Milliardenbetrug Früherer P&R-Marketingchef packt aus
Größenwahn, Gier, Dilettantismus: Wie es hinter den Kulissen der Containerfirma P&R zuging, die mehr als 50.000 Anleger um ihr Geld brachte, zeigt der detaillierte Bericht eines ehemaligen Mitarbeiters. Hajo Maier war seit 2011 als Sprecher und Marketingchef für das Unternehmen tätig. Im Rahmen seiner Aussage bei der Polizei hat er einen 300-seitiges Dokument über seine Zeit bei der Firma verfasst. Teil der Dokumentation, über die der „Spiegel“ berichtet (Paywall), sind erinnerte Dialoge, Erlebnisse, Notizen und Zahlen.
Maier gibt an, selbst nichts von dem Betrug gewusst zu haben. „Ohne es zu wissen und zu wollen, habe ich über Jahre hinweg einen maßgeblichen Beitrag geleistet, der es den Verantwortlichen ermöglicht hat, den monströsen Betrug so lange aufrechtzuerhalten“, zitiert ihn der „Spiegel“. Kurz bevor alles aufflog, hat er sein Geld und das Geld eines engen Verwandten nochmal neu bei P&R angelegt, schreibt das Magazin. Maier hatte P&R als Geschäftsführer einer Marketingagentur zunächst als Kunden betreut, später wechselte er dann in das Unternehmen.
Dem „Spiegel“-Bericht zufolge will der Marketingchef alles verstehen, stellt viele Fragen. Antworten erhält er aber oft nicht. Vielmehr wird Maier teilweise deutlich zurückgepfiffen. Ein Tabuthema ist die Finanzbuchhaltung, mit der er nicht sprechen darf. Auch zur Schweizer Schwesterfirma, die keinen Internetauftritt hat und keine Pressemeldungen liefert, darf Maier keine Fragen stellen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Vergeblich bleibt sein Einsatz für einen offiziellen Geschäftsbericht. Sein Argument, dass man so zeigen könne, dass P&R nichts zu verbergen habe, soll P&R-Chef Werner Feldkamp wie folgt kommentiert haben: „Was wir veröffentlichen, entscheiden nicht irgendwelche Idioten, die irgendwelche Scheißgesetze machen. Sondern wir allein. (…) Und wie wir kalkulieren, geht niemand etwas an.“
Im Frühjahr 2018 bricht das Schneeballsystem zusammen, die deutschen Gesellschaften von P&R melden Insolvenz an. Das Unternehmen, das 1975 gegründet wurde, soll 2007 mit dem Betrug begonnen haben. Knapp eine Millionen der 1,6 Millionen an Anleger verkauften Container gab es den Ermittlungen zufolge nie. Insgesamt sollen 54.000 Anleger 2,5 Milliarden Euro verloren haben.
Neben Feldkamp sind mittlerweile auch Mitgründer Heinz Roth sowie Vertriebsvorstand Wolfgang Stömmer verstorben. Die Ermittlungen gegen den letzten Chef Martin E. wurden im Sommer eingestellt. Ermittelt wird nun noch gegen Gründersohn Harald Roth, der zeitweise ebenfalls im Unternehmen tätig war.