LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in BaFinLesedauer: 4 Minuten

Finanzinstitute im Check Product Governance – Bafin deckt Mängel auf

Menschen in der Münchner Fußgängerzone
Menschen in der Münchner Fußgängerzone: Im Sinne des Verbraucherschutzes sollen Hersteller von Finanzprodukten und Finanzvertriebe genau definieren, für welche Kunden sich ihre Produkte eignen. | Foto: imago images/ Wolfgang Maria Weber

Finanzprodukte sollen im Sinne der Verbraucher erstellt werden und verantwortungsvoll an diese verkauft werden. Um das zu gewährleisten, hat der europäische Gesetzgeber mit der Richtlinie Mifid II den Finanzmarktteilnehmern 2018 einige Wohlverhaltensregeln auferlegt. In Deutschland ist die sogenannte Product Governance im deutschen Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) umgesetzt worden.

Wie kommen die Unternehmen, die die Regeln mit Leben füllen müssen, nun damit klar? Das wollte die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde Esma herausfinden und hat für den hiesigen Markt die deutsche Bafin mit der Prüfung betraut. Die Bafin hat daraufhin 14 Finanzinstitute untersucht – und die Ergebnisse kürzlich vorgestellt.

Insgesamt überprüften die Finanzaufseher 14 Marktteilnehmer: zwei stellen nur Finanzprodukte her – sie schaffen, entwickeln, begeben oder gestalten Finanzprodukte. Sieben arbeiten als reine Vertriebe – sie verkaufen, empfehlen oder vermarkten Finanzprodukte. Fünf der untersuchten Institute machen beides.

Erstes Fazit der Bafin: Die Unternehmen kommen ihren Pflichten nicht genau genug nach.

Zur Product Governance gehört etwa, einen möglichst passgenauen Zielmarkt für Finanzprodukte zu definieren, also zu definieren, welche Anleger ein Produkt genau ansprechen soll. Die Produktersteller sollen dabei nach dem Prinzip der Proportionalität vorgehen: Ein komplexes Produkt wie etwa ein Derivat auf einen Basiswert verlangt eine detailliertere Zielmarktbeschreibung als ein Long-only-Aktienfonds. Bei dieser Abstufung hapert es jedoch oft, stellt die Bafin fest: Nicht alle Hersteller unterschieden bei der Zielmarktbeschreibung zwischen komplexen und weniger komplexen Produkten.

Ebenfalls müssen laut Product-Governance-Vorgaben die Kosten und Gebühren zu den potenziellen Zielkunden passen. Wer nur über einen kurzen Zeitraum Geld anlegen will, so die Idee, sollte niedrigere Einstiegskosten haben als es jemand, der sein Geld langfristig anlegt – sonst ist der Gewinn gleich wieder weg. Insgesamt sollten die Kosten die zu erwartende Rendite auch nicht vollkommen verschlingen. In ihrer Auswertung bemängeln die Finanzaufseher nun: „Die Untersuchung der Bafin hat ergeben, dass drei von sieben Herstellern lediglich Kostenobergrenzen für ihre Produkte festlegen. So können sie jedoch nicht sicherstellen, dass ein Produkt mit Blick auf Kosten und Gebühren hinreichend differenziert für den Zielkundenkreis ausgestaltet wird.“

Jene Finanzinstitute, die sich um den Vertrieb der Produkte kümmern, sind nach Product-Governance-Vorgaben angehalten, die Angaben der Produkthersteller zum Zielmarkt noch einmal zu überprüfen und sie mit der Realität abzugleichen. So können sie den vom Hersteller festgelegten Kundenkreis bei Bedarf auch noch enger fassen. In jedem Fall sollten die Vertriebsunternehmen den Zielmarkt noch einmal überprüfen.

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Auch das geschieht häufig nicht, moniert nun die Bafin. Vielmehr übernehmen vier von zwölf Vertriebsunternehmen die Zielmarktangaben der Produkthersteller vielmehr, ohne sie noch einmal zu hinterfragen. Das Ergebnis decke sich mit einer früheren Untersuchung zum Zertifikate-Markt von 2020: Auch dort habe der Vertrieb die Herstellerangaben oft ungeprüft übernommen.

 

Nicht zuletzt muss auch der Vertrieb nach dem Proportionalitätsprinzip arbeiten: Bei komplexeren Produkten sind die Angaben der Produkthersteller umso detaillierter zu überprüfen. Hier arbeiteten nur drei der zwölf untersuchten Vertriebe so, wie es die Bafin erwartet.

Alle Institute, bei denen die Bafin Mängel festgestellt hat, sollen diese nun beheben. Insgesamt könnten die Product-Governance-Regeln auch noch strenger werden – da die Esma noch neue Nachhaltigkeitsregeln in den Product-Governance-Katalog einarbeite.

Die Finanzaufseher erinnern auch an die Initiative zur Zielmarktbestimmung, die der deutsche Fondsverband BVI zusammen mit dem Bankenverband Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und dem Derivateverband DDV ins Leben gerufen hat. Die im Grunde positiv bewertete Standardisierung beim Definieren von Zielmärkten dürfe jedoch nicht dazu führen, dass die Standards insgesamt sinken, ermahnen die Finanzaufseher.

Mit Blick auf die Product-Governance-Vorgaben von Mifid II bestehe jedoch nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern noch Luft nach oben. Bei der Bafin will man in der Sache am Ball bleiben.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen