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10-jährige Bundesanleihe Zinstief – ein Schrecken ohne Ende

Thomas Buckard Vorstand beim Vermögensverwalter MPF.
Thomas Buckard Vorstand beim Vermögensverwalter MPF. | Foto: MPF AG

Stellen Sie sich vor, ich würde Sie darum bitten, mir 100.000 Euro zu leihen. Zinslos natürlich. Zusätzlich mache ich Ihnen ein verlockendes Angebot: Sie müssen mir dazu noch 300 Euro obendrauf schenken. Jedes Jahr. Und nach zehn Jahren bin ich sogar bereit, Ihnen das Geld zurückzuzahlen. Zu Recht würden Sie sich die Frage stellen, ob ich in den letzten Sommertagen vielleicht etwas zu lange in der heißen Sonne gewesen bin. Solch ein „Geschäft“ würden Sie dann doch lieber anderen überlassen.

Das Verrückte an dieser Vorstellung: Sie ist tägliche Realität für eine Vielzahl von Investoren: Die Rendite der zehnjährigen Anleihe des Bundes liegt aktuell bei rund minus 0,3 Prozent pro Jahr. Pensionskassen, Versicherungen und sonstige Kapitalsammelstellen sowie Großinvestoren scheinen sich darum zu reißen, mit einem garantierten Wertverlust in diese Papiere zu investieren. Unterstellen wir außerdem eine Inflationsrate von jährlich um die 2 Prozent, ist mehr als ein Viertel der Kaufkraft aus dem Anlagebetrag vernichtet. Verrückte Zeiten sind es, in denen wir uns befinden!

Wie lange dauert diese bizarre Welt noch an? Jede Hoffnung auf eine nahe Besserung der Zinslandschaft dürfte vergebens sein. Der bald scheidende EZB-Präsident Mario Draghi hat seinem Nachfolger eine bittere Pille gereicht: Strafzinsen auf Bankeinlagen insbesondere für den Euroraum. So schön das für die Aktienmärkte in ihrem schier unaufhaltsamen Höhenflug ist: Diese niedrigen Zinsen sind leider nötig, weil die Wirtschaft in Europa erheblich schwächelt. Davon zeugen nicht zuletzt die Hiobsbotschaften der letzten Tage: Ein Großkonzern nach dem anderen kündigt deutlichen Stellenabbau an. Das ist fürwahr nicht das Umfeld für steigende Zinsen, welche die Wirtschaftsentwicklung bremsen würden. 

Manche Analysten empfehlen sogar – in Erwartung noch tieferer Minuszinsen – langfristige Bundesanleihen zu kaufen. Die bringen zwar aktuell einen jährlichen Minusertrag. Wenn aber die langfristigen Zinsen noch tiefer ins Minus rutschen, kann man mit den langlaufenden Anleihen Kursgewinne erzielen, die die garantierte Minusrendite überkompensieren. Nennen Sie mich einen Ignoranten – das geht mir zu weit und gleicht eher dem verzweifelten Versuch eines Ertrinkenden, sich selbst an seinem Schopf aus dem Wasser zu ziehen.

In den frühen Achtzigerjahren konnte sich bei Zinsen von über 13 Prozent im Jahr niemand vorstellen, welcher ungeheure Zinssenkungstrend ab dem Jahr 2000 einsetzen würde. Und hätten Sie damals jemandem den eingangs gemachten Vorschlag unterbreitet, wären Sie wahrscheinlich für unzurechnungsfähig erklärt worden. Irgendwann taucht auch der Zins wieder auf – vermutlich dann, wenn niemand mit ihm rechnet.

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Was können Sie also heute tun?

  • Lassen Sie sich nicht verrückt machen.
  • Akzeptieren Sie den niedrigen Zins.
  • Lassen sich nicht in riskante Langläufer für die Option kleiner Kursgewinne locken.
  • Suchen Sie sich gute, breit gestreute Renten-Spezialfonds aus.
  • Halten Sie an Ihren defensiven, dividendenstarken Aktien fest.
  • Freuen Sie sich über Vermögenszuwächse, die zumindest die Inflation kompensieren.

Dann brauchen Sie mir auch kein Geld zu leihen und dafür auch noch jedes Jahr eine Prämie zu zahlen. Eigentlich schade.


Über den Autor:
Thomas Buckard ist Gründungsmitglied der Vermögensverwaltung Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen (kurz MPF) aus Wuppertal.

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