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Shareholder-Aktivismus, Teil 3 Wie Aufsichtsräte Mehrwert für alle schaffen

Frank Fischer ist Vorstandsvorsitzender von Shareholder Value Management mit Sitz in Frankfurt am Main.
Frank Fischer ist Vorstandsvorsitzender von Shareholder Value Management mit Sitz in Frankfurt am Main. | Foto: Martin Joppen Photographie

Die Leitlinien der BOARD-Pyramide von Prof. Dr. Louis Velthuis zur Beteiligung von Aufsichtsräten an Unternehmen stellen nicht nur eine akademische Diskussion oder theoretische Grundlage dar, sondern können auch in der Praxis ganz konkrete Auswirkungen für börsennotierte Aktiengesellschaften haben.

Wie erfolgreich eine Miteigentümerschaft von Vorständen und Aufsichtsräten sein kann, belegt neben zahlreichen empirischen Studien auch die Arbeit von William N. Thorndike. In seinem Buch „The Outsiders - Eight Unconventional CEOs and Their Radically Rational Blueprint for Success“ (Harvard Business Review Press) zeigt er am Beispiel von acht Vorständen, wie radikal diese vorgingen, um Werte zu schaffen – und zwar für ihre Mitaktionäre wie auch für sich selbst.

All diese CEOs waren jeder signifikant am Kapital der Unternehmen beteiligt, die sie geführt haben. In seinem Buch geht Thorndike detailliert auf die Erfolgsrezepte dieser unkonventionellen CEOs ein, die alle überdurchschnittlich hohe Renditen für ihre Aktionäre erwirtschaften konnten. Unter ihnen sind etwa Henry Singleton von Teledyne, John Malone von Liberty Media, Tom Murphy von Capital Cities oder auch der Guru des Value-Investing selbst, Warren Buffett von Berkshire Hathaway.

Der Miteigentümer als Kernelement des Value-Investing

Auch wir sehen uns als Value-Investoren. Dabei geht es um vier Prinzipien, die den Kern unserer Investmentphilosophie ausmachen: Das Erste ist die erforderliche Sicherheitsmarge, der Unterschied zwischen Marktpreis und eigentlichem Wert eines Unternehmens. Zweitens der strukturelle Wettbewerbsvorteil, also der wirtschaftliche „Burggraben“, der das Geschäftsmodell der Firma vor Wettbewerb schützt. Ein drittes Element betrifft die Psychologie der Börse („Mr. Market“). Schließlich folgen wir einem vierten Grundsatz, dem sogenannten Eigentümer-Prinzip, das wir als „Business Owner“ bezeichnen.

Wir haben festgestellt, dass familien- oder eigentümergeführte Unternehmen langfristiger und nachhaltiger planen und sich weniger an Quartalszahlen orientieren. Das führt dazu, dass sich diese Firmen über die Zeit hinweg besser entwickeln, als vergleichbare Unternehmen derselben Branche, die von einem klassischen Managerteam geführt werden. Dies schlägt sich sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Ertragsseite nieder. Dadurch werden diese Unternehmen für alle Steakholder zu einer besseren Firma, also auch für die Arbeiter und Angestellten, genauso wie für die Finanzierungsseite – und natürlich auch für die Eigenkapitalgeber, sprich die Aktionäre.

In solchen Unternehmen wird anders investiert. Das bedeutet: auch wenn es kurzfristig nicht so gut läuft wird investiert, ohne die nächsten Quartalszahlen durch Einsparungen frisieren zu müssen. Stattdessen lautet das Argument: Diese Investition ist notwendig, auch wenn es im folgenden Quartal zu Lasten des Ergebnisses geht. Oft reagiert der Aktienkurs darauf erst einmal negativ. Aber wer diese Firma versteht, für den sind dies Chancen, eine Aktie mit einer höheren Sicherheitsmarge zu erwerben.

Ein schönes Beispiel in Deutschland ist der Autovermieter Sixt. Hier ist nicht nur Erich Sixt in führender Position tätig, sondern auch seine Söhne und seine Frau Regina. Sie alle führen das Unternehmen mit Leidenschaft. Ihnen kommt es nicht auf das Gehalt oder den Bonus an. Die Familie Sixt achtet darauf, dass der Wert der Firma gesteigert wird. Ähnlich ist das bei Grenke Leasing, wo der Gründer Wolfgang Grenke jetzt in den Aufsichtsrat wechselte. Auch BMW, wo die Quandt-Erben dem Unternehmen in schwierigen Zeiten, etwa bei der missglückten Übernehme von Rover, nicht nur die Treue gehalten haben, sondern das Schiff schnell wieder in die Spur brachten. Sie alle denken und investieren langfristig - typisch für familien- und eigentümergeführte Unternehmen, wie wir sie mögen. Alle haben „skin and soul in the game“ und den langfristigen Erfolg im Sinn.

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Leider ist nicht jedes Unternehmen familien-, beziehungweise eigentümergeführt. Eine Miteigentümerschaft kann aber bei Vorständen und Aufsichtsräten zu neuem Denken führen. Es kann Perspektiven verändern. Vorstände und Aufsichtsrat werden dadurch nicht vom Unternehmen entkoppelt, sondern tragen auch zum Teil das wirtschaftliche Risiko. Hier gibt es allerdings ein praktisches Problem: Bisher ist eine Entlohnung des Aufsichtsrats mit Aktien grundsätzlich faktisch verboten. Wir bevorzugen, dass auch Aufsichtsräte „skin in the game“ haben, also Miteigentümer sein können, und an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gekoppelt sind.

Bei SMT Scharf wurde der Aufsichtsrat auf freiwilliger Basis Miteigentümer

Um dies umzusetzen haben wir auf der letzten Hauptversammlung des Maschinenbauers SMT Scharf (WKN: 575198), bei dem Prof. Dr. Louis Velthuis Aussichtsratsvorsitzender ist und wir über unsere Mandate wesentlicher Aktionär sind, eine Lösung gefunden, die unseren Vorstellungen nahe kommt. Dazu wurde den Aktionären die Prinzipien der BOARD-Pyramide dargestellt schlussendlich die Satzung des Unternehmens angepasst. Insbesondere der Paragraph 13 „Vergütung des Aufsichtsrates“ wurde neu gestaltet.

Dort heißt es jetzt: „Ferner erhält jedes Mitglied des Aufsichtsrates eine variable Vergütung in Form einer Beteiligung am Konzernergebnis, die sich wie folgt berechnet: Die jährliche ergebnisorientierte Vergütung entspricht einem Betrag, der sich aus der Multiplikation eines Bonusfaktors in Höhe von 0,4 Prozent  (beziehungsweise in Höhe von 0,8 Prozent für den Aufsichtsratsvorsitzenden) mit dem Residualgewinn ergibt. Sofern ein Aufsichtsratsmitglied am Tag vor der Hauptversammlung, die über die Gewinnverwendung beschließt, nachweisen kann, dass er kumuliert in Höhe von einem Drittel (maßgeblich ist insofern der Kaufpreis) der jeweiligen Fixvergütung pro Jahr seiner Mitgliedschaft im Aufsichtsrat Aktien der Gesellschaft hält, so erhöht sich der Bonusfaktor.“

Der Aufsichtsrat kann seine variable Vergütung verdoppeln

Hier wurde ein Weg gefunden, der auf eine freiwillige Entscheidung der Aufsichtsratsmitglieder setzt. Das heißt: Wenn der Aufsichtsrat Aktien von SMT Scharf kauft und über die ganze Zeit gehalten hat, ist das Unternehmen (also alle Aktionäre) bereit, das variable Ergebnis, das er für seine Aufsichtsratstätigkeit bekommt, zu verdoppeln. Der Aufsichtsrat erhält also eine höhere Vergütung, die er im Folgejahr wiederum zu neuen Aktienkäufen nutzen kann. Und wenn er nachweisen kann, dass er auch diese das Jahr über gehalten hat, kann das Spiel von neuem beginnen.

Über die Jahre kann aufgrund des variablen Teils der Vergütung also eine lukrative Miteigentümerschaft aufgebaut werden. Aber wie gesagt, dies setzt die freiwillige Entscheidung der Aufsichtsräte voraus und betrifft den variablen Teil der Vergütung. Er muss also die Aktien aus freien Stücken heraus mit eigenem Geld kaufen. Erst dann hat auch der Aufsichtsrat „skin in the game“.

SMT Scharf ist das erste Beispiel aus der Praxis, in dem die Prinzipien der BOARD-Pyramide umgesetzt wurden. Wir werden darauf drängen, dass dies auch in anderen Unternehmen passiert. Erste Gespräche wurden bereits geführt – bisher mit positiver Resonanz.


Über den Autor:
Frank Fischer ist Vorstandvorsitzender (CEO) von Shareholder Value Management und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Fischer im Vorstand des Zentrum für Value Investing und Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen.

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