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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 10 Minuten
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Marktaussichten 2023 Bei Rezession weist der Gesundheitssektor kaum Risiken und Nebenwirkungen auf

Ärztin bei der Vorbesprechung
Ärztin bei der Vorbesprechung: Der Markt für minimalinvasive Chirurgie wurde 2021 auf 48 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bis 2027 soll er jährlich um 8 Prozent auf 76 Milliarden US-Dollar wachsen. | Foto: Imago Images / Westend61
Erin Xie

Nach einem schwierigen Jahr mit negativen Renditen bei Aktien und Anleihen stellen wir uns auf weitere Volatilität ein, denn der Inflationsdruck sowie die geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten halten an. Da die Nachfrage für viele Gesundheitsprodukte und -services auch in schwierigen Zeiten bestehen bleibt, hat der Gesundheitssektor sich in der Vergangenheit in Abschwungphasen vergleichsweise resilient gezeigt. So auch während der Talfahrt an den Börsen im vergangenen Jahr: Gesundheitsaktien entwickelten sich deutlich besser als die breiten Aktienmärkte und wiesen gleichzeitig eine um 23 Prozent geringere Volatilität auf (Quelle: Morningstar Direct, Dezember 2022, Evestment, 2022).

Quelle: Sector Business Cycle Analysis, SPDR Americas, 2019

Da weltweit Rezessionen drohen, könnten viele Segmente des Gesundheitssektors mit ihren defensiven Merkmalen für Anleger attraktiv sein. Gesundheitsanbieter haben in den letzten sieben Rezessionen die breiten Märkte um durchschnittlich 10 Prozent übertroffen (Quelle: BlackRock Fundamental Equities mit Daten von Refinitiv, 2022). Außerdem zeichnet den Sektor historisch ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum aus, wenn der Markt sich eintrübt: In den letzten sechs Rezessionen stiegen die Gewinne im Sektor durchschnittlich um 21 Prozent (Quelle: Renditen des MSCI World Health Care Index, FactSet, BlackRock, 2022).

Die strukturelle Nachfrage schützt den Sektor zudem vor Inflationsdruck. Langfristig unterstützen auch konjunkturunabhängige Trends wie eine alternde Weltbevölkerung die Nachfrage.

Der Gesundheitssektor ist eine breit diversifizierte Branche

Der Gesundheitssektor ist ein komplexes, vielfältiges Anlageuniversum, das Biotech-Startups ebenso umfasst wie etablierte Gesundheitsriesen. Das Gros des Sektors zeichnet sich durch hohe Resilienz aus, einige Segmente sind jedoch konjunkturempfindlicher. Verbrauchergesundheits-Unternehmen etwa sind in Abschwungphasen in der Regel anfälliger, da dann die Nachfrage nach nicht lebenswichtigen Produkten und Behandlungen sinkt. Medizintechnikanbieter wiederum litten 2022 unter dem schwierigen Wirtschaftsumfeld mit gestörten Lieferketten und steigender Inflation. Insgesamt gut entwickelten sich Biotech-Firmen, bei denen die Renditebandbreite allerdings recht groß war. Einigen Biotech-Startups machten steigende Zinsen zu schaffen, während positive klinische Entwicklungen bei anderen trotz des konjunkturellen Gegenwinds für Auftrieb sorgten.

mRNA-Forschung sorgt für neue Durchbrüche

Die schnelle Reaktion der Gesundheitsbranche auf die Pandemie war umwerfend. Im Rekordtempo erzielte sie wissenschaftliche Durchbrüche mit echtem gesellschaftlichen Mehrwert, weil sie sowohl die Ansteckungsgefahr als auch die Gefahr, die von dem Virus ausging, reduzierten. Aktuell lässt die akute Bedrohung durch die Pandemie nach. Daher sucht die Gesundheitsbranche nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für die jüngsten Innovationen. mRNA-Impfstoffe haben die Ausbreitung von Corona deutlich gebremst und die Gefährlichkeit von Covid-19-Varianten abgeschwächt. Inzwischen wurden weltweit über 13 Milliarden Corona-Impfdosen (Quelle: Ourworldindata.org) verabreicht und die Nachfrage nach Booster-Impfungen sinkt. Wir erwarten daher in den nächsten Jahren weiter rückläufige Umsätze mit Covid-Vakzinen. Bei neuen mRNA-basierten Medikamenten sehen wir jedoch spannende Anlagechancen. Deren Potenzial in der Behandlung von Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson erforschen derzeit Pharmariesen wie Roche. Wissenschaftler von Moderna und Pfizer eruieren Anwendungsmöglichkeiten in der Onkologie, etwa in der Behandlung von Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs oder Melanomen.

 

Kürzlich gab es beim mRNA-Impfstoff von Moderna einen klinischen Durchbruch in der Melanom-Therapie: In Kombination mit dem Immuntherapeutikum Keytruda von Merck erhöhte das Vakzin das rezidivfreie Überleben um 44 Prozent verglichen mit einer Behandlung allein mit Keytruda. Wissenschaftliche Daten deuten zudem darauf hin, dass die Therapie nicht nur bei Hautkrebs, sondern auch bei anderen stark mutierenden Tumorarten wie Lungenkrebs erfolgreich eingesetzt werden könnte. Wir werden wichtige klinische Meilensteine weiter im Blick behalten, darunter die für 2023 erwarteten Ergebnisse aus Phase-3-Studien. Trotz dieser positiven Entwicklungen sind die Nachwirkungen der Pandemie in einigen Segmenten des Gesundheitssektors nach wie vor zu spüren.

Mangel an Fachkräften forciert Technologieeinsatz

Der akute Personalmangel ist auch eine Folge der vermehrten Frühverrentungen im Gesundheitswesen, dem viele Mitarbeitende wegen Stress während der Pandemie den Rücken kehrten. Er stellt Krankenhäuser und andere Gesundheitsanbieter vor große Probleme. Für viele medizinische und chirurgische Eingriffe braucht es aber medizinisches Personal, sodass Fachkräfte neu eingestellt werden mussten. Die höheren Kosten dafür schmälern nun die Margen der Krankenhausbetreiber.

Der Fachkräftemangel hat auch für Hersteller medizinischer Geräte und Verbrauchsmaterialien Folgen. Weil es immer weniger medizinisches Fachpersonal gibt, das die Geräte für elektive (zeitlich frei wählbare) Eingriffe und Operationen bedienen kann, sinkt die Nachfrage nach bestimmten Produkten. Mit den zahlreichen Belastungen rücken seit langem bestehende betriebliche Mängel in den Fokus. Konfrontiert mit neuen Zwängen ist es für die Branche nun noch dringlicher, Technologie zu nutzen, um Prozesse zu straffen, die Kosten weiter zu senken und die Patientenversorgung zu verbessern. Wir gehen zwar davon aus, dass beim Fachkräftemangel das Schlimmste überstanden und in den nächsten Jahren mit Besserung zu rechnen ist. Dennoch prüfen wir weiterhin Anlagemöglichkeiten bei Gesundheitsanbietern, die mit ihren innovativen Produkten die Effizienz verbessern.

Medizintechnik-Markt vor weiterem Wachstum

Trotz des Gegenwinds durch Personalmangel und gestörte Lieferketten bringen Medizintechnikunternehmen weiterhin Innovationen hervor, die attraktive Möglichkeiten für Wachstum eröffnen. Diabetes ist eine weit verbreitete Krankheit, an der in den USA 37 Millionen Menschen leiden, das sind 11 Prozent der Erwachsenen (Quelle: Diabetes.org). Mit Blutzuckermessgeräten können Patienten ihre Werte kontinuierlich messen und die Daten in Echtzeit kontrollieren, ohne schmerzhaften Pieks in den Finger. Das Medizintechnikunternehmen Dexcom hat einen neuen G7- Sensor entwickelt, der 60 Prozent kleiner ist als die Vorgängermodelle. Zudem zeigt das Gerät, für das die FDA-Zulassung noch aussteht, im Vergleich zu früheren Versionen eine verbesserte Leistung. Dexcom erhielt überdies im letzten Jahr die Zulassung der FDA für die Kopplung seiner Diabetesdaten mit Fitness-Trackern von Drittanbietern. So können die Blutzuckerwerte auch auf Smartwatches angezeigt werden.

Technologische Fortschritte bei minimalinvasiven Verfahren verbessern die Ergebnisse für die Patienten und schaffen attraktive Anlagechancen. Sie ermöglichen Eingriffe über kleinere Schnitte und damit eine schnellere Genesung der Patienten, etwa in der Neuro-, Krebs-, Gefäß- und gynäkologischen Chirurgie. Für diesen Markt erwarten wir weiteres Wachstum.

Die Zahl der robotergestützten chirurgischen Eingriffe hat sich inzwischen auf das Niveau vor Corona erholt. Intuitive Surgical, bekannt für sein roboterassistiertes Operationssystem da Vinci, arbeitet weiter an neuartigen integrierten Systemen und Single-Port-Lösungen, um die Unterschiede im Behandlungserfolg zu verringern und die Versorgung zu verbessern. Penumbra hat ein Ganzkörper-Virtual-Reality-System für die Physiotherapie entwickelt. Die Technologie der Y-Serie unterstützt Patienten über Virtual-Reality-Headsets und Körpersensoren bei Übungen, mit denen sie ihre Muskeln und geistigen Fähigkeiten trainieren. Die bahnbrechende Technologie wurde für die Physio- und die Ergotherapie entwickelt, um Bewegungsradius, Körperhaltung, Gleichgewicht und kognitive Stimulation zu verbessern. Bei diesen innovativen Entwicklungen sehen wir interessante Anlagemöglichkeiten.

Dagegen dürften bestimmte Bereiche der Medizintechnik kurzfristig weiter Gegenwind verspüren. So verläuft die Erholung bei medizinischen Eingriffen uneinheitlich. Operationen an der Wirbelsäule beispielsweise nehmen nur langsam wieder zu, was die Nachfrage nach bestimmten Medizinprodukten bremst. Darüber hinaus dürften Preisauftrieb und fehlende Komponenten die Margen einiger Unternehmen in der ersten Jahreshälfte schmälern. Wir bevorzugen daher Anbieter mit starken Produktpipelines und guten Aussichten auf Gewinnwachstum.

Entwicklungen bei Alzheimer

Die Suche nach Möglichkeiten zur Behandlung von Alzheimer war in den vergangenen zwanzig Jahren geprägt von zahlreichen Rückschlägen in der klinischen Forschung. Es wird jedoch dringend eine wirksame Therapie benötigt, um die weltweit schätzungsweise 55 Millionen an dieser Krankheit leidenden Menschen zu behandeln. Der neue Antikörperwirkstoff Lecanemab von Biogen und Eisai zielt darauf, das schädigende Amyloid aus dem Gehirn zu entfernen. Der Stoff bremste in einer Phase-3-Studie mit fast 1.800 Menschen mit Alzheimer im Frühstadium den kognitiven Abbau um 27 Prozent (Quelle: Pressemitteilung von Biogen, November 2022). Das lässt hoffen. Die Entscheidung der FDA über eine beschleunigte Zulassung wurde Anfang Januar des laufenden Jahres getroffen.

Die klinischen Daten zu Lecanemab sind vielversprechend, aber es gibt Fragen zu den Nebenwirkungen und ob diese den potenziellen Nutzen überwiegen. Daneben befinden sich noch weitere namhafte Anti-Amyloid-Medikamente in der klinischen Erprobung, so etwa Donanemab von Lily. Die alternde Weltbevölkerung wird die Nachfrage nach Alzheimer-Präparaten auf Jahre hinaus anfachen. Die damit verbundenen Geschäftsmöglichkeiten beobachten wir weiter und haben dabei auch das Risiko klinischer Rückschläge im Blick.

Fusionen und Übernahmen

2023 werden nach unseren Analysen einige wichtige Patente auslaufen. Der Biotech-Konzern AbbVie etwa dürfte den Patentschutz für sein entzündungshemmendes Blockbuster-Medikament Humira verlieren. Auch Januvia, ein Diabetes-Medikament von Merck, wird wohl seine Marktexklusivität in den USA einbüßen. Der Höhepunkt auslaufender Patente wird zwar erst in einigen Jahren erwartet. Der drohende Umsatzrückgang könnte aber schon heute Fusionen und Übernahmen ankurbeln, mit denen Arzneimittelhersteller versuchen, ihre Produktportfolios breiter aufzustellen. Kürzlich gab es bereits einige bemerkenswerte Übernahmen. Im Dezember gab Amgen die Akquisition des irischen Arzneimittelherstellers Horizon Therapeutics für 27,8 Milliarden US-Dollar bekannt – die größte im Gesundheitssektor im Jahr 2022. Johnson & Johnson kündigte die Übernahme des Medizintechnikunternehmens Abiomed für 16,6 Milliarden US-Dollar an, um sein Herz-Kreislauf-Geschäft auszubauen. Und Merck gab bekannt, dass es Imago Biosciences für 1,4 Milliarden US-Dollar übernimmt, um seine Kapazitäten in der Onkologie zu verstärken. Das sich drehende M&A-Karussell und die Auswirkungen auf die Entwicklungs-Pipelines und Produktportfolios der Unternehmen beobachten wir weiterhin sehr genau.

An der politischen Front ist Klarheit eingekehrt

Mit dem US Inflation Reduction Act wurde auch die Reform der Arzneimittelpreise verabschiedet, sodass nach Jahren der Spekulation nun Klarheit herrscht. Das Gesetz vom August 2022 enthält wichtige Bestimmungen zum Gesundheitswesen, die auch die politischen Erwartungen der Marktteilnehmer bestimmen werden. Insgesamt dürfte sich die Arzneimittelreform uneinheitlich auf die Pharmaindustrie auswirken. Positiv ist die Deckelung der Kosten, die Patienten aus eigener Tasche bezahlen müssen. Bestimmte Präparate, etwa gegen Diabetes, dürften dadurch erschwinglicher werden und die Verkaufszahlen dürften steigen. Unter Preisdruck könnten dagegen Arzneimittel geraten, die unter das Medicare-Programm fallen. Ab 2026 sind ihre Preise verhandelbar und könnten um 25 bis 60 Prozent sinken, je nachdem, wie viel Zeit seit ihrer Markteinführung vergangen ist. Wir werden diese Entwicklungen, ihre Risiken und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Unternehmen, in die wir investieren, aufmerksam verfolgen.

Attraktive Einstiegspunkte

Die Bewertungen im Gesundheitssektor liegen unter dem langjährigen Durchschnitt und sind damit unverändert attraktiv. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse implizieren einen Abschlag von 3 Prozent gegenüber den globalen Aktienmärkten. Innerhalb des Sektors sind vor allem Biotech- und Pharmariesen attraktiv bewertet. Das macht die Gesundheitsbranche besonders interessant verglichen mit anderen defensiven Sektoren, deren Kurse im Zuge der jüngsten Umschichtung von wachstums- in substanzorientierte Titel kräftig gestiegen waren.

Fazit

Die Resilienz, die der Gesundheitssektor in einem so volatilen Wirtschaftsumfeld wie schon lange nicht mehr unter Beweis gestellt hat, stimmt uns optimistisch. Neben defensiven Merkmalen bietet der Sektor Diversifizierungsvorteile, da er kaum von Makro-Faktoren beeinflusst wird.

Wichtig sind für uns als Anleger auch die attraktiven Wachstumschancen in der Gesundheitsbranche. Angetrieben von ständigen wissenschaftlichen Innovationen schafft sie einzigartige, komplexe und sich kontinuierlich verändernde Anlagechancen. Da es sich um einen hoch wissenschaftlichen Industriezweig handelt, ist ein fundiertes Verständnis der wissenschaftlichen Erkenntnisse, auf denen die Produkte der einzelnen Unternehmen beruhen, für die differenzierte Beurteilung der Fundamentaldaten von Unternehmen zentral.

Strukturelle Wachstumsfaktoren dürften die Nachfrage im Gesundheitssektor auf lange Sicht weiter stützen. Die Zahl der über 80-Jährigen wird sich Prognosen zufolge verdreifachen, und zwar von 143 Millionen im Jahr 2019 auf 426 Millionen bis 2050 (Quelle: Unsere Welt in Daten, 2022). Dieser demografische Wandel wird in den nächsten Jahrzehnten für eine anhaltend hohe Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen sorgen.

Mehr zum BlackRock Global Funds (BGF) – World Healthscience Fund erfahren Sie hier.  

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