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Aktualisiert am 17.12.2020 - 12:16 Uhrin MärkteLesedauer: 7 Minuten

IKB-Volkswirt Klaus Bauknecht So wichtig ist die US-Wahl für die Wirtschaft

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Auch hier kann also empirisch bestätigt werden, dass es keine belastbaren Schätzergebnisse gibt, die darauf hindeuten, dass Demokraten einen positiven – also senkenden – und Republikaner einen negativen – also erhöhenden – Einfluss auf die Quote der Essensmarkenempfänger – also der unteren Einkommensschichten – haben. Der Einfluss des Wirtschaftswachstums auf die Quote scheint sich allerdings erhöht zu haben. So ist in den letzten zehn Jahren vor allem ein im Vergleich zu den Vorjahren eher schwaches US-Wachstum verantwortlich für die steigende Quote.

Zwischen 2010 und 2019 betrug das durchschnittliche BIP-Wachstum 2,3 Prozent pro Jahr, in den zehn Jahren vor der Finanzkrise (1998 - 2007) waren es 3,1 Prozent bzw. in den 90er Jahren 3,2 Prozent. Der Trickle-down-Effekt ist da, aber die Wirtschaft wächst nicht ausreichend stark und der Aufschwung hält nicht lange genug an, um die ansteigende Quote der Essensmarkenempfänger zu brechen.

Alternativ wäre eine nennenswerte Erhöhung des Mindestlohns denkbar. Beides ist unter Biden nicht zu erwarten. Somit dürfte sich bei der Lebensqualität der untersten Einkommensschichten relativ wenig zum Positiven ändern – im Gegenteil, die Befürchtung einer anhaltend strukturellen sowie zyklischen Zunahme der Essensmarkenempfänger ist durchaus berechtigt – auch unter Joe Biden.

Der US-Wahlausgang ist denkbar knapp. Doch war es – neben anderen Aspekten – tatsächlich ein Kampf um niedrigere Steuern oder höhere Ausgaben beziehungsweise um mehr oder weniger soziale Gerechtigkeit? Historisch betrachtet hatte bisher kein Präsidentenwechsel entscheidenden Einfluss auf die durchschnittliche Steuerlast der US-Haushalte. Vielmehr ist die Steuerlast in der Regel angestiegen, wenn die Konjunktur gut lief, und sie ist in Rezessionen gesunken. Ähnlich verhält es sich bei der Anzahl von Essensmarken für Menschen der unteren Einkommensschichten.

Auch hier ist bisher nicht entscheidend gewesen, ob ein Demokrat oder Republikaner im Weißen Haus sitzt, sondern ob die Wirtschaft kräftig genug gewachsen ist. Da in den letzten zehn Jahren das Wachstum eher verhalten war, ist der Anteil der Essensmarkenempfänger deutlich angestiegen, und er wird infolge der Coronakrise weiter zulegen. Aus historischer Sicht ist somit anzuzweifeln, ob der sich abzeichnende Wechsel im Weißen Haus eine Veränderung vor allem für untere Einkommensschichten bringen wird. Viel entscheidender ist eine schnelle Erholung der US-Wirtschaft.

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