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MLP-Spezialistin über den Höchstrechnungszins Versicherungs-Markt als Flickenteppich

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Was bedeutet: Ein gesetzlich verbindlicher Höchstrechnungszins ist erst im Jahr 2022 zu erwarten. In der Realität ist dies vielen Unternehmen allerdings zu spät. Deshalb wird ein Großteil der Branche bereits im kommenden Jahr reagieren, und diese Unternehmen werden ihrerseits den Zins für die neuen Tarife anpassen, zumal bereits die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Versicherer aufgefordert hat, risikominimierende Maßnahmen einzuleiten.

Unterschiedliche Zinsen auf unterschiedliche Tarife

In der Konsequenz bedeutet das: Ob und wie eine Versicherungsgesellschaft reagieren wird, ist nicht verbindlich geregelt. Vielmehr wird zu beobachten sein, welchen Zins sich ein Anbieter leisten will – und auch leisten kann. Der Großteil der Versicherer, so die momentane Erwartung, wird eine Reduzierung auf den empfohlenen Satz von 0,5 Prozent vornehmen. Die Reaktionen werden aber sicherlich noch weitergehen: So ist es auch möglich, dass einzelne Versicherer sogar eine Reduzierung auf 0,25 Prozent umsetzen. Denkbar ist zudem, dass die Unternehmen jeweils für verschiedene Versicherungsprodukte auch mit verschiedenen Zinsen kalkulieren. So könnte ein Versicherer die Verzinsung bei den Berufsunfähigkeitsversicherungen bei 0,9 Prozent belassen, die Sparprodukte aber auf 0,5 Prozent senken und die Pensionskassen noch stärker reduzieren.

Das Ergebnis wäre ein Lebensversicherungs-Markt, der einem bunten Flickenteppich ähnelt. Doch eine Zinsreduzierung bedingt nicht zwangsläufig niedrigere Renten, da sich im Gegenzug durch die geänderte Kalkulation Chancen aus einer höheren Investition in den Kapitalmarkt ergeben.

Qualifizierte Beratung notwendig

Übrigens wird eine Absenkung des Zinses voraussichtlich auch Effekte auf neue Tarife in der Berufsunfähigkeitsversicherung haben. Für den Kunden bedeutet das bei einer Reduzierung auf z. B. 0,5 Prozent in Abhängigkeit von der jeweiligen Laufzeit und dem jeweiligen Berufsbild eine Erhöhung seiner Beiträge um bis zu 6 Prozent gegenüber aktuellen Tarifen.

Bei den jüngsten Reduzierungen des Höchstrechnungszinses haben die Unternehmen diesen Effekt oftmals noch kompensiert, etwa durch erhöhte Überschussbeteiligungen oder Umgruppierungen der Kunden in andere Berufsgruppen. Es bleibt abzuwarten, ob dies für alle Marktteilnehmer nochmals möglich sein wird.

In dem derzeitigen Umfeld ist es wichtiger denn je darauf zu achten, ob Anbieter die finanzielle Stärke mitbringen, um ihren Verpflichtungen langfristig auch nachkommen zu können. Für die Verbraucher dürfte das Marktangebot damit noch unübersichtlicher und schwieriger zu erfassen werden, was eine qualifizierte Beratung umso wichtiger macht und gleichzeitig hohe Anforderungen an die Qualität der Beratung stellt.

Autorin Miriam Michelsen ist Bereichsleiterin Produktmanagement Vorsorge/bAV und KV bei der MLP Finanzberatung SE.

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