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Europapolitik „Eine politische Union wäre gut für den Euro“

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Menschen unzufrieden mit Europa

Zudem: Die Menschen sind unzufrieden mit Europa. Europakritische Parteien bekommen Zulauf. Es gibt zunehmend Zweifel, wozu die Gemeinschaft überhaupt noch gut ist. In der Nachkriegszeit war das nie eine Frage: Die europäische Einigung sollte Krieg auf dem Kontinent ein für alle Mal unmöglich machen.

Aber in der jetzigen Generation ist das Vergangenheit. Es braucht eine neue Begründung. Das Argument, dass Europa sich nur gemeinsam gegenüber den Großmächten Amerika und China behaupten kann, ist zwar richtig. Es ist aber nichts, was den Mann auf der Straße vom Stuhl reißt.

Es muss ein neuer Ansatz her

Bei so viel Bruchstellen muss ein neuer Ansatz her. Hier mal eine Idee zum Diskutieren: Was wäre, wenn man Europa nicht durch immer mehr Mitglieder und Institutionen voranbringt, sondern im Gegenteil durch weniger? Also die EU sozusagen von rückwärts bauen. Wenn Länder aus der Gemeinschaft austreten, ist dies keine Katastrophe, sondern die Chance für die anderen enger zusammenzurücken. Je weniger Mitglieder umso besser. Man muss niemand zum Austritt ermutigen. Aber wenn es passiert, ist es kein Beinbruch.

So ganz ungewöhnlich ist dieser Gedanke nicht. In den Vereinigten Staaten traten im Sezessionskrieg 1861 – das waren gut 80 Jahre nach der Gründung der USA – elf Südstaaten aus der Union aus und führten gegen die anderen Krieg. Danach taten sie sich aber wieder zusammen.

Der Zusammenhalt wird enger

Eine Verkleinerung Europas sieht auf den ersten Blick wie ein Scheitern aus. Die EU schrumpft und ist am Ende gar nicht mehr da. Das ist aber ein falsches Bild. Wenn Länder die Gemeinschaft verlassen, bleiben nur die in der Union, die sich wirklich zusammengehörig fühlen. Der Zusammenhalt wird enger.

Kulturelle und historische Gemeinsamkeiten haben mehr Möglichkeiten, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen. Man braucht keine speziellen Rechtfertigungen für Europa. Es ist eben da und von den Menschen gewollt (so wie das auch beim Nationalstaat der Fall ist).

Angst vor anonymer Transferunion

Die politische Zusammenarbeit wird einfacher. Die Angst vor einer anonymen Transferunion ist nicht mehr so groß. Auch in Nationalstaaten gibt es Transfers, die von der Bevölkerung – auch nicht klaglos – akzeptiert werden. Man braucht auch nicht einen so großen Wasserkopf in Brüssel. Vielleicht kann man auch die Regulierungswut bremsen.

Der Euro müsste natürlich an die geänderten Verhältnisse angepasst werden. Dann stünde er aber auf einer funktionsfähigen politischen Union. Er würde widerstandsfähiger. Es hat in der Geschichte noch nie eine Währung ohne politische Union gegeben.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der bisherigen „großen“ Union kann bleiben. Sie ist von allen akzeptiert und würde kein Mitglied dazu bewegen, aus der EU auszutreten. Sie braucht auch keine politische Union.

Für den Anleger

Das sind ganz langfristige Überlegungen, die für die Anlagepolitik keine unmittelbare Bedeutung haben. Der Austritt von Mitgliedern würde für die Börsen in Europa sicher einen Rückschlag bedeuten. Andererseits zeigt sich, dass Europa viele Entwicklungsmöglichkeiten hat und nicht jeder Rückschlag das Ende der Gemeinschaft bedeuten muss.

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