Schroders-Portfoliomanager Ingmar Przewlocka: „Viele Multi-Asset-Fonds waren eher verkappte Rentenfonds“
DAS INVESTMENT: Herr Przewlocka, Sie sind seit 5 Jahren bei Schroders und haben den global anlegenden Multi Asset Fonds übernommen. Sie erlebten in dieser Zeit das Corona-Tief, die schnelle V-förmige Erholung, nun die Zinswende. Langweilig ist es bis jetzt nie geworden, oder?
Ingmar Przewlocka: Ich bin seit mehr als 20 Jahren am Markt. Nach so einer langen Zeit denkt man gelegentlich, wirklich alles erlebt zu haben - und dann passiert doch wieder etwas Unerwartetes. Die Auswirkungen einer globalen Pandemie hatte wohl niemand auf dem Zettel: Erst gefühlte 17 Minuten Rezession im März 2020 und dann eine V-förmige Erholung, die kein Halten mehr kannte.
Und nachdem wir das beinahe hinter uns hatten, folgte ein Krieg in Kontinentaleuropa, in dem eine Nuklearmacht involviert ist.
Przewlocka: Auch das hat wohl kaum jemand vorhergesehen. Aber die Welt und auch das Fonds-Management läuft nun mal nicht nach einem Drehbuch, das ist ja auch das Interessante daran. Unter Beibehaltung der eigenen DNA muss man sich fortlaufend an ein sich verändertes Marktumfeld adaptieren. Man muss alte Gepflogenheiten immer wieder aufbrechen. Langweilig ist es noch nie gewesen.
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DAS INVESTMENT: Herr Przewlocka, Sie sind seit 5 Jahren bei Schroders und haben den global anlegenden Multi Asset Fonds übernommen. Sie erlebten in dieser Zeit das Corona-Tief, die schnelle V-förmige Erholung, nun die Zinswende. Langweilig ist es bis jetzt nie geworden, oder?
Ingmar Przewlocka: Ich bin seit mehr als 20 Jahren am Markt. Nach so einer langen Zeit denkt man gelegentlich, wirklich alles erlebt zu haben - und dann passiert doch wieder etwas Unerwartetes. Die Auswirkungen einer globalen Pandemie hatte wohl niemand auf dem Zettel: Erst gefühlte 17 Minuten Rezession im März 2020 und dann eine V-förmige Erholung, die kein Halten mehr kannte.
Und nachdem wir das beinahe hinter uns hatten, folgte ein Krieg in Kontinentaleuropa, in dem eine Nuklearmacht involviert ist.
Przewlocka: Auch das hat wohl kaum jemand vorhergesehen. Aber die Welt und auch das Fonds-Management läuft nun mal nicht nach einem Drehbuch, das ist ja auch das Interessante daran. Unter Beibehaltung der eigenen DNA muss man sich fortlaufend an ein sich verändertes Marktumfeld adaptieren. Man muss alte Gepflogenheiten immer wieder aufbrechen. Langweilig ist es noch nie gewesen.
Was hilft dabei, sich von neuen Situationen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen?
Przewlocka: Die Konfrontation mit neuen Marktgegebenheiten sind Teil des Jobs. Aber auch nach Jahrzehnten in diesem Business gibt es immer wieder Überraschungsmomente und man gewinnt ständig an Erfahrung.
Apropos neue Marktbegebenheiten: Nach 15 Jahren Abwesenheit ist der Zins wieder da – und wie! Auf der Aktienseite wurden gute Unternehmen etwas günstiger, auf der Rentenseite lassen sich wieder vernünftige Renditen vereinnahmen und es gibt wieder Spreads, für die man ein Risiko eingehen kann. Ist das Management eines Multi-Asset-Fonds nun wieder einfacher geworden oder sind die Herausforderungen einfach andere?
Przewlocka: Es ist herausfordernder, aber auch ein Stück weit attraktiver geworden. Denn die Zinswende hat dafür gesorgt, dass Angebot und Nachfrage wieder normaler aufeinandertreffen. Diese Struktur war durch die Politik der Notenbanken völlig aus den Fugen geraten. Das Ganze ist nun auch dahingehend entzerrt, dass rein passive Ansätze stärker unter Druck gekommen sind. Das haben wir im letzten Jahr gesehen, da hatten aktive Fondsmanager die Nase vorn.
Was hat sich für Sie im Alltag als Manager eines Multi Asset Fonds konkret geändert?
Przewlocka: Ich kann nun die aktiven Fähigkeiten, die ein Fonds-Manager haben sollte, wieder besser ausspielen als in der Vergangenheit. Eingegangene Risiken werden wieder adäquat kompensiert.
Im Gegensatz zu manch anderem Fonds-Manager nutzen Sie den zur Verfügung stehenden Rahmen umfassend aus. Sie bauen das Portfolio regelmäßig um, hedgen und shorten. Was ist Ihre besondere Herangehensweise an das aktive Portfoliomanagement?
Przewlocka: Ich unterliege keinem Bias. Ich denke, das unterscheidet mich von den meisten anderen Fondsmanagern. Manche fühlen sich eher in einem positiven Marktumfeld wohl und performen da sehr gut. Bei anderen steht die Welt ständig kurz vorm Untergang, entsprechend sind sie positioniert. Mir ist es völlig egal, ob ein Markt nach oben geht oder nach unten. Meine Kollegen und ich blicken mit einem objektiven Blick auf die Welt – und wir haben uns angewöhnt, immer einen Plan B zu haben.
In welchen Fällen greifen Sie auf den zurück?
Przewlocka: Schroders ist ein sehr fundamental getriebenes Haus. Wir verfolgen mit unserem Fonds einen Core-Satellite-Ansatz. Auf der Core-Seite sind wir stabiler als viele andere Fonds. Auf der taktischen Seite sind wir wesentlich aktiver. Dieses Zusammenspiel ist ein Stück weit ein Alleinstellungsmerkmal. Unsere strategische Core-Position ist langfristig ausgelegt. Im taktischen Bereich geht es deutlich kurzfristiger zur Sache. Doch da kann man noch so umfangreiche Analysen haben, manchmal spielt der Markt einfach nicht mit. In solchen Situationen muss man wissen, wann man aus einer Position herausgeht, auch wenn man es fundamental eigentlich für nicht gerechtfertigt hält.
Man muss quasi gegen die eigene Überzeugung handeln.
Przewlocka: Wir halten dann nicht krampfhaft an unserer Überzeugung fest. Dieses Mindset unterscheidet uns von vielen anderen Marktteilnehmern. Viele Multi-Asset-Fonds waren in der Vergangenheit eher verkappte Rentenfonds, die einfach auf lange Durationen setzten. Im größten Bullenmarkt für Anleihen aller Zeiten kam man damit auch gut durch. Im letzten Jahr sind dann aber viele an ihre Grenzen gestoßen. Die hatten nichts mehr zum Verstecken, weil die Diversifikationseffekte nicht mehr da waren.
Blicken wir genauer in Ihren Fonds. Wie hoch ist die Aktienquote derzeit?
Przewlocka: Bei 48,5 Prozent.
Daraus würde ich ableiten, sie schauen recht zuversichtlich in die Zukunft.
Przewlocka: Das stimmt, diese Größe ist eher Pro-Risiko ausgerichtet. Seit Ende letzten Jahres haben wir die Aktienquote aufgebaut, aber auch bestimmte Sektoren deutlich übergewichtet. Ein Bereich ist der Halbleiter-Sektor. Auch beim Dax hatten wir Ende des dritten Quartals deutlich aufgestockt. Die Bewertung war damals sehr attraktiv.
Bei der Aktienquote reizen Sie die Extreme mitunter aus: In den ersten Corona-Wochen sank sie auf 10 bis 15 Prozent, das Maximum liegt bei 50 Prozent.
Przewlocka: Unsere neutrale Quote liegt bei 25 bis 30 Prozent. Aber wir nutzen den Rahmen, der uns zur Verfügung steht, flexibel aus, wenn wir die entsprechenden Signale erhalten. Nicht nur bei der Aktienquote, auch bei der Duration.
Viele analysieren bei Multi Asset nur, wie die einzelnen Vermögensklassen allokiert sind. Genauso spannend ist es aber, wie es in den jeweiligen Vermögensklassen aussieht. Setzen Sie bei Aktien auf Value- oder Growth-Werte?
Przewlocka: Wir halten uns von der dogmatischen Auseinandersetzung zwischen Value und Growth fern. Es gibt in beiden Bereichen attraktive Titel. Generell würde ich uns aber eher als Value-lastig einstufen. Neben Halbleitern, die derzeit ein Momentum haben, hatten wir bis vor Kurzem eine größere Positionierung im Banken-Sektor. Und wie Sie es richtig sagten: Viele sehen Multi Asset als eine Anordnung von verschiedenen Asset-Klassen – Commodities, Fixed Income, Aktien, Cash. Wir jedoch sind sehr granular innerhalb der verschiedenen Asset-Klassen unterwegs.
Auf der nächsten Seite: Warum sich Ingmar Przewlocka gegen den US-Dollar positioniert und wie er Rohstoffe gewichtet