verbraucher weitergeben werden können, ist ungewiss.

Die Edelmetalle sehen wir in erster Linie als Versicherung gegen den „Worst Case“. Die zuvor angesprochene Zeitenwende bringt viele Risiken mit sich und in Zeiten langfristiger Inflation und politischer Unsicherheiten hat sich Gold als eine Art Anker im Portfolio stets bewährt. Beim Silber spielen auch vermehrt die Dekarbonisierung und Elektrifizierung eine Rolle. Silber ist ein wichtiger Rohstoff bei der Herstellung von Solarzellen und Elektroautos, sodass die Nachfrage hier ebenfalls deutlich zulegen könnte.

 

Was raten sie Anlegern? Die gefallenen Kurse zum Einstieg nutzen? Aus Aktien aussteigen? Oder einfach nichts tun?

Heinrich: Kurzfristig gesehen, war der beste Schutz gegen die fallenden Kurse die Erhöhung der Cash-Quote. Eine zu hohe Cash-Position ist in einem inflationären Umfeld und dem Risiko einer Abwertung des Euros auf lange Sicht jedoch keine Alternative. Durch die gesunkenen Kurse ist die Bewertung vieler Unternehmen deutlich attraktiver als noch vor ein paar Monaten, jedoch herrscht Unsicherheit darüber, ob die Abwärtsbewegung ein baldiges Ende findet.

Wird davon ausgegangen, dass wir uns in einem Bärenmarkt und nicht in einer Korrektur befinden, kann es gut sein, dass in das sprichwörtlich „fallende Messer“ gegriffen wird. Um dies zu vermeiden, stehen wir unseren Anlegern mit unserer langjährigen Erfahrung zur Seite und sorgen für eine ausgewogene Portfoliostruktur, die in schlechten Marktphasen einen soliden Schutz des Vermögens gewährleistet. Durch unsere Nähe zum Markt sind wir in der Lage, unsere Investitionen an die aktuellen Entwicklungen anzupassen und durch die Antizipation langfristiger Trends zu profitieren. Neben der klassischen Fundamentalanalyse nutzen wir die charttechnische Analyse und Indikatoren der relativen Stärke von Branchen und einzelnen Aktien, um unsere Investitionsentscheidungen zu optimieren.

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