LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 4 Minuten
ANZEIGE

Capital Group zur Konjunktur Europas Darum wird 2020 ein besseres Jahr

2019 wird als enttäuschendes Jahr für die europäische Wirtschaft zu Ende gehen. Das Vereinigte Königreich leidet unter den Brexit-Verhandlungen; Deutschland steht kurz vor einer Rezession. Und Proteste in den Straßen von Paris hätten die französische Regierung fast destabilisiert. Hinzukommen die anhaltenden Handelsspannungen zwischen den USA und China. Diese belasten die exportabhängige Wirtschaft Europas stark.

„Die Europäer dürften nicht traurig sein, wenn 2019 Geschichte ist“, sagt Robert Lind, Wirtschafts-Experte bei Capital Group. „Politisch, wirtschaftlich und im breiteren gesellschaftlichen Kontext war 2019 ein hartes Jahr.“ Lind geht davon aus, dass 2020 besser werden wird.

EZB-Anreize sollen Inflationsziele und Wachstum sichern

Diese Annahme von Robert Lind fußt jedoch auf mehreren „Wenns“: Wenn sich ein Waffenstillstand an der globalen Handelsfront aushandeln lässt. Wenn die Zentralbanken-Maßnahmen Anreize setzen. Und wenn sich die Brexit-Vereinbarung als tragfähig erweist. Erst dann dürfte die große Unsicherheit, die das europäische Wirtschaftswachstum seit Jahren ausbremst, weichen. „Die europäische Wirtschaft sollte im Jahr 2020 Anzeichen einer Besserung zeigen, da einige politische Risiken nachlassen und sich eine weitere fiskalpolitische Lockerung abzeichnet“, glaubt Lind.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im September ihren Leitzins weiter in den negativen Bereich gesenkt – von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent. Zudem will sie ein neues Ankaufprogramm für Anleihen in Höhe von 20 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Erklärtes Ziel: sich ihrem Inflationsziel anzunähern und die europäische Wirtschaft anzukurbeln. Die Inflation liegt seit geraumer Zeit weit unter dem Ziel von rund 2 Prozent pro Jahr. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug unterdessen auf Jahresbasis rund 1 Prozent – was rund der Hälfte des US-Wachstums entspricht. 

Der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi betonte, aggressive Anreize seien notwendig, um die Auswirkungen von Handelskonflikten und die Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums auszugleichen. Draghis Nachfolgerin, die frühere Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, wird Draghis Politik voraussichtlich weiterverfolgen, wenn sie am 1. November ihr Amt antritt.

Unterdessen steuert Deutschland auf eine Rezession zu: Insbesondere das deutsche verarbeitende Gewerbe leidet unter den anhaltenden US-chinesischen Handelsstreitigkeiten. Entsprechend schrumpfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,1 Prozent und wird in den Quartalen drei und vier voraussichtlich weiter sinken. Das wäre fatal, weil sich eine Rezession üblicherweise über zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum definiert.

Rückenwind in Form von positiven Währungseffekten

Seit der Zinssenkung durch die EZB im September hat sich der Euro gegenüber dem US-Dollar weiter abgeschwächt. Damit setzt sich der seit Jahren anhaltende Trend eines starken US-Dollars fort. Seit Jahresbeginn ist der Euro unterdessen um mehr als 4 Prozent gefallen. Hintergrund: Negative Zinssätze in der Eurozone – in Verbindung mit höheren Zinssätzen in den USA – haben Vermögenswerte, die auf US-Dollar basieren, für Anleger chancenreicher gemacht. „Der US-Dollar ist gegenüber dem Euro deutlich überbewertet“, sagt Jens Søndergaard, Währungsanalyst bei Capital Group. „Sobald sich dieser Trend umkehrt, dürften die auf Euro lautenden Vermögenswerte Rückenwind erhalten.“

Nach Søndergaards Worten wird sich der Dollar in den Jahren 2020 bis 2021 abschwächen, da sich das US-Wirtschaftswachstum verlangsamt. Der Währungsanalyst räumt jedoch ein, dass Währungsbewegungen bekanntermaßen schwer vorherzusagen sind. Kurzfristig könnte der Euro weiter fallen, da sich die US-amerikanische und die europäische Wirtschaft auseinanderbewegen.

„Das Verhältnis zwischen den Zinssätzen und den Währungen ist wegen der Negativzinsen aus dem Lot geraten“, kommentiert Søndergaard. Die aktuell wichtigeren Treiber der Währungsbewegungen sind seiner Meinung nach die relativen Anleiheflüsse und die relativen Wachstumserwartungen. „Ob sich der Euro erholen kann, wenn sich die US-Wirtschaft abschwächt, ist noch unklar“, betont Søndergaard.

Positive Effekte auf Währungen und Aktien

Wegen des wirtschaftlichen Gegenwinds ist Europa umso mehr ein klassischer Aktienmarkt. Da Anleger sich nicht auf ein robustes Wirtschaftswachstum verlassen können, das die Aktienkurse anhebt, stehen die Fundamentaldaten der Unternehmen stärker im Vordergrund. Zudem schafft Unsicherheit Chancen. In Europa mangelt es nicht an überzeugenden Möglichkeiten – sowohl aus Wachstumsperspektive als auch aus Bewertungssicht.

Auf der Wachstumsseite suchen „Stock Picker“ nach sich schnell entwickelnden Unternehmen, die in ihren jeweiligen Branchen hervorstechen. Auf der Bewertungsseite gibt es indes Chancen bei einigen hart umkämpften europäischen Automobilunternehmen.

Zwar sind europäische Aktien 2019 hinter den US-Aktienmärkten zurückgeblieben. Aber die europäischen Renditen bleiben auf absoluter Basis immer noch solide. So stieg der der europäische Aktienindex MSCI Europe Index, der die Aktien der rund 450 größten Unternehmen in Europa umfasst, in den ersten drei Quartalen 2019 in US-Dollar um rund 14 Prozent. In lokaler Währung kletterte er sogar um fast 20 Prozent. Zum Vergleich: Gemessen am S&P 500 Index, der die Aktien der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen abbildet, haben auf US-Dollar laufende US-Aktien in diesem Jahr fast 20 Prozent zugelegt.

Obwohl das europäische Wirtschaftswachstum im Jahr 2019 bislang enttäuschte, haben die Anlageerträge eine deutlich andere Richtung eingeschlagen. Denn: Wirtschaft und Börse stehen nicht immer auf einer Seite.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.