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Euro in Gefahr? Das Schisma im Rat der Europäischen Zentralbank

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Nun kann man sagen, dass das eine einmalige Konstellation war. Mir ist nicht bekannt, dass es in der EZB bei Abstimmungen je so knappe Mehrheitsverhältnisse gab. Andererseits ist das Schisma im Rat aber auch nicht zufällig. Es sind vor allem die stabilitätsorientierteren „Nord“-Länder, die gegen die Wiederaufnahme der Wertpapierkäufe stimmten. Die „Süd“-Länder waren samt und sonders dafür. Die Trennung von Nord und Süd in der Gemeinschaft kennen wir schon lange. Sie hat bei vielen Projekten eine Rolle gespielt und eine Einigung erschwert.

Was kann man tun, dass sich so etwas nicht wiederholt? Das Einfachste ist natürlich, die Abstimmungsregeln im Rat zu ändern und die Stimmen nach wirtschaftlicher Bedeutung der Länder zu gewichten. Freilich kann ich mir nicht vorstellen, dass die Südländer hier so einfach klein beigeben. Sie wären immer die Verlierer, solange Frankreich sich auf die Seite der Nordländer stellt. Zudem würde das an sich vernünftige Prinzip der Abstimmung nach Köpfen verletzt. Im Rat sollten eigentlich die Qualität und die Argumente der Gouverneure entscheiden. So hatte man ursprünglich das Prinzip der Abstimmung nach Köpfen begründet.

Am Ende läuft alles darauf hinaus, den Rat wieder auf eine gemeinschaftliche Stabilitätsphilosophie einzuschwören. Das wird nicht leicht sein. Denn die Interessen und die Kulturen der einzelnen Mitglieder der Währungsunion sind nach wie vor sehr unterschiedlich. Die Differenzen haben zuletzt sogar noch zugenommen. Andererseits funktioniert keine Gemeinschaftswährung, wenn sich die dahinterstehenden Mitglieder in zentralen Fragen der Stabilität nicht einig sind. Das würde der Markt schnell merken. Der Euro würde zum Leichtgewicht. Allerdings ist die Einigung auf eine gemeinsame Philosophie nicht unmöglich. Es ist bei den Verhandlungen zur Gründung des Euro entgegen allen Erwartungen gelungen, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Warum sollte das diesmal nicht möglich sein?

Für den Anleger

Es ist erstaunlich, wie wenig der Devisenmarkt auf die Dissonanzen im Governing Council der EZB reagiert hat. Es zeigt, dass der Euro fest etabliert ist und dass die neue Präsidentin Lagarde mit Vorschusslorbeeren empfangen wird. Zudem ist der US-Dollar derzeit auch nicht ohne Probleme. Trotzdem ist für den Anleger Vorsicht geboten. Das Gleichgewicht bei den Wechselkursen ist nicht stabil.

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